Null Abfall, 100  % Wertstoff

Beitrag von Ramona Eitzenhöffer PreZero Stiftung

Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, die unsere Umwelt belastet und Ressourcen verschwendet. Ein Teil der Lösung: Wertstoffkreisläufe schließen hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

PreZero und der Ursprung in der Schwarz Gruppe

Das Unternehmen PreZero, Umweltdienstleister der Schwarz Gruppe, verfolgt diesen Weg konsequent und begleitet Kunden und Partner in eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Dafür stellt sich das Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfung auf: Von der Lizenzierung als Duales System, über Entsorgung, Aufbereitung und Recycling bis hin zur Herstellung recycelter Produkte. Der Vorteil: Mit Hilfe eines modernen Wertstoffmanagers kann so in jedem Schritt der gesamte Kreislauf mitgedacht werden.

Die Idee hat ihren Ursprung innerhalb der Schwarz Gruppe, bekannt für die Einzelhändler Lidl und Kaufland. Als Inverkehrbringer von Verpackungen war die Idee, mit einem eigenen Abfall- und Recyclingunternehmen Verantwortung für diese Abfälle zu übernehmen. Anfangs vor allem auf die internen Abfallströme fokussiert, wurden Wertstoffsysteme eingeführt, Restabfälle minimiert und Kreislaufprodukte eingeführt. Heute ist die PreZero vor allem außerhalb der Schwarz Gruppe tätig.

Neben Kommunen und Unternehmen sind solche Externen auch Großveranstalter von Sportereignissen oder Festivals. Ein Beispiel ist das Fußballstadion in Sinsheim. Gemeinsam mit dem Verein arbeitet PreZero seit 2019 daran, Abfälle zu reduzieren und wiederzuverwerten. Mehrwegbecher- und ein Abfalltrennsystem sind nur zwei der Maßnahmen, die auf die geplante Zero-Waste-Zertifizierung nach DIN Spec 91436 einzahlen. Diese wird derzeit vom TÜV Süd geprüft. Sie bewertet das Abfall- und Wertstoffmanagement privatwirtschaftlicher Unternehmen, öffentlicher Einrichtungen sowie von Städten, Gemeinden, Vereinen, Stiftungen und anderen Organisationen.

Innerhalb der Schwarz Gruppe unterstützt PreZero das Ziel, bis 2025 einen signifikanten Prozentsatz des anfallenden Abfallaufkommens wiederzuverwenden, zu recyceln oder zu verwerten. Von ca. 3 Mio. t Abfällen werden bereits jetzt 2,6 Mio. t als Wertstoffe wiederverwendet. Die größten Fraktionen entfallen dabei auf Papier, Pappe, Kartonage (PPK) (1,8 Mio. t) sowie organische Abfälle (500.000 t) (Zahlen für das Jahr 2021). Der Einzelhändler Lidl ist damit bereits jetzt bei einer Recyclingquote von 91 %. Zum Vergleich: Bei Siedlungsabfällen in Deutschland lag die Recyclingquote 2020 bei 67,4 % [1].

Als Teil der Schwarz Gruppe hat PreZero den großen Vorteil, in Leuchtturmprojekten neue Ideen wie die Verwendung von recyceltem Kunststoff oders Aluminium direkt bei Lidl und Kaufland zu testen. Außerdem werden gemeinsam Ansätze für recyclingfähiges Verpackungsdesign erprobt.

Moderne Sortieranlage in Bayern setzt Maßstäbe

Neben der recyclingfähigen Gestaltung von Verpackungen ist besonders die Sortierung von Abfällen wichtig für einen funktionierenden Kreislauf. Je besser Stoffströme sortenrein sortiert werden, desto besser die weitere Verwertung der Wertstoffe. Daher wird derzeit viel in Modernisierung und Neubau von Sortieranlagen, in denen Leichtverpackungen (LVP) aus dem Gelben Sack bzw. Tonne oder der Wertstofftonne sortiert werden, investiert.

Im Januar 2022 eröffnete Europas modernste LVP-Sortieranlage in Eitting, Bayern. Die vollautomatische Anlage im Wert von 40 Mio. Euro hat eine Input-Kapazität von 120.000 t und sortiert das gesammelte Verpackungsmaterial in 18 verschiedene Fraktionen, darunter die Kunststoffarten Polypropylen, Polyethylenterephthalat, Polyethylen und Polystyrol. Sie gilt damit als Technologieführer und übertrifft sämtliche durch den Gesetzgeber vorgeschriebenen Sortierquoten.

