Fahrzeuge werden kommunikativ

Beitrag von Martin Beltrop und Dr. Uwe Pützschler, Nokia Solutions and Networks

Automatisierter Straßenverkehr und fahrerloses Fahren sowie neue kombinierte Mobilitätskonzepte stehen mehr denn je im Mittelpunkt öffentlicher, technischer, rechtlicher und ethischer Diskussionen. 5G eröffnet dafür die zukunftssichere, schnelle und zuverlässige Kommunikation. Doch nicht nur die Komplexität nimmt zu, auch die Anzahl zusammenwirkender Bereiche erhöht sich. Aus diesem Grund wurde eine Vereinigung für die gemeinsame Arbeit an 5G gegründet. Mehr über die 5GAA Associaten, intelligente Vernetzung in Fahrzeugen und die Vorteile von 5G Funktionalitäten in Fahrzeugen.

Direkte Kommunikation mit V2V und V2I

Mit der im Jahr 2017 verabschiedeten Version 14 des Mobilfunkstandards steht nun erstmals eine LTE-Mobilfunktechnologie der 4. Generation zur Verfügung, die auch die direkte Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander (V2V) und von Fahrzeugen mit der Straßeninfrastruktur (V2I) mit sehr kurzen Latenzzeiten von unter 50ms unterstützt. Der initiale Fokus liegt dabei auf Anwendungen, die die Verkehrssicherheit erhöhen. Die Zuverlässigkeit wird dadurch verbessert, dass die direkte Kommunikation sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mobilfunknetz-Abdeckung funktioniert.

Damit steht erstmals eine einheitliche Netztechnologie C-V2X (Cellular V2X) zur Verfügung, die die wachsenden Kommunikationsanforderungen des automatisierten Straßenverkehrs und des fahrerlosen Fahrens erfüllt.

Mobilität der Zukunft

Automatisierter Straßenverkehr ist heute keine ferne Zukunftsvision mehr – neue Technologien wie Sensortechnik und Künstliche Intelligenz sowie die rasant zunehmende digitale Vernetzung bringen uns dem Ziel sicherer, komfortablerer und wesentlich effizienterer Mobilität immer näher. Dieses Thema ist nicht zuletzt auch Teil des globalen technologischen Wettbewerbs zwischen Ländern und Regionen. Die Kommunikation und Vernetzung der Fahrzeuge, sowohl untereinander als auch mit Straßeninfrastruktur und Netzwerkapplikationen, spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die Europäische Kommission hat in ihrer im Mai 2018 veröffentlichten EU-Strategie für die Mobilität der Zukunft hervorgehoben, dass sie einen integrierten Ansatz von Automatisierung und Vernetzung verfolgt [1].

Fahrzeugkommunikation

Automatische Fahrzeuge brauchen nicht zwingend Konnektivität und vernetzte Fahrzeuge brauchen nicht unbedingt Automatisierung, aber es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass die Vernetzung von Fahrzeugen eine wichtige Voraussetzung für automatisches Fahren und fahrerlose Fahrzeuge sind. Damit können Verkehrssicherheit und -effizienz sowie Fahrkomfort wesentlich erhöht werden. Dabei geht es um Fahrzeugkommunikation (V2X) zwischen:

  • Fahrzeugen (V2V: Vehicle-to-Vehicle)
  • Fahrzeugen und Straßeninfrastruktur z.B. Ampeln und dynamischen Wechselschildern (V2I: Vehicle-to-Infrastructure)
  • Fahrzeugen und dem Netz bzw. der Cloud (V2N: Vehicle-to-Network)
  • Fahrzeugen und Fußgängern, allgemeiner als Vulnerable Road User bezeichnet (V2P: Vehicle-to-Pedestrian).

Vernetzung heute und morgen

Durch die Vernetzung können Fahrzeuge ihr Fahrverhalten koordinieren und ein intelligentes Verkehrsmanagement wird ermöglicht. Weiterhin kann die Vernetzung einen sicheren Verkehrsfluss unter Einbeziehung aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten.

Heute sind bereits Millionen Fahrzeuge über Mobilfunknetze mit der Netzwerk-Cloud der Fahrzeughersteller verbunden. Es wird erwartet, dass ab 2022 alle neuen Fahrzeuge vernetzt sind. Einige Hersteller haben dieses Ziel für ihre Flotten praktisch heute schon erreicht. Dabei werden bereits verkehrssicherheitsrelevante Informationen zwischen Fahrzeugen über das Mobilfunknetz ausgetauscht. Beispiele hierfür sind Unfall-Warnungen oder Warnungen über akute Wetterbedingungen.

