Abfall als Rohstoff – Ein Überblick

Beitrag von Dr. Dina Barbian, Geschäftsführerin eco2050 Institut für Nachhaltigkeit, Nürnberg

Grundsätzlich sollten Abfälle vermieden werden, denn Abfälle, die erst gar nicht entstehen, können der Umwelt nicht schaden. An zweiter Stelle sollte die Verwertung stehen und dann erst die Beseitigung. Ziel einer nachhaltigen Abfallwirtschaft ist es, alle anfallenden Abfälle in Haushalten und Unternehmen umweltverträglich zu verwerten. Dazu bedarf es neben technischen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen auch rechtlicher Weichenstellungen.

Welche Klassifikation für Abfälle gibt es?

Laut Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) § 3(1) sind Abfälle oder Müll „alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss“. Man unterscheidet Abfälle zur Verwertung und zur Beseitigung. Darüber hinaus spielt das Gefahrenpotenzial noch eine Rolle. Abfälle weisen bestimmte Gefährlichkeitsmerkmale (wie entflammbar, ätzend, reizend, giftig) auf und sind eine Gefahr für Mensch und / oder Umwelt (Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle und Abfallverzeichnisverordnung).

Abfälle können stofflich oder energetisch verwertet werden. In Deutschland ist die Verwertung überwiegend privatwirtschaftlich organisiert. Ausnahmen gelten nur für die Haushalte. Bei den Unternehmen sind die Erzeuger von Abfällen verpflichtet, sich um die Verwertung des Mülls zu kümmern. Hierzu gibt es verschiedene Verwertungsunternehmen. Damit können verwertbare Abfälle weitgehend frei vermarktet werden. Abfälle zur Beseitigung werden in der Regel von kommunalen öffentlich-rechtlichen Trägern entsorgt.

Für die Einstufung von Abfällen gibt es verschiedene Listensysteme: Dies sind zum Beispiel das Europäische Abfallverzeichnis sowie die Grüne und Gelbe Abfallliste der europäischen Verbringungsverordnung (Umweltbundesamt, 2016).

Was regelt das deutsche Abfallrecht?

Das Abfallrecht in Deutschland ist sehr komplex und umfasst eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen. Die Regelungen lassen sich unterteilen in allgemeine Vorschriften, mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz [1] als zentralem Baustein, Vorschriften zur Abfallbehandlung und zur Abfallverbringung. Die Basis bildet das europäische Abfallrecht, das auf Klimaneutralität, Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft ausgerichtet ist.

Im Jahr 2012 wurde in Deutschland das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) beschlossen. Dieses ist das zentrale Bundesgesetz des deutschen Abfallrechts [2], was wiederum ein Teilgebiet des Umweltrechts ist. In § 6 des KrWG ist festgelegt, wie mit Abfall umgegangen werden soll. Es gilt folgende Priorisierung:

  1. Abfallvermeidung
  2. Wiederverwendung
  3. Recycling (stoffliche Verwertung)
  4. Energetische Verwertung
  5. Beseitigung/Deponierung

Zweck des Gesetzes ist es, die Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen zu fördern.

Es gibt in Deutschland innerhalb des Abfallrechts eine Reihe von Unterverordnungen (Umweltbundesamt, 2022). Im Jahr 2022 gab es seitens der EU Neuerungen im Abfallrecht durch die Novellen des Verpackungsgesetzes, des Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetzes und der EU-Batterieverordnung. Laut dem EU Green Deal wurde im Jahr 2019 auf europäischer Ebene beschlossen, dass die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll [3]. Es gilt ein Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, der darauf abzielt, den materiellen Fußabdruck der EU und Emissionen zu minimieren sowie wesentlich mehr Sekundärmaterialien zu nutzen und damit Ressourcen zu schonen. Unter anderem sollen bis 2030 nur noch wiederverwendbare oder recycelbare Verpackungen hergestellt und ein neuer Rechtsrahmen für biologisch abbaubare und biobasierte Kunststoffe etabliert werden (Remondis, 2021).

