Bei BOB gibt es eins aufs Dach

Wie ein Bürogebäude Ernst mit der Komplexität nachhaltigen Bauens und Betreibens macht

Beitrag von Volker Zappe BOB AG

Wir steigen zunächst auf das Dach. Es ist das Dach des ersten Balanced Office Building, kurz BOB, in Bayern, das passenderweise in Dachau entstanden ist.

Stephan Jender und seine Geschäftsführerkollegen der Greiff Inkasso GmbH ist sichtlich stolz auf das neue 2.800 m2 große Unternehmensdomizil, in dem rund 65 Mitarbeitende für den Mittelständler klassischer Bürotätigkeit nachgehen. Denn nicht nur der Ausblick über Dachau erfreut, auch das extensive Gründach, auf dem sich die Insekten tummeln, die Solaranlage schon vorgerüstet ist und eines definitiv fehlt: Ein Schornstein.

Jender: „Seit gut einem Jahr arbeiten wir nun im mutmaßlich energieeffizientesten Bürogebäudes Bayerns und es fühlt sich unglaublich gut an, in einem nachhaltigen Büro zu arbeiten. Statt Greenwashing haben wir ein Gebäude gefunden, in dem man die Balance aus modernem Arbeiten und klimafreundlichem Betrieb hautnah spürt.“ Dabei ist Jender überzeugt: Ein wirklich nachhaltiges Bürogebäude lasse sich nur mit einem Seriengedanken realisieren. Zu komplex sind die Anforderungen und zu wenig überschaubar für einen Laien, ein entsprechendes Mietangebot oder Kaufobjekt beurteilen zu können. Daher fiel die Wahl auf das Bürogebäudeprodukt der Aachener BOB AG.

Heizen und Kühlen ohne Gas

Während das Dach auf dem vor vier Jahren geplanten BOB nicht gleich mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet wurde, ist sie mittlerweile fester Bestandteil des Konzeptes, erläutert BOB-Vorstand Dr. Bernhard Frohn: „Klimafreundliches Agieren ist in Deutschland sehr kompliziert, gerade wenn man unter die Stromproduzenten auf Dächern gehen will. Für unser Serien-Bürogebäude haben wir nun aber ein Betreiber-Modell gefunden, das sowohl für den Mieter als auch für den Vermieter händelbar ist.“ Der auf den Dächern künftiger Bürogebäude erzeugte PV-Strom wird überwiegend selbst genutzt. Der Löwenanteil dient dem Heizen und Kühlen. Alle BOBs nutzen Erdwärme oder verwandte Energiequellen für die Temperierung. Im Regelfall gewinnt das System die etwa 11-12 0 C, die in 100 m Tiefe unter den Baugrundstücken vorkommen. Das ist ideal für die Kühlung, die bei immer wärmeren Sommern eine rasant wachsende Bedeutung bekommt.

Rekord-Wärmepumpe Made in Bayern

Im Winter verdichtet eine extra an das bauphysikalische und regelungstechnische BOB-Konzept angepasste und in Bayern entwickelte Hochleistungswärmepumpe die Geothermie-Kühle in angenehme Heizwärme. Damit wird der rekordverdächtige geringe Energieverbrauch im Heiz-Kühlsystem nochmals um 40 % gesenkt. Werner Eller, Projektkoordinator bei der Friotherm Deutschland GmbH: „Gemeinsam mit den Planern konnten wir unsere Technik immer weiter verbessern, so dass wir nun in allen BOBs Wärmepumpen mit sensationellen Wirkungsgraden installieren.“ Eller geht von Jahresarbeitszahlen von 6-7 aus, die Branche kennt Werte von 4-5. Da wundert es auch nicht, dass BOB immer wieder Effizienzrekorde erzielt. Denn der Heiz- und Kühlbedarf beträgt bei allen künftigen Gebäuden der Serie 5,5 kWh/m2 bilanziell im Jahr – das ist etwa ein Viertel vergleichbarer Neubauten. Dem stehen 7,8 kWh pro m2 Mietfläche erzeugter Solarstrom gegenüber. In der dunklen Jahreszeit bezieht das Gebäude Ökostrom, der ja auch in Bayern künftig vermehrt aus Windkraftanlagen zur Verfügung stehen sollte. Die Energiekosten sind in einer Pauschale gedeckelt. Nur der geringe Anteil zugekauften Stroms unterliegt der Inflation. Das BOB-System erreicht erst in 15 Jahren Energiekosten, die ein herkömmlicher Neubau heute hat.

20 Jahre Energieeffizienz

BOB ist also ein rein elektrisches Gebäude und das erklärt den fehlenden Schornstein. Schon seit 20 Jahren läuft der Prototyp in Aachen fossilfrei – damals von Externen belächelt. Heute führt das dazu, dass die Inflation nur gering auf die Energiekosten einwirken kann. Das Gebäudesystem verfügt über alle Eigenschaften moderner, effizienter Gebäude, die gesundes Arbeiten fördern. Das Besondere beschreibt Frohn so:

„Wir haben über 20 Jahre anhand von Prototypen gemessen, analysiert, Software programmiert, wieder gebaut, wieder analysiert und weiter Software geschrieben und optimiert. Heute verfügen wir wie bei einem PKW über eine technologische und voll digitalisierte Plattform, die uns in die Lage versetzt, BOBs mit nie dagewesener Energieeffizienz und dennoch mit variabler Architektur in Serie zu liefern.“

Dabei ist dem Produktentwickler wichtig, möglichst einfache, ausgereifte und langlebige Technik einzusetzen. So seien smarte Anwendungen und Automatisierung im BOB nur da gewünscht, wo sie echten Nutzen böten. Das passt zum an Lebenszykluskosten orientierten Grundgedanken: Was nicht gebraucht wird, kann auch nicht kaputt gehen oder die Umwelt später als Müll belasten.

Gelebtes Doppelleben

BOB sieht sich als Technologieunternehmen in der Immobilienbranche, entwickelt das Produkt fortlaufend weiter und bietet als Projektentwickler Mietflächen an. Das scheint ein ambitionierter Mix zu sein, gibt aber dem Unternehmen, das mittlerweile Investitionen im dreistelligen MillionenEuro-Bereich bewegt, Recht. Im Verbund mit den stets individuell designenden Architektenpartnern – in Dachau die Regensburger PURE GRUPPE – gelingt das. „Das Team nimmt die neuen Büros dankbar an. Besonders der kühle Sommer im Büro – ohne energiefressende und wenig behagliche Klimaanlagen, war eine Wohltat. Und ein in vielen Punkten nachhaltiges Bürogebäude ist selbstredend eine Investition in die Zukunft. Denn die Themen Energiekosten und -sicherheit aber auch Klimaneutralität werden uns künftig nicht mehr loslassen“, ist sich Jender sicher.

Gemeinwohl und Unternehmensverantwortung

Dass Nachhaltigkeit für Unternehmen ein immer stärkeres Gewicht bekommt, spüre Frohn auch in Mietergesprächen: „Da sich die jungen leistungsbereiten Menschen heute ihren Job aussuchen können, schauen sie auch genauer auf Werte. Für unsere Mitarbeitenden hat das Thema Nachhaltigkeit ein hohes Gewicht, die Botschaft, in einem klimafreundlichen Bürogebäude zu arbeiten, prägt das Image unserer Mieter positiv – und macht eben auch zufriedener.“ Die EU-Taxonomie-Verordnung, die von großen Unternehmen seit diesem Jahr Aussagen zur Nachhaltigkeit verlangt, wird auch auf kleinere Firmen wirken. Denn sie gehören mit ihren Leistungen zu ihren Lieferketten. Steigende Nachhaltigkeitsanforderungen sind nur eine Frage der Zeit.

In Wurfweite des VDI

Für die BOB AG beschleunigt die steigende Nachfrage die Entwicklung. Derzeit sind Gebäude in Hannover, Krefeld, Hamm und Düsseldorf in Planung oder Bau. Am Düsseldorfer Flughafen entwickelt das Unternehmen, nur wenige hundert Meter von der VDI-Bundesgeschäftsstelle entfernt, ebenfalls ein Serienbürogebäude. Hier entstehen über 8.800 m2 . Und das Dach wird ebenso wie in Dachau Insekten und Trockengräsern aller Art einen Lebensraum bieten sowie Regenwasser zurückhalten. Dort freuen sich dann die Menschen auf der Dachterrasse wie in Dachau über die gelungene Kombination aus Stromerzeugung, Biotop und Draußensein.

Balanced Office Building

Das erste Balanced Office Building (BOB) entstand vor über 20 Jahren in Aachen. Seit 2013 baut die BOB AG das Serien-Bürogebäude bundesweit. BOB zeichnet sich durch klimaneutralen Betrieb, geringe Nebenkosten, am Lebenszyklus orientierte einfache Technik und hohen Raumklimakomfort aus. BOB nimmt Nachhaltigkeit ernst und möchte hohen Nutzen für alle Beteiligte.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 01/2023 JAN/FEB