30 Jahre Facility Management

Beitrag von Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Robert Oettl, TÜV SÜD Advimo

Facility Management ist ein Begriff, der immer wieder zu Definitions-Diskussionen anregt. Handelt es sich um eine Branche, falls ja, welche Unternehmen gehören dazu und welche volkswirtschaftliche Bedeutung hat sie? Eine Management-Disziplin, falls ja, wo ist sie in Organisationen zu verorten? Eine Leistung, falls ja, wie ist diese definiert und was darf sie kosten? Oder ist es gar eine technische Disziplin, falls ja, welches sind die normativen und physikalischen Grundlagen? Im Folgenden Beitrag soll die Entwicklung des Facility Management in Deutschland in den letzten 30 Jahren aufgezeigt und im Kontext der technischen Entwicklungen und Digitalisierung beleuchtet werden.

1989 – die Geburtsstunde des Facility Management in Deutschland.

Jede Erfindung, jede Produkterscheinung lässt sich üblicherweise mit einem konkreten Datum in Verbindung bringen. Die erste Eisenbahn in Deutschland stand im Jahre 1835 unter Dampf, das erste Automobil fuhr am Silvesterabend 1879 und das iPhone wurde am Freitag, dem 09.11.2007 erstmals verkauft.

Bei Begriffen ist es ungleich schwieriger ein konkretes erstmaliges Erscheinen festzulegen. Insbesondere, wenn ein Begriff wie Facility Management noch gar nicht so richtig definiert ist. In Deutschland entstehen bei genügend großem Interesse häufig Interessensvertretungen in Form von Vereinen und Verbänden. Somit ist die Gründung eines Verbandes ein Indikator dafür, dass etwas existiert und von Bedeutung ist. Genau vor 30 Jahren, im Jahre 1989, wurde der deutsche Facility Management Verband GEFMA gegründet, der sich als Branchenverband versteht. Facility Management ist gemäß Verbandsaussage mit 4,67 Millionen Beschäftigten ein stabiler und verlässlicher Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft.

GEFMA vertritt mehr als 1000 Mitgliedsunternehmen vom Software-Hersteller, über Wartungs-Dienstleister, bauausführende Firmen, Arbeitsplatzgestalter, aber auch Gebäudereinigungsunternehmen, Kantinen-Betreiber und Objektschutzgesellschaften.

Dieses Spektrum macht es natürlich wieder schwer, die „Branche“ zu verstehen. Ein umfassendes Richtlinienwesen, das durch den GEFMA e. V. initiiert wurde schafft Abhilfe. In der GEFMA Richtlinie 100 werden die wichtigsten Begriffe erläutert.

Normung und Richtlinienwesen

Im Jahre 2011 wurde als Norm veröffentlicht, was zahlreiche Vertreter der oben genannten Branchen, aber auch Berater, Professoren und andere Fachleute festgelegt haben. Vertreten waren natürlich auch die Verbände, wie GEFMA, RealFM, der VBI, aber auch der VDI mit seiner Fach-Gesellschaft „Bauen und Gebäudetechnik“, die sich seit den 1990er-Jahren mit Facility Management beschäftigt.

Demnach ist, gem. der Europäischen Norm EN 15221-1, Facility Management definiert als die Integration von Prozessen, die das Hauptgeschäft einer Organisation unterstützen. Facility Management (FM) nach dieser Definition sieht ein Geschäftsmodell vor, das eine Organisation dazu anregt, ihre Unterstützungsleistungen zentral zu organisieren und zu optimieren. FM sind also alle Prozesse innerhalb einer Organisation, die nicht Kerngeschäft, aber notwendig zur Leistungserbringung sind. Sogenannte Sekundärprozesse also, und zwar konkret welche mit Nutzer- oder Infrastrukturbezug.

Im Sinne des Nutzers wären also beispielhaft Reinigung, Catering, Zutrittskontrolle, aber auch Workplace Management anzuführen, für Infrastruktur, Gebäude und deren zugehörige bauliche und technische Anlagen (innen, wie außen).

Lebenszyklus, Managementaufgabe und Dienstleistungsgedanke

Gerade der Gebäudebezug führt unweigerlich zur Lebenszyklusbetrachtung. Die frühen Lebenszyklusphasen (Planen und Bauen) schienen oft klar von den relevanten Akteuren, wie Planern, bauausführenden Firmen, Lieferanten der Baustoffe und Anlagen und nicht zuletzt dem Bauherrn besetzt. In der Betriebsphase sind deutlich mehr Akteure und komplexere Beziehungen zu berücksichtigen, was wieder zu der Aufweitung der Branchen, wie oben bereits beschrieben, führt.

Da nun aber die Kosten in der Bewirtschaftungsphase, abhängig von der Gebäudenutzungsart, ein Vielfaches der Investitionskosten verursachen, die Bewirtschaftungskosten aber größtenteils in der Planung und Erstellung festgelegt werden, kommt der engen Verzahnung der Fachleute über den Lebenszyklus eine große Bedeutung zu. Dies wird zusätzlich getrieben von Cradle-to-cradle-Betrachtungen im Zusammenhang mit der Nutzung ökologischer Baustoffe und der Reduzierung von CO₂ im Rahmen des Klimaschutzes.

Technisierung und Digitalisierung

Basis für die dafür notwendige Transparenz über den Immobilienlebenszyklus sind lückenlose, tagesaktuelle und relevante Daten, sowohl über die verbauten Baustoffe, Anlagen, also das Objekt an sich. Die Basis dafür schafft der digitale Zwilling, der im Rahmen des Building Information Modeling (BIM) bereits in der Planungs- und Bauphase entsteht.

Idealerweise wird er über geeignete IT-Schnittstellen in der Bewirtschaftungsphase in sogenannte Computer Aided Facility Management Systeme (CAFM) übernommen. Dort wird er laufend gepflegt, damit er als Abbild des realen Gebäudes bei der Objektbegehung oder z. B. Durchführung von Wartungsleistungen mit Hilfe von Augmented Reality (AR) verwendet werden kann. Mit Hilfe von Virtual Reality (VR) wird das Objekt für den Bauherrn oder späteren Nutzer bereits vor der Erstellung begeh- und erlebbar.

Somit ist der Facility Manager der Zukunft auch immer ein Daten-Manager. Neben den Objektdaten wird der digitale Zwilling auch mit den Daten zu den Facility Services verwoben sein. Hierzu zählen neben Wartungs- und Prüfpflichten auch die zugehörigen Verträge und Dokumente (z. B. Wartungsprotokolle), ebenso wie Informationen über Mietverhältnisse, Kosten und Verbräuche. Hierbei kommt der Digitalisierung und der immer ausgereifteren und kostengünstiger verfügbaren Sensorik eine große Bedeutung zu.

Einerseits lässt sich das Gebäude immer mehr automatisieren, um sich selbst zu steuern. Andererseits bedeutet dies erneut, dass der Facility Manager auch Ingenieur für Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sein kann. Dies ist in jedem Fall abhängig vom technischen Installationsgrad der Gebäude, der Nutzungsart und der Erwartung von Eigentümern, Nutzern und Betreibern an das Objekt.

Outsourcing an Dienstleister

Aufgrund der oben bereits beschriebenen Komplexität der Aufgaben rund um die Bewirtschaftung der Immobilie formierte sich in den 1980er Jahren die Branche der Facility Services Anbieter. Diese entwickelte sich aus mittelständischen bau- und technikausführenden Firmen oder als Tochterunternehmen von großen Baukonzernen, wie Hochtief Facility Management oder der Service Sparte des Bilfinger Konzerns, in der z. B. die Holzmann Service Gesellschaft (HSG) aufging. Erstere ist zwischenzeitlich Teil des französischen Spie Konzerns, letztere firmiert nach diversen Zukäufen unter der Dachmarke Apleona und wurde zwischenzeitlich an den schwedischen Investor EQT verkauft. Beide Unternehmen erwirtschaften in Deutschland mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr.

