Das Projekt BAUSEP

Mit Aschen und Schlacken eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft ermöglichen

Beitrag von Dr. Sebastian Dittrich Gruppenleiter Aufbereitung und Verwertung, Abteilung Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling. Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP

Die Bauwirtschaft verbraucht allein in Deutschland nach wie vor jährlich über 500 Millionen Tonnen an mineralischen Rohstoffen. Um die immer noch steigende Nachfrage an diesen Materialien im Sinne einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft decken zu können, müssen zwingend alternative Rohstoffquellen erforscht und etabliert werden.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) öffentlich geförderte Projekt BAUSEP (Programm ReMin, FKZ: 033R256A, Laufzeit 02/2021- 01/2024) untersucht unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP genau unter diesem Aspekt Möglichkeiten zur Nutzung von Aschen aus der Hausmüllverbrennung (MVA) und Schlacken aus der Stahlerzeugung (SWS) für die Herstellung neuer Pflastersteine. Klares Ziel dabei ist eine möglichst hohe Substitutionsrate für natürliche Sande und Kiese bis zu einer Korngröße von acht Millimetern. Zusätzlich sollen auch rechtliche und technische Anforderungen berücksichtigt werden, um eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse für einen Markteintritt zu ermöglichen. Um die geplanten Arbeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette abzubilden, wurde ein Verbund mit sieben Partnern aus Industrie und Forschung gebildet.

In einem ersten Schritt wurden nach der Beprobung und Charakterisierung verschiedenster Aschen und Schlacken die Aufbereitungskonzepte für die jeweiligen Stoffströme erarbeitet. Im Fall der Schlacken konnte die benötigte Qualität und Sieblinie durch Brechen und Sieben erreicht werden. Für die Aschen wurde vom Projektteam ein mehrstufiger Prozessschritt entwickelt, in welchem die Aschen gewaschen, gesiebt und final sortiert werden. Im letzten Schritt werden im Sinne der Wertschöpfung Eisen- und Nichteisenmetalle, Gläser oder Störstoffe ausgeschleust. Durch die Wäsche werden leicht lösliche, mitunter schädliche Stoffe extrahiert, um eine Anwendung in Bauprodukten zu ermöglichen. Zuletzt wurden die untersuchten Materialien auf die benötigte Sieblinie eingestellt.

Parallel dazu bewerten die Forschenden insbesondere die Aschen bezüglich Umweltverträglichkeit gemäß der Ersatzbaustoffverordnung (EBV). Dazu werden die Aschen und Schlacken im verbauten und unverbauten Zustand unter anderem gemäß DIN 19528 auf ihre Auslaugbarkeit hin analysiert. Hintergrund der Untersuchungen ist es zu prüfen, in welchem Maße (Schwer-)Metalle oder Salze aus den Materialien mobilisiert werden und gegebenenfalls den Boden bzw. das Grundwasser kontaminieren könnten.

Vorbereitend für die Produktion von Pflastersteinen wurden – basierend auf bestehenden, industriell verwendeten Rezepturen – eigene Formulierungen im Labor entwickelt. Ziel war dabei, die vollständige Substitution von Sand (0/2) und Kies 2/8 ohne dabei die Eigenschaften der Pflastersteine, insbesondere die relevante Spaltzugfestigkeit negativ zu verändern. Um gleichbleibende rheologische Eigenschaften zu gewährleisten, wurde der Einsatz betontechnologischer Additive wie Verflüssiger geprüft. Im sogenannten Procter-Verfahren entstanden die Probekörper (siehe Abbildung 1). Durch dieses Verfahren werden die erdfeuchten Massen, ähnlich wie im industriellen Herstellungsprozess durch dynamischen Lasteintrag von oben verdichtet. Nach einer Konditionierung der hergestellten Proben nach Norm DIN EN 1338 (14 Tage bei 95 % r. F.) wurde die Spaltzugfestigkeit ermittelt.

Während die Rezepturentwicklung für die Müllverbrennungsaschen aktuell noch in Bearbeitung ist, konnte diese für verschiedene Stahlwerksschlacken bereits abgeschlossen werden. Die Rezeptur, in welcher primärer Sand und Kies vollständig durch LD-Schlacke (Konverterschlacke aus dem Linz-Donawitz-Verfahren) in der Körnung 0/8 substituiert wurde, erreichte einen Wert für die Spaltzugfestigkeit, welcher überraschenderweise etwa doppelt so hoch war wie in der Referenzprobe aus primären Zuschlägen.

Diese Rezeptur wurde im nächsten Schritt auf die industrielle Produktion skaliert. Dabei zeigte sich, dass die Herstellung der Steine im Pflastersteinwerk problemlos und ohne Anpassungen im Produktionsprozess adaptiert werden konnte. Die produzierten „BAUSEP“-Steine wurden bei einem der Projektpartner im Werk auf relevante Parameter hin untersucht und erfüllten sämtliche Anforderungen. Die produzierten Steine sind in Abbildung 2 zu sehen. Ausstehend sind noch die Ergebnisse zur Dauerhaftigkeit der produzierten Steine. Dabei soll insbesondere die Frost-Tau-Stabilität der Steine untersucht werden.

Ein weiteres wichtiges Ziel des Projektes ist das Erreichen einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft. Aus diesem Grund bewerten die am Projekt Teilnehmenden die Recyclingfähigkeit der hergestellten Pflastersteine. Dazu werden die Steine gebrochen und das dabei entstehende Material als Zuschlag bei der Produktion von Frischbeton eingesetzt. Erste Versuche zeigen bereits, dass die gebrochene Gesteinskörnung dazu aus betontechnologischer Sicht ohne Vorbehalte verwendet werden kann. Das gebrochene Material wird analog zu den Aschen und Schlacken auf seine Umweltverträglichkeit hin geprüft, die Untersuchungen dazu laufen aktuell.

Sämtliche im Projekt angewandte Prozesse durchlaufen eine Ökobilanzierung in Kopplung mit einer techno-ökonomischen Analyse, um die Nachhaltigkeit der neuen Bauprodukte messbar zu machen. Dazu wurden Workshops mit den entsprechenden Projektpartnern durchgeführt. Dabei wurden – basierend auf den identifizierten Massen- und Energieströmen – individuelle Datensammelbögen erstellt. Die Datensammlung dauert noch bis Mitte/Ende 2023, ehe im Anschluss daran die Modellbildung und Auswertung beginnt.

Die erfolgreiche Umsetzung der gesetzten Ziele kann Leuchtturm-Wirkung haben und ein positives Signal an die Baubranche senden. Die bisherigen Ergebnisse legen nahe, dass der Einsatz von Aschen und Schlacken als Substitut für primäre Sande und Gesteinskörnung möglich ist. Eine industrielle Umsetzung fördert die Etablierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft und kann Anstoß für Forschungen in weiteren Themenfeldern der Bauindustrie sein. Nur der flächendeckende und bewusste Einsatz von sekundären Rohstoffen kann eine messbare Schonung primärer Rohstoffe schaffen und Abhängigkeiten von Rohstoffimporten reduzieren.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2023 JUL/AUG