Der weite(re) Weg zum vernetzten Smart Lift

Aufzugstechnik

Beitrag von Dr. Rolf Zöllner, TÜV SÜD Industrie Service GmbH

Mobiltelefone sind „smart“, Aufzüge und Gebäude sollen es werden. Noch ist die Branche nicht am Ziel. Funktionale Sicherheit und IT-Sicherheit sind dazu auf ein neues Level zu bringen. Welche Hürden es noch auf dem Weg zum vernetzten Smart Lift gibt und wie diese erfolgreich gemeistert werden können.

Der Aufzug als interoperables System

Die vierte industrielle Revolution hat mit der Digitalisierung und dem Industrial Internet of Things (IIoT) längst auch Aufzüge und Gebäudeautomation erreicht. Hersteller und Planer verbinden den Aufzug über das Building Automation System (BAS) mit der Gebäudetechnik und dem Internet. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten, Gebäudetechnik und Aufzug integrativ und „smart“ zu nutzen. Die Analyse der Betriebszustände verbessert die Instandhaltung und erlaubt über „Big Data“-Ansätze präzisere Vorhersagen zu Nutzungsverhalten, Verschleiß und Störungen – die Verfügbarkeit der Aufzugsanlagen wird so optimiert („Predictive Maintenance“).

Der Aufzug ist damit nicht länger eine „Insellösung“ im Gebäude, sondern übernimmt neben dem Transport weitere Funktionen: Verbunden mit den Zugangskontrollsystemen und selbst ausgestattet mit ID-Terminals wird der Aufzug bei großen Gebäuden in das Zutrittsmanagementsystem eingebunden werden. Transportfahrten sowie Wartezeiten können durch intelligente Gruppen- und Zielwahlsteuerungen verkürzt werden. Auch Energie kann eingespart werden, z. B. durch anforderungsgerechte Bereitstellung von Beleuchtung und Klimatisierung.

Funktionale Sicherheit und IT-Sicherheit

Hürden und Risiken bei der Umsetzung

Die Praxis zeigt jedoch, dass noch einige Herausforderungen gemeistert werden müssen. Diese liegen in der Vernetzung und betreffen insbesondere die funktionale Sicherheit: Der smarte Aufzug wird über elektrische, elektronische und programmierbare elektronische Systeme (E/E/PE-Systeme) in die Gebäudetechnik eingebunden, um den digitalen Datenaustausch zu unterstützen. Sicherheitsfunktionen werden im Aufzug dann durch PESSRAL (Programmable Electric System in Safety Relevant Application for Lifts) realisiert. Früher geschah das über Logiken, Sicherheitsschalter, Schütze und mechanische Bauteile. Heute werden „nur noch“ Bits und Bytes in einer sicherheitsrelevanten Software verarbeitet und ausgetauscht.

Auf diese Weise werden Integrität und Zuverlässigkeit einer Sicherheitsfunktion zunehmend durch die Qualität und Absicherung der Software bestimmt. Dies birgt die gleichen Herausforderungen, die wir von Smartphones kennen: Die Vernetzung des Aufzugs im IIoT, erforderliche Software-Updates Over The Air und die Anbindung an die Datenkommunikation mit dem BAS eröffnen Vulnerabilitäten, die die Sicherheit des smarten Aufzugs beeinträchtigen können.

Die Gefahren können entstehen durch gezielte Manipulationen oder unbeabsichtigte Fehlereinträge in der sicherheitsrelevanten Software. Beispielsweise kann der Aufzug Hackern als „Einfallstor“ dienen, die auf diesem Weg in das BAS eindringen und obengenannte Zugangskontrollsysteme des Gebäudes außer Kraft setzen.

Smarte Aufzüge und BAS-Vernetzung braucht Secure Safety

Für die Vernetzung von Aufzügen in die smarte Gebäudetechnik greift es deshalb zu kurz, die bereits bestehenden Anforderungen an Funktionale Sicherheit (IEC 61508) und IT-Sicherheit (ISO 62443) unabhängig voneinander anzuwenden. Vielmehr gilt es für die Zukunft einen synchronisierten Ansatz zu realisieren, der Funktionale Sicherheit und IT-Sicherheit synergetisch integriert.

Das Ziel lautet „Secure Safety“. Nur auf dieser Basis lassen sich Aufzüge und BAS sicher, smart und nützlich vernetzen.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Januar/Februar