Laser und seine Anwendungen – ein aktueller Überblick

Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Arnold Gillner, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Fraunhofer Institut für Lasertechnik (ILT), Aachen

Die Photonik und speziell die Lasertechnik ist von einer Nischentätigkeit zu einer Schlüsseltechnologie und zu einem der wichtigsten Industriezweige der Zukunft geworden. Photonische Lösungen und besonders Laserlösungen finden sich in den unterschiedlichsten Anwendungsfeldern: von der Kommunikation und dem Gesundheitswesen über die Materialverarbeitung in der Produktion, die Beleuchtung und die Energie- und Batterietechnik bis hin zu sensorischen Lösungen in der Agrar- und Mobilitätstechnik. Doch das volle Umwälzungspotenzial der Photonik ist bei weitem nicht ausgeschöpft.

Photonik und Laser – Werkzeuge für Gegenwart und Zukunft

Neue Fortschritte in der Photonik werden das Gesundheitswesen revolutionieren und neue Wege zur Erkennung, Behandlung und sogar Vorbeugung von Krankheiten eröffnen. In der Fertigung wird die Laserbearbeitung eine Grundvoraussetzung für eine großvolumige, kostengünstige Produktion sein. Die Photonik wird dazu beitragen, die Grenzen der Elektronik in Computern durch rein optische Datenverarbeitung oder sogar Quantencomputer zu überwinden. Die Photonik wird die Kommunikation in das Terabit-Zeitalter führen, indem sie die Datenkapazität und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten drastisch erhöht und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck der Netze und die Gesamtkosten pro Bit verringert. Die Photonik wird eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Herausforderungen der Energieeffizienz und des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft spielen. Es wird erwartet, dass Festkörperlichtquellen in Zukunft fast alle anderen Lichtquellen in puncto Effizienz übertreffen und potenzielle Energieeinsparungen von 50 % oder sogar mehr bieten, wenn sie mit intelligenten Lichtmanagementsystemen eingesetzt werden. Sensoranwendungen in intelligenten Stromnetzen, intelligenten Gebäuden und intelligenter industrieller Prozesssteuerung werden wesentlich zu einer effizienteren Ressourcennutzung und zur Bewältigung der ökologischen Herausforderungen beitragen.

Laser und Energie – eine optimale Symbiose

Ein Einsatzgebiet mit viel Entwicklungspotenzial finden Laser im gesamten Feld der Energietechnik. Wurden in der Vergangenheit Laser in diesem Bereich vor allem in der Herstellung und Reparatur von Turbinen durch additive Verfahren und Hochleistungs-Laserbohrverfahren eingesetzt, