Abfälle für kohlenstoffarme Kraftstoffe

Beitrag von Cornelia Wolber SHELL GmbH

Shell hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 ein Energieunternehmen mit Netto-Null-CO2 -Emissionen zu sein. Daher senken wir kontinuierlich die Emissionen unserer Betriebe und Lieferketten. Gleichzeitig helfen wir Privathaushalten, Unternehmen und dem öffentlichen Sektor dabei, ihre Emissionen durch den Umstieg auf attraktive CO2 -ärmere oder CO2 -freie Alternativen zu senken und heute noch vermeidbare Emissionen auszugleichen.

 

Damit eng verbunden ist auch der schrittweise Umbau unserer Anlagen. Im Zuge unserer Unternehmensstrategie „Powering Progress“ haben wir angekündigt, die Zahl unserer weltweiten Raffineriestandorte auf fünf zu beschränken und diese in Shell Energy and Chemical Parks umzubauen, dazu zählen auch die Standorte in Köln und Pernis (Niederlande). Dadurch wird die weltweite Produktion fossiler Kraftstoffe bei Shell bis 2030 um 55 Prozent sinken.

Auch im Rheinland sollen künftig mehr und mehr nachhaltige Chemie- und Energieprodukte hergestellt werden. Rohstoff für die Produktion wird dann zunehmend weniger Erdöl, sondern Wasserstoff, zirkuläre Abfallstoffe und Biomasse sein. Dafür sollen alte Anlagen abgebaut, neue geschaffen und vorhandene umgerüstet oder umgewidmet werden.

Vor diesem Hintergrund haben Shell und die zur Rethmann-Gruppe gehörende Remondis Recycling GmbH bereits ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet. Darin vereinbaren beide Unternehmen als strategische Partner die Bildung ganzheitlicher, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger kreislaufwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten in Nordrhein-Westfalen (NRW), Deutschland und Europa zu beschleunigen, indem sie die Branchen Abfallsammlung, -sortierung und -verwertung, Chemie und Energie miteinander verknüpfen und dabei die Stärken des jeweils anderen nutzen.

Darüber hinaus hatte Shell im Sommer 2019 mit einem Europäischen Konsortium, gefördert von EU Fuels Cells and Hydrogen Joint Undertaking (FCH JU), den Bau von Europas größter PEM-Elektrolyse (Polymer Electrolyte Membrane) zur Herstellung von grünem Wasserstoff im Werksteil Wesseling gestartet. Die Anlage (REFHYNE) wurde am 2. Juli 2021 in Betrieb genommen und wird pro Jahr bis zu 1.300 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren.

Im Werksteil Godorf soll noch in diesem Jahr eine Anlage zur Produktion von BioLNG gestartet werden. Die deutschlandweit größte derartige Anlage umfasst neben den drei Tanks eine Verflüssigungsstufe, eine Gasreinigung und -trocknung sowie zwei Abfüllstationen für Lkw. Als Einsatzstoff wird über die normale Gasleitung ein Mix aus fossilem Erdgas und zertifiziertem, nachhaltigem Bio-Erdgas, auch „grünes Erdgas“ genannt, bezogen.

Bio-LNG birgt großes Potenzial für die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs. Die in Köln produzierten Mengen können den Jahresbedarf von etwa 4.000 bis 5.000 LNG-Lkw decken. Dadurch lassen sich im Vergleich zu einem konventionellen Diesel-Lkw jährlich bis zu einer Million Tonnen CO2 einsparen.

Im Gegenzug soll die Rohölverarbeitung im Werkteil Wesseling vorbehaltlich der finalen Investitionsentscheidung 2025 eingestellt werden. Mittelfristig soll Rohöl nur noch zur Produktion von Spezialprodukten wie Petrochemie, Schmierstoffe und Bitumen eingesetzt werden.

Aktuell hat die Rohöldestillation in Wesseling eine Jahreskapazität von knapp acht Millionen Tonnen.

Ein noch größeres Projekt plant Shell in den Niederlanden. In Rotterdam implementiert das Unternehmen derzeit Holland Hydrogen 1, Europas größten Elektrolyseur mit einer Leistung von 200 Megawatt.

Ebenfalls in Rotterdam fiel im letzten Jahr im dortigen Shell Energy and Chemicals Park der Startschuss zum Bau einer Biokraftstoffanlage mit einer Kapazität von 820.000 Tonnen pro Jahr. Damit wird die Anlage zu den größten in Europa gehören und nachhaltigen Flugkraftstoff (SAF) und erneuerbaren Diesel aus Abfällen herstellen.

Die Anlage wird voraussichtlich 2024 die Produktion aufnehmen. Es wird kohlenstoffarme Kraftstoffe wie erneuerbaren Diesel aus Abfällen wie Altspeiseöl, tierischem Abfallfett sowie anderen industriellen und landwirtschaftlichen Restprodukten unter Verwendung fortschrittlicher Technologien herstellen, die von Shell entwickelt wurden.

Eine Reihe zertifizierter, nachhaltiger Pflanzenöle wie Raps, wird die Abfallrohstoffe ergänzen, bis noch nachhaltigere fortschrittliche Rohstoffe allgemein verfügbar sind. Die Anlage wird kein natives Palmöl als Rohstoff verwenden.

Nachhaltiger Flugkraftstoff (SAF) könnte mehr als die Hälfte der Kapazität von 820.000 Tonnen pro Jahr ausmachen, der Rest ist erneuerbarer Diesel. Shell kann diesen Mix an die Kundennachfrage anpassen. Diese kohlenstoffarmen Kraftstoffe werden dazu beitragen, die wachsende Nachfrage aus dem Verkehrssektor zu decken, einschließlich schwer zu dekarbonisierender Sektoren wie dem Schwerlastverkehr und dem Luftverkehr. SAF macht derzeit rund 0,1 % des weltweiten Flugbenzins aus. Die Investition von Shell wird dazu beitragen, die SAF-Produktion zu steigern, was für die Senkung der Kohlenstoffemissionen in der Luftfahrt von entscheidender Bedeutung ist.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2023 JUL/AUG