Einstieg in das vernetzte Fahren mit LTE

Mit der im Jahr 2017 verabschiedeten Version 14 des Mobilfunkstandards steht nun erstmals eine LTE-Mobilfunktechnologie der 4. Generation zur Verfügung, die auch die direkte Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander (V2V) und von Fahrzeugen mit der Straßeninfrastruktur (V2I) mit sehr kurzen Latenzzeiten von unter 50ms unterstützt. Der initiale Fokus liegt dabei auf Anwendungen, die die Verkehrssicherheit erhöhen. Die Zuverlässigkeit wird dadurch verbessert, dass die direkte Kommunikation sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mobilfunknetz-Abdeckung funktioniert.

Damit steht erstmals eine einheitliche Netztechnologie C-V2X (Cellular V2X) zur Verfügung, die die wachsenden Kommunikationsanforderungen des automatisierten Straßenverkehrs und des fahrerlosen Fahrens erfüllt. Dies gilt sowohl für die Direktkommunikation über maximal mehrere hundert Meter (short range) als auch für die Kommunikation über Netze und mit der Cloud (long range).

Mobilfunk-Ecosystem

Vorteile durch das Gesamtsystem

Die Fahrzeugindustrie und C-V2X profitieren dabei von den großen Dimensionen des „Mobilfunk-Ecosystems“ (eine Wortfindung, die das Gesamtsystem aller Mobilfunknetze sowie aller Firmen, die diese zum Geschäftszweck nutzen, bedeutet), und den umfangreichen Investitionen, die jährlich in den Bereich der Mobilfunknetze, Endgeräte und Applikationen fließen.

Dieses Ecosystem hat schon über fast 3 Jahrzehnte hohe Innovationsraten gezeigt, die nun zukünftig auch von der Mobilitätsindustrie genutzt werden können. Abb. 1 zeigt Eindrücke von den erstmals öffentlich gezeigten Tests der neuen Technologie mit Fahrzeugen von Audi und Ford. In den wichtigen Automobil-Regionen der Welt finden vielfältige C-V2X Tests statt, die die verschiedenen betroffenen Industriebereiche wie Halbleiterhersteller, Fahrzeughersteller und ihre Technologie-Lieferanten, Mobilfunknetz-Betreiber und deren Infrastruktur-Hersteller sowie Straßenbetreiber und Straßeninfrastruktur-Hersteller zusammenbringen.

Testfeld auf der A9

Eine bedeutende Rolle spielt hier das „Digitale Testfeld Autobahn“ auf der A9 zwischen Nürnberg und München. Automobilhersteller und ihre Zulieferer können hier z.B. mit Hilfe von Nokia Technik erste Anwendungen des vernetzten Fahrens im Produktionsnetzwerk der Deutschen Telekom testen (Abb. 2).

Ein weiteres Beispielprojekt wird derzeit von AT&T, Ford, McCain, Nokia und Qualcomm in San Diego durchgeführt [2]. Die Anzahl der zusammenwirkenden Bereiche in diesen Projekten zeigt die Komplexität der Aufgaben, die nur gemeinsam gelöst werden können.

Die 5G Automotive Association (5GAA)

Die Automobil- und Telekommunikationswelt kommen zusammen

Aus diesem Grund haben führende Fahrzeug- und Kommunikationstechnologie-Hersteller 2016 die „5G Automotive Association“ (5GAA) gegründet. Inzwischen hat diese Organisation über 80 Mitgliedsunternehmen, die sich das Ziel gesetzt haben, Automotive- und Telekommunikations-Industrien zusammenzubringen, um die Nutzung intelligenter Transport- und Kommunikationslösungen zu beschleunigen und die Konzepte Cooperative Intelligent Transportation Systems (C-ITS) erfolgreich und nutzbringend zu verwirklichen.

Hierbei geht die 5GAA davon aus, dass die 5. Mobilfunk-Generation (5G) die ultimative Plattform für C-ITS ist, um sicherheitskritische Kommunikation für höhere Verkehrssicherheit und fahrerloses Fahren zu ermöglichen. Mit der inhärenten Evolution von C-V2X von der 4. zur 5. Mobilfunk-Generation werden kurze Latenzzeiten bis in den Bereich von 1ms und größere Übertragungskapazitäten möglich.

Außerdem wird mit neuen 5G Funktionalitäten wie Network-Slicing und Edge Computing die Zuverlässigkeit der Kommunikation wesentlich erhöht. Das ermöglicht neue Anwendungen wie z.B. hochverdichtete Fahrzeugkolonnen (High-Density Platooning), ferngesteuerter Fahrzeugbetrieb (Teleoperated Driving), der Austausch von Sensordaten zwischen den Fahrzeugen (Sensor Sharing), die für kooperatives automatisches Fahren im breiten Maßstab notwendig sind.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2018 September/Oktober