Wie soll mit Abfall umgegangen werden?

An erster Stelle sollte immer die Vermeidung stehen, denn Abfall, der erst gar nicht entsteht, kann die Umwelt nicht gefährden. Der meiste Müll entsteht in den Industrienationen, daher sollten diese Strategien zur Müllvermeidung bzw. -reduktion umsetzen (Barbian, 2016). Ein sehr großes und mittlerweile globales Problem stellt der Plastikmüll in den Weltmeeren dar (s. Abb. 1).

Global werden lediglich 7,2 % aller Materialien wieder den Kreisläufen zurückgeführt. Leider hat sich dieser Anteil in den letzten Jahren von 9,1 % im Jahr 2018 auf 8,6 % im Jahr 2020 und nun 7,2 % im Jahr 2023 reduziert. Die globale Situation verschlechtert sich zunehmend. Die globale Wirtschaft ist fast ausschließlich auf neue (ungebrauchte) Rohstoffe angewiesen. Das bedeutet, dass mehr als 90 % der Materialien entweder verschwendet werden, verloren gehen oder über Jahre hinweg nicht wiederverwendet werden können (Circle Economy, 2023).

Etwa 70 % bis 80 % der globalen Treibhausgasemissionen hängen direkt mit den globalen Lieferketten, dem Transport von Materialien und der Produktion von Gütern zusammen. Ein Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft würde insofern auch das Klima schützen.

Auch wenn Müll ein globales Problem ist, so gibt es große Unterschiede beim Pro-Kopf-Müllaufkommen in der EU. Laut Abb. 2 hat jeder EU-Bürger im Jahr 2020 im Schnitt 505 kg Siedlungsabfälle verursacht. Deutschland liegt mit rund 632 kg weit darüber. Das mit Abstand höchste Pro-Kopf-Aufkommen haben die Dänen mit etwa 845 kg. Den niedrigsten Wert verzeichnet Rumänien mit gerade einmal 287 kg pro Person.

Fazit

Eine Vermeidung, Wieder- und Weiterverwertung von Abfall bietet sowohl in globaler als auch in nationaler Hinsicht immense Vorteile, denn dies trägt zum Erreichen der Klimaziele und zur Ressourcenschonung bei.

Anmerkungen

[1] Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) hat im Jahr 2012 das seit 1994 geltende Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) abgelöst. Außerdem wurden mit dem KrWG die Vorgaben aus der EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) in nationales Recht umgesetzt. Die Kreislaufwirtschaft soll noch stärker auf den Ressourcen-, Klima- und Umweltschutz ausgerichtet werden (§ 1 KrWG)

[2] Das Abfallrecht ist die Gesamtheit aller Gesetze, die die Behandlung, den Transport und die Entsorgung von sowie den Umgang mit Abfällen regeln.

[3] Für Deutschland gilt ein verschärftes Ziel: Laut Klimaschutzgesetzes (KSG) soll das Ziel der Treibhausgasneutralität schon bis 2045 umgesetzt sein (Bundesregierung, 2023).

Literatur

Barbian, D. (2016) Our Common Waste - Solutions for a Sustainable Society, in: Plöhn, J. und Chobanov, G. (Hrsg.), Sustainability and Welfare Policy in European Market Economies, Sofia Conferences on Social and Economic Development in Europe, Volume 5, PL Academic Research, Frankfurt am Main 2016, S. 127-145

Bundesregierung (2023) Klimaschutzgesetz – Generationenvertrag für das Klima. www. bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672

Circle Economy (2023) Circularity Gap Report 2023. https://www.circularity-gap.world/2023

Remondis (2021) Weiterentwicklung des Abfallrechts. https://www.sonderabfall-wissen.de/wissen/das-aendert-sich-2022-im-abfallrecht/

Umweltbundesamt (2016) Einstufung von Abfällen. https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/abfallwirtschaft/abfallarten/einstufung-von-abfaellen

Umweltbundesamt (2022) Abfallrecht. https:// www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/abfallwirtschaft/abfallrecht

 

 

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2023 JUL/AUG