Gebäude automatisiert steuern

Beitrag von Frank Katzemich, Apleona GmbH

Effizienz und Nachhaltigkeit. Das sind zwei der Buzzwords, wenn es um smartes Energiemanagement von heute und morgen geht. Neben der tatsächlichen Reduzierung des Energieverbrauchs wollen Immobilienbetreiber natürlich auch eines: Kosten sparen und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhalten. Soweit die Theorie. Doch es gibt Probleme bei der praktischen Umsetzung - wie lassen sich diese lösen? Und welche technische Infrastruktur wird benötigt, um Gebäude automatisiert steuern zu können?

Wo der Schuh drückt

Probleme bei Integration

Selten verfügen Immobilien über eine sinnvolle, zentrale Integration der Gewerke (Heizung, Kühlung, Lüftung, etc.) in einem gemeinsamen Systemkonzept mit gegenseitiger Nutzung. Die Heizung wirkt gegen die Kühlung, es gibt keinerlei Selbstoptimierung und kein ganzheitliches und strukturiertes Energiemanagement. Zudem ist die einfache Integration neuer Dienste aufgrund von Hersteller-Abhängigkeit oft nicht möglich, die Gebäudenutzung und externe Bedingungen werden nicht berücksichtigt.

Mangelhaftes Energie-Reporting
Im bisherigen Geschäftsprozess bieten viele FM-Dienstleister den Immobilien-Nutzern ein einfaches Energie-Reporting beziehungsweise einen manuellen Ableseservice aller Zähler der angeschlossenen Medien an. Dabei werden die Zählerstände monatlich von Mitarbeitern abgelesen und in Excel-Dateien übertragen. An zentraler Stelle werden alle Zählerdateien manuell zusammengefasst und für die Nutzer in einem Bericht aufbereitet. Ein immenser Zeit- und Kostenfaktor. Unabhängig von der relativ hohen Fehlerquote in der Erfassung und Übertragung sind diese Daten ungeeignet für die Beurteilung der tatsächlichen Betriebsführung. Denn: Die Werte geben nur die Summe der Verbräuche über einen Zeitraum wieder, lassen aber keinen kausalen Zusammenhang zu. In der Konsequenz gehen wertvolle Daten verloren und Einsparpotenziale werden nicht nur nicht genutzt – sie werden erst gar nicht erkannt.

Problem erkannt – und jetzt?

Mit einem eigenen Remote Control Center hat der Facility-Service-Anbieter APLEONA eine skalierbare Umsetzung solcher betrieblichen Einsparungen auf den Weg gebracht.

Das Ziel: Betriebsoptimierungs- und Energieeinsparmaßnahmen in Gebäuden möglichst intelligent und automatisiert zu identifizieren, zu bewerten und umzusetzen. Die dabei erzielten Einsparungen sollen zugleich plausibel, effizient und kostengünstig nachgewiesen werden. Zielsysteme für die zu generierenden Einsparungen sind HLK-Anlagen (Heizung, Lüftung, Klimatechnik), lokale Kraft-Wärme-Kopplungen und die Kälteerzeugung.

Vorteil einer elektronischen Erfassung aller Zähler und der gleichzeitigen Aufschaltung auf vorhandene GLT-Systeme (Gebäudeleittechnik) ist, dass durch die Verknüpfung aller Informationen in Echtzeit (Istwerte, Sollwerte, Zeiten, etc.) Fehleinstellungen respektive Fehldimensionierungen in der TGA beziehungsweise GLT identifiziert und schnell behoben werden können.

Smarte Technologie aus der Cloud

Ein zentraler Ort zur Integration digitaler immobilienwirtschaftlicher Daten, um die Anschlussfähigkeit für viele externe und interne datenbasierte Lösungen sicherzustellen fehlt oft. Mit dem Apleona Ecosystem ist es möglich, auch kleinere individuelle Lösungen effektiv zu integrieren und die aus Immobilien, Anlagen und von Nutzern gewonnenen Daten intelligent zu nutzen. Es bietet für Immobilieneigentümer und die zugriffsberechtigten Akteure, wie zum Beispiel Asset-, Property- und Facility-Manager, Gebäudenutzer und andere Nutzer eine flexible, offene und zentrale Basis für alle digitalen Interaktionen.

Wesentliche immobilienwirtschaftliche Kernprozesse wie Workplace Management, Energiemanagement oder Energieeinkauf werden in thematischen Modulen digital abgebildet. Die Software erlernt das komplexe Anlagen- und Gebäudeverhalten über maschinelle Lernverfahren sowie durch eigens entwickelte Modelle und Verfahren. Mit den Anlagen- und Ist-Betriebsdaten werden Wettervorhersagen für die jeweiligen Standorte, Belegungsprognosen des Gebäudes und weitere relevante Faktoren hinzugezogen. So wird der dedizierte thermische Energiebedarf für die nächsten Stunden – oder trägheitsabhängig – für längere Zeiträume ermittelt.

Predictive Analytics im Energiemanagement

Auf Basis des Energiebedarfs wird eine vorausschauende Betriebsfahrweise bzw. Regelstrategie ermittelt und umgesetzt. Dabei werden unter anderem Lastspitzen reduziert und der Energieverbrauch über den zeitlichen Verlauf optimiert. Die Software lernt das Gebäude in den weiteren Betriebsjahren immer besser kennen. Dazu werden die spezifischen Betriebsdaten sowie gesammelte Erfahrungen genutzt, um die Energieanlagen im Zeitverlauf noch präziser zu regeln.