Dank neuer Sortiertechniken können beispielweise schwarze Kunststoffe, die lange Zeit nicht sortenrein getrennt werden konnten, mittels Black Scans (Kombination aus Nahinfrarotsystemen (NIR) und optischem Laser) identifiziert werden. Ein Sortierroboter, gesteuert durch künstliche Intelligenz (KI) und verschiedenen Sensortechniken, identifiziert zudem Materialeigenschaften nach molekularer Zusammensetzung, Farbe, elektrischer Leitfähigkeit oder Dichte, um die Sortierqualität zu verbessern. Anders als in vergleichbaren Anlagen kann zudem nach Farbe sortiert werden. Für die weitere Verwendung ist das essenziell: Je bunter die Verpackung, desto grauer wird das Material, das beim Recycling herauskommt.

Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können zu einer guten Sortierung beitragen. Textilien, Batterien und andere Dinge gehören beispielweise nicht in den Gelben Sack. Solche so genannten Fehlwürfe haben unterschiedliche Konsequenz: Textilien sind ärgerlich, Batterien dagegen sind brandgefährlich.

Brände durch Stromspeicher

Brände durch fehlerhaft entsorgte Stromspeicher wie Batterien und Akkus sind ein ernstes Problem. Auch die LVP-Anlage von PreZero in Eitting wurde im November 2022 Opfer eines Großbrandes. Der Trend zu mehr mobilen Geräten lässt auch die Menge von Stromspeichern im Abfall ansteigen (schätzungsweise 10 bis 20 % in den letzten Jahren).

Gelangen sie in den Sortierprozess, durchlaufen sie denselben Prozess wie Verkaufsverpackungen und können bereits beim Auflockern des Materials mechanisch beschädigt werden. Im weiteren Verlauf werden metallisch verpackte Batterien zusammen mit Weißblechdosen von den FE (Eisen)-Abscheidern herausgezogen und zu Transportwürfeln verpresst. Nicht metallisch verpackte Batterien landen in den Sortierresten, wo die chemische Zersetzung beginnt. Dabei sind in der Vergangenheit immer wieder Entstehungsbrände ausgebrochen.

Bei einem Kurzschluss kann unkontrolliert elektrischer Strom fließen, der zu einer Hitzeentwicklung führt und die Stromspeicher regelrecht explodieren lässt. Für ein sicheres Arbeitsumfeld sind die Anlagen daher mit modernsten Alarmund Löscheinrichtungen sowie einem Frühwarnsystem ausgestattet, das Temperaturschwankungen im Sortierprozess misst und bei Auffälligkeiten prophylaktisch mit Löschschaum agiert. Zudem werden sämtliche Maßnahmen in Standortbrandkonzepten abgebildet, die Schulungen, Brandschutzbegehungen, Notfallund Alarmpläne beinhalten.

Gelöst ist das Problem damit leider noch nicht. Nahezu täglich werden Akkus und Batterien im Eingangsmaterial entdeckt, vor allem in den Gelben Säcken und Gelben Tonnen bzw. Wertstofftonnen. Die Schäden sind erheblich: Nach dem Brand Eitting kann die Sortieranlage voraussichtlich erst Ende des zweiten Quartals 2023 wieder in Betrieb gehen und so wieder für eine bestmögliche Sortierung der Abfälle sorgen.

Treiber für Wachstum & Innovation

Im Wertstoffkreislauf folgt auf die Sortierung der Recyclingprozess, bei dem aus Wertstoffen neue Rohstoffe (Rezyklate) entstehen. Auch hier können innovative Technologien wie das RecyPrime-Verfahren im Recycling-Werk in Grünstadt die Rezyklat-Qualität noch steigern.

Die Rezyklat-Nachfrage wächst durch politische Vorgaben und Rohstoffmangel. Daher wird eine effiziente Stoffstromsteuerung über den gesamten Kreislauf immer wichtiger – für jedes produzierende Unternehmen. Würden alleine in den Branchen Lebensmittelherstellung, Konsumgüter, der Bauindustrie sowie in Mobilität und Transport Kreislauflösungen implementiert, könnte man eine Umkehr der Erdüberlastung herbeiführen – und damit weniger Ressourcen verbrauchen als die Erde zur Verfügung hat [2]. Kreislaufwirtschaft muss daher zu einem der wesentlichen Treiber für Wirtschaftswachstum und Innovation werden. Dafür müssen Unternehmen Geschäftsprozesse anpassen, Abfall reduzieren und Ressourcen effizienter nutzen. Auch Verbraucher werden verstärkt umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen nachfragen.

Eine transparente Zusammenarbeit ist daher von großer Bedeutung, um gemeinsam neue Denkweisen zu entwickeln, Bestehendes zu überdenken und innovative, bestenfalls sogar disruptive Ansätze zu finden, um die Kreislaufwirtschaft von morgen zu gestalten.

Quellen

[1] https://www.umweltbundesamt.de/daten/umweltindikatoren/indikator-recycling-von-siedlungsabfaellen#die-wichtigsten-fakten​​​​​​​

[2] Circle Economy. (2023). The circularity gap report 2023 (pp. 1-64, Rep.). Amsterdam: Circle Economy

 

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2023 JUL/AUG