Qualifizierung im Zukunftsberuf Facility Management

Anforderungen der Digitalisierung an Fach- und Führungskräfte

Beitrag von Prof. Dr. Markus Lehmann, Hochschule Albstadt-Sigmaringen

Weitgreifende technologische Entwicklungen führen global in allen Lebensbereichen und somit auch im Facility Management (FM) zu umfassenden Veränderungen. Voraussetzung für die Nutzung der daraus erwachsenden unternehmerischen Chancen ist die anwendungsbezogene Qualifizierung der Beschäftigten auf allen betrieblichen Ebenen. Im Beitrag werden die erforderlichen Komponenten vorgestellt und die Inhalte und Aufgaben in den Gebäuden der Zukunft beschrieben, um sich für beruflich für das FM der Zukunft zu qualifizieren.

Steigende Anforderungen im FM

Die Digitalisierung als übergreifende und dominierende technologisch-gesellschaftliche Umwälzung beeinflusst die Menschen im beruflichen, privaten und öffentlichen Leben.

Smart Building, Smart Home und Smart City machen das begrifflich sichtbar. Dies führt zu der Frage, wie sich intelligente Bildung der Zukunft gestaltet, um die Mitarbeiter im FM fundiert und praxisnah auf die neuen Aufgaben bis hin zum Einsatz von künstlicher Intelligenz passgenau vorzubereiten.

Mit dem quantitativen und qualitativen Wachstum des FM-Marktes geht eine Zunahme des Bedarfs an Fach- und Führungskräften einher. Daraus ergeben sich steigende Anforderungen an die berufliche sowie die akademische Aus- und Weiterbildung. Die Digitalisierung in verschiedenen Ausprägungen ist dabei der wesentliche Treiber. Maßnahmen zur Optimierung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die Gestaltung neuer Arbeitswelten im Workplace Management sind wichtige digitale Anwendungsfelder.

Komponenten der digitalen Qualifizierung

Die Qualifizierung der betrieblichen Nachwuchskräfte durch intelligente Aus- und Weiterbildung hat eine inhaltliche, formale und methodische Komponente. Auch hierbei spielt die Digitalisierung zunehmend eine maßgebliche Rolle.

Inhalte
Inhaltlich gilt es, auf der Basis von Ingenieur-, Wirtschafts-, Informations- und Rechtswissenschaften die Digitalisierung als Querschnittsfunktion in die Aufgabenbereiche des FM zu integrieren. Dazu gehören der Kompetenzerwerb im Einsatz von CAFM (Computer Aided Facility Management), BIM (Building Information Modeling), VR (Virtual Reality), AR (Augmented Reality), Big Data, Blockchain, Robotik, Sensoren und AI (Artificial Intelligence). Auch Fragen der Ethik und der sozialen Verantwortung sowie der Sicherheit, des Schutzes und des Managements von Daten sind wichtige Themenfelder. In einem dynamischen Prozess ist das Berufsbild FM in der Welt von Industrie 4.0 bzw. dem Internet der Dinge stetig weiterzuentwickeln.

Formalitäten
Formal ist das System der miteinander vernetzten und gegenseitig durchlässigen Bildungsangebote weiter auszubauen. Die Basis sollte durch den seit langem geplanten Ausbildungsberuf im FM gestärkt werden. Anrechnungs- und Anerkennungsmodelle erleichtern den Einstieg in nächst höhere Qualifikationsebenen. Modulare Konzepte ermöglichen den Erwerb von spezifischen Einzelkompetenzen, die sich in individueller Gestaltung im Zeitablauf zu einem formalen Abschluss zusammenfügen lassen.

Methoden
Methodisch werden sich digitale Lehr- und Lernformen unter dem Dach des E-Learning immer stärker durchsetzen. Dazu zählen u. a. Videos, die den Unterricht vorbereiten (Flipped Classrooms), das Streamen von Vorlesungen, der Live-Dialog über Apps (Audience-Response) und virtuelle naturwissenschaftliche Labore. Besonders effiziente Lehrformen sind teamorientierte, digital unterstützte Projektarbeiten in der Praxis mit fachübergreifenden Anwendungsbeispielen, z. B. als internationale Winter oder Summer Schools.