Durch den Einsatz prädiktiver Wartungsmodelle werden Wartungsintervalle, zum Beispiel für Heizungs- und Lüftungsregelwartung automatisiert hinterlegt. Als Frühwarnsystem für Störungen erkennen intelligente Algorithmen in den Betriebsdaten der Anlagen automatisiert Muster, welche auf bevorstehende Ausfälle oder Störungen schließen lassen. Dank einer kostengünstigen Digitalisierung der wesentlichen Verbrauchs- und Volumenströme im Gebäude (Strom, Wärme, Wasser, Luft) und die Aufschaltung der gewonnenen Echtzeitdaten auf ein cloudbasiertes Kontrollzentrum lassen sich Einzelimmobilien oder ganze Immobilienportfolios optimieren und ihre Verbräuche transparent darstellen.

Technik im Detail

Netzwerktopologie: Die Strommessung aller Anlagenbereiche erfolgt über einfache Stromwandler und wird in Abhängigkeit vom Anlagentyp beziehungsweise Größe auf die entsprechenden Schaltanlagen ausgeweitet. Für die anderen Medien werden handelsübliche Wärmemengen-, Gas-, Strom-, Wasser- und Kälte-Zähler mit M-Bus oder Modbus-Interface eingesetzt. Des Weiteren ist die Nutzung der in den Anlagen vorhandenen Zähler und eine Ergänzung von IF-Modulen zur Anbindung an Monitoring-Software, vorgesehen.
Die Nutzung von Sensoren und SUB-Metern aus einer vorhandenen GLT wird über BACnet oder Modbus-IP (oder weiteren gängigen Schnittstellen) ermöglicht. BACnet legt die Interoperabilitätsbereiche (IOB) und die funktionale Beschreibung der Konformität nach Norm DIN EN ISO 16484-5 fest. Als Knoten zur zentralen IT-Plattform dient ein Industrie-PC, welcher auf Nutzerseite ebenfalls die genannten Protokolle unterstützt und so die bidirektionale Kommunikation ermöglicht

Verschlüsselung der Datenkommunikation: Die Aufschaltung der Nutzeranlagen erfolgt mittels einer VPN-Lösung. Diese mobile Datenverbindung stellt eine geschlossene Nutzergruppe innerhalb des Mobilfunknetzes dar. Alle Daten werden durch Authentifizierung und Verschlüsselung geschützt, oder zur kabelgebundenen Kommunikation werden VPN-Tunnel mit entsprechenden Routern eingesetzt. Die Anforderungen der BSI Richtlinie TR-02102 werden dabei erfüllt.

Speicherort: Alle Daten werden in einem ISO 27001 zertifizierten Rechenzentrum auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gespeichert und in einer zentralen Datenbank erfasst, die nur durch Personen genutzt werden kann, die durch einen Authentifizierungsprozess zugelassen wurden.

Wartbarkeit: An allen Kommunikations-Hardware-Komponenten lassen sich „remote“ Wartungsarbeiten und Software- bzw. Sicherheitsupdates durchführen.

Smart Meter Gateway: Aufgrund der aktuellen Lage bezüglich der Zertifizierung von Smart Meter Gateways ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sichergestellt, ob im Rahmen von Energiemanagement-Projekten Smart Meter Gateways eingesetzt werden können, welche nach BSI Standards PP-0073 und TR-03109 bereits zertifiziert sind oder noch zertifiziert werden.

Lastmanagement: Die Verknüpfung zwischen Informationen aus der Gebäudeleittechnik, einzelner Anlagen und/oder weiterer Gebäudebetriebsdaten, ermöglichen die weitere Verbesserung der vorhandenen Lastmanagement-Technologie. Auf Grund des gelernten Systemverhaltens entstehen Prognosen für die optimale Berechnung der Lastumschaltung beziehungsweise Lastabwurf- oder Erzeugereinsatzplanung.
Durch die detaillierte Darstellung aller Verbrauchergruppen und -zuordnungen wird das Spektrum der Möglichkeiten für Zu- beziehungsweise Abschaltung deutlich erweitert. Mit den berechneten Prognosen beziehungsweise der automatisierten prädiktiven Betriebsführung sind auch komplexere Anlagen mit dem Lastspitzenmanagement verbindbar. Dies sollte im Rahmen der eingebundenen Anlagen prototypisch überprüft und wenn möglich implementiert werden. Mit der Aufschaltung auf das Lastspitzenmanagement reduzieren sich Lastspitzen. Somit werden die lokalen Netze entlastet und anfallende Netzentgelte können gesenkt oder gar vermieden werden.

Ein Blick in die Glaskugel

Die Vorteile durch die Digitalisierung der wesentlichen Verbrauchs- und Volumenströme im Gebäude liegen auf der Hand: Die Transparenz durch Echtzeitdaten und Betriebsführungsanalysen wird verbessert und es können erhebliche Kosteneinsparungen realisiert werden. Die investierten Mittel sind in der Regel nach ein bis zwei Jahren amortisiert und werden zudem durch öffentliche Förderprogramme gefördert. In der Konsequenz bedeutet all dies: Die Energy Performance der Immobilie wird langfristig und nachhaltig gesteigert. Immobilienrelevante Daten sind jederzeit verfügbar. Und überall dort, wo sie benötigt werden.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Januar/Februar