Das Projekt „TRIPHÖNIX“

Zweckverband Müllverwertung Schwandorf

Beitrag von Konrad Rieger Zweckverband Müllverwertung Schwandorf

Gleichsam wie der sagenhafte Vogel Phönix aus der griechischen Mythologie, der am Ende seines Lebens verbrennt und aus der Asche neu und schöner wiedergeboren wird, sollen auch an Stelle von drei vorhandenen Müllkesseln des Zweckverbandes Müllverwertung Schwandorf, quasi aus deren Asche, zwei neue Ofenlinien schöner, größer und technisch ausgereifter wieder entstehen. Daraus leitet sich der gewählte Projektname „Triphönix“ ab.

Der Zweckverband Müllverwertung Schwandorf (ZMS) betreibt in Schwandorf/Bayern ein Müllkraftwerk mit vier Ofenlinien. Die Ofenlinien 1 bis 3 sind dabei seit 1982 nahezu ununterbrochen in Betrieb und damit am Ende ihrer technischen Nutzungsdauer angekommen.

Durch die mit der über 40-jährigen Betriebsdauer einhergehenden Materialermüdung haben ungeplante Abstellungen durch Rohrschäden, abgerissene Schweißnähte u. ä. signifikant zugenommen, was sich durch verminderte Durchsatzleistungen und erhöhte Betriebs- und Umleitungskosten negativ auswirkt.

Eine entsprechende Machbarkeitsstudie stellte als Ergebnis fest, dass anstelle einer Teilsanierung oder Ertüchtigung nur eine „große Lösung“, also ein Komplett-Neubau, Sinn macht. Dieser soll so gestaltet werden, dass die drei vorhandenen Linien mit einer Durchsatzleistung von je ca. 12,5t Müll/h (bei 10,5 MJ/kg) durch zwei Kessel mit höherer Leistung ersetzt werden. Diese könnte – abhängig von Hersteller und Kesseltyp – zwischen 18 und 26 t Müll/h liegen. Die begrenzenden Faktoren sind hierbei das extrem beengte Platzangebot im Bestand, die auch einen Neubau an anderer Stelle nicht zulassen, sowie die verbleibenden peripheren Anlagen, wie z. B. Müllbunker/-kräne und Speisewassersystem. Ebenso wird dabei eine nahezu vollständige Erneuerung bzw. Erhöhung des zugehörigen Kesselhauses erforderlich, da wegen der Platzverhältnisse eine Ausführung als Vertikalkessel anstelle der bestehenden Dackelkessel angedacht ist. Die Rauchgasreinigungsanlagen werden mit erneuert, wobei die nachgeschaltete SCR-Anlage nicht angetastet wird.

Zur Aufrechterhaltung sowohl der Entsorgungssicherheit für etwa 1,9 Mio. Bürger im ZMS-Verbandsgebiet als auch der Energieversorgung für benachbarte Betriebe und der Fernwärmeversorgung der Stadt Schwandorf ist die gesamte Maßnahme zweistufig aufgebaut:

  • Zunächst wird in einem ersten Schritt die Rauchgasreinigung der Ofenlinie 4, die Mitte der 90er Jahre in Betrieb ging und über eine Durchsatzleistung von 23,2 t Müll/h (bei 10,5 MJ/kg) verfügt, vollständig erneuert werden. Da mit den verbauten CDAS-Reaktoren bisher eine maximale Laufzeit von etwa 28 Wochen zwischen zwei Reinigungsstillständen möglich ist, wird damit die Verfügbarkeit auf über 8.000 h erhöht. Diese Maßnahme, welche die Reaktoren, den Gewebefilter, den Saugzug und das Frischkalksilo umfasst, wird von Juni 2023 bis Juli 2024 durchgeführt. Die Kesselanlage wird dabei lediglich general-revidiert, aber nicht erneuert.
  • Im zweiten Schritt erfolgt dann zunächst der Rückbau von OL 2 und 3 und die Neuerrichtung der (größeren) „OL 20“ sowie nach deren Inbetriebnahme entsprechend die Demontage der verbliebenen OL 1 und der Neubau von „OL 10“ jeweils incl. RGR-Anlagen/ Gewebefiltern. Auch die Kamine 1 bis 3 müssen wegen der dann höheren Abgasvolumina durch zwei neue Röhren ersetzt werden. Für diese Phase ist ein Umsetzungszeitraum von Anfang 2026 bis Mitte 2031 vorgesehen.

Die während der Umbauphasen anfallenden, aber nicht behandelbaren Abfallmengen werden im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen zu anderen Verbrennungsanlagen umgeleitet. Zur Absicherung der Energieversorgung der Wärmeabnehmer werden von diesen entsprechende Kesselanlagen auf Gasbasis installiert.

Aktuell sind für die erste Projektphase, welche demnächst startet, alle Aufträge vergeben und die Ausführungsplanungen nahezu fertiggestellt. Ebenso liegt die immissionsschutz-rechtliche Genehmigung vor.

In Letzterer wurden im Vorgriff auf die vorgesehene Novellierung der 17. BImSchV u. a. bereits die Emissions-Grenzwerte für Neuanlagen aus den BVT-Schlussfolgerungen hinterlegt.

Der Auftrag für die Verfahrenstechnik konnte im Rahmen eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens an die ANDRITZ AG in Raaba-Grambach bei Graz (A) vergeben werden. Hierbei kommt ein Wirbelschicht-Reaktor, das sog. „Turbosorp“-Verfahren zum Einsatz.

Für die zweite Projektphase, den eigentlichen Ersatz der Ofenlinien 1 bis 3, werden derzeit nach der Erstellung umfangreicher Gutachten die Unterlagen für den Genehmigungsantrag zusammengestellt. Weiterhin beginnt nach Fertigstellung der vorbereitenden Planungen nunmehr gemeinsam mit dem beauftragten Planungsbüro die Erstellung der Leistungsverzeichnisse für die Ausschreibung.

Da eine Vielzahl von Kabeln und Leitungen die verschiedenen Baufelder queren, besteht vor Beginn der Teilmaßnahmen die anspruchsvolle Aufgabe darin, sie bei vollem Betrieb in unkritische Bereiche zu verlegen. Neben diesen Leitungsverlegungen sind vor allem statische Belange zur Sicherung der verbleibenden, unmittelbar anschließenden Gebäude und Kesselanlagen zu berücksichtigen, was eine ganz besondere Herausforderung darstellt.

Allen Beteiligten ist dabei durchaus bewusst, dass die Umsetzung des Projektes „Triphönix“ bei laufendem Betrieb einer Operation am offenen Herzen gleicht. Nichtsdestotrotz ist sie alternativlos.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2023 JUL/AUG