Praktische Beschreibung der beruflichen Inhalte und Aufgaben in den Gebäuden der Zukunft

An der Schnittstelle von Technik und Management gibt es vielfältige Aufgaben in digital vernetzten, energieeffizienten und nachhaltigen Gebäuden. Smart Buildings als Gebäude der Zukunft werden im Neubau realisiert und bei der Modernisierung oder Sanierung des Gebäudebestands digital nachgerüstet. Smart Buildings als moderner Gebäudetypus sind genauso selbstverständlich wie sie an herkömmliche Versorgungsnetze für Gas, Wasser und Elektrizität angeschlossen sind, engmaschig mit dem Internet verknüpft.

In fortschreitendem Maß werden dabei Prozessabläufe und Dienstleistungen in der Entwicklung, Planung sowie im Management von Immobilien informationstechnisch unterstützt. Dies erstreckt sich von autonomen Systemen der Sicherheitstechnik über die Instandhaltung mit automatisierten Reparaturaufträgen, selbstoptimierender Raumbelegung bis zur Service-Robotik, z. B. bei Empfangs- und Reinigungsleistungen. Weitgehend bis vollständig eigenständig ablaufende, also automatisierte Workflows sind sichtbarer Ausdruck einer sich zunehmend digitalisierenden Immobilienbranche.

Organisatorische Funktion des Facility Managers

Die Vernetzung gewährleistet insbesondere eine optimale Beheizung und Kühlung ebenso wie eine nutzungsangepasste Lüftung und Beleuchtung. Regenerative Energiesysteme, z. B. Anlagen zur Solarenergienutzung, können in die sonstige Gebäudetechnik integriert und mit maximaler Effizienz betrieben werden. Das Smart Building wird hierdurch gleichzeitig zum Erzeuger und Verbraucher von Energie, also zum „Prosumer“.

Facility Manager wirken in leitender Funktion bei der Planung, beim Bau und beim Betrieb von intelligenten Gebäuden, Liegenschaften und industriellen Anlagen mit. Durch ihr technisches und informationswissenschaftliches Know-how sowie ihre betriebswirtschaftliche Kompetenz werden sie für den Erfolg von Unternehmen immer wichtiger.

Facility Manager wirken als Integratoren bei allen Digitalisierungsmaßnahmen und koordinieren die Fachgebiete von Spezialisten. Sie gewährleisten somit die Effizienz und Nachhaltigkeit über die vollständige Wertschöpfungskette – von der Projektentwicklung über die Planung und den langfristigen Betrieb bis zum Ende des Lebenszyklus von Immobilien.

Zunehmend wichtige Themen sind dabei auch Datennutzung, Datenschutz und Datensicherheit mit ihren Auswirkungen auf die Betreiberverantwortung ebenso wie auf ethische und soziale Fragen. Die Bildung im FM soll die Akteure befähigen, verantwortungsbewusste strategische und operative Entscheidungen in der fortschreitend digitalisierten Praxis zu treffen. Dazu gehören neben der technischen Optimierung von Prozessen auch Fragen zum Faktor Mensch auf Mitarbeiter- und Nachfragerseite im „People Business“ Facility Management.

Qualifizierung für den Zukunftsberuf Facility Management

Mit Fachwissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und Selbstständigkeit, erworben in einer fundierten Ausbildung, können die neuen und erweiterten Aufgaben erfolgreich gemeistert werden. Der unmittelbare Kundenkontakt und das Wissen um spezifische Kundenbedürfnisse als wesentliches Merkmal digitaler Geschäftsmodelle ist dem FM seit jeher immanent.

Nutzer- und Betreiberinteressen nachhaltig wahrzunehmen, wird somit künftig ein besonders wertgeschätztes FM-Qualitätsmerkmal sein. Die Optimierung der Bildung in den skizzierten Aspekten wird dazu beitragen, Facility Management als gesellschaftlich unverzichtbaren, anspruchsvollen und attraktiven Zukunftsberuf in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Januar/Februar