Neben der Diversifizierung der großen Baudienstleister in Richtung Betrieb, setzte bei den Immobilieneigennutzern aus dem Unternehmensumfeld eine Konsolidierung und Professionalisierung der internen Bau- und Betriebsabteilungen ein. Dies war wiederum die Voraussetzung dafür, dass in den Jahren um die Jahrtausendwende, insbesondere bei Industrie-Unternehmen und ehemaligen Staatskonzernen diese Abteilungen ausgegründet werden konnten.

DeTeImmobilien als Tochter der Telekom, DB Services als Tochter der Deutschen Bahn, bis hin zur Lufthansa Gebäudemanagement, oder Siemens Gebäudemanagement. Zwischenzeitlich wurden viele Aufträge an die oben aufgezählten Dienstleister vergeben, was zur Folge hatte, dass diese wiederum einige der ausgegründeten Konzern Facility Services Unternehmen akquirierten. So landete DeTeImmobilien bei Strabag Property und Facility Services, Lufthansa und Siemens Gebäudemanagement bereits vor mehr als einem Jahrzehnt bei Hochtief Facility Management, der heutigen SPIE, einem französischer Industriedienstleister.

Entwicklung der Facility Service Anbieter

Weitere Unternehmen wurden mit dem Anspruch ausgegründet, den Drittmarkt, d. h. also nicht nur die eigenen Muttergesellschaften zu bedienen. Beispielhaft sind dies neben der deutschlandweit flächendeckend tätigen DB Services (Deutsche Bahn) die NordFM, als Tochter der NordLB und die vergleichbare BayernFM, die aus einem JointVenture der BayernLB mit dem Flughafen München hervorging.

In den vergangenen drei Jahrzehnten haben sich auch mittelständische Handwerksunternehmen zu großen Facility Services Anbietern, mit Schwerpunkt in der (Gebäude-)Technik, aber auch bei sogenannten infrastrukturellen Services (Reinigung, Catering), entwickelt. Die in München ansässige Dr. Sasse AG, die vom gleichnamigen Familienunternehmer bzw. der nachfolgenden Generation geführt wird, erwirtschaftet mit Gebäudereinigungsleistungen in Deutschland mehr als 100 Millionen Euro. Seit einigen Jahrzehnten expandiert das Unternehmen auch ins europäische Ausland.

Auch aktuelle Entwicklungen führen zur Konzentration. So haben sich erst kürzlich die Gegenbauer Facility Management (infrastrukturelle Services) mit der RGM (technische Services) zusammengeschlossen. Mit derzeit etwa 800 Mio. Euro Umsatz ist diese Unternehmensgruppe auch auf Kurs in Richtung Milliarden-Konzern.

Öffentliche Hand

In den vergangenen drei Jahrzehnten haben die genannten Entwicklungen auch vor der öffentlichen Hand nicht Halt gemacht. Gerade die Professionalisierung im Hinblick auf Organisation und Kompetenzen, aber auch die Trennung der Rolle Immobilienbereitsteller und Nutzer, sowie der Lebenszyklusgedanke, wurden zum Teil mustergültig auf allen Ebenen der föderalen Struktur umgesetzt. Für alle Immobilien der Bundesrepublik Deutschland wurde die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – BimA gegründet.

Auf Länderebene sei der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen – BLB NRW genannt. Auf kommunaler Ebene hat beispielsweise die Landeshauptstadt München mit dem Projekt „Münchner Facility Management“, vor knapp zehn Jahren, die Immobilienverantwortung in zwei Referate gelegt, die als Eigentümer und Vermieter den Raum mit allen Services zur Verfügung stellen. Es handelt sich hierbei um das Referat für Bildung und Sport und das Kommunalreferat. Dem Baureferat kam Rolle des kommunalen internen Dienstleisters zu.

Zukunft

Nachdem sich in den letzten dreißig Jahren das Facility Management von der Begriffsdefinition, über die Normung, Branchen-Entwicklung und Professionalisierung in Deutschland entwickelt hat und als Wirtschaftsfaktor nicht mehr wegzudenken ist, werden die nächsten Jahre und Jahrzehnte geprägt sein von Digitalisierung, Technisierung und Automatisierung. Neben den ökologischen Zwängen durch den Klimawandel wird insbesondere auch der Fachkräftemangel diese Entwicklung forcieren.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Januar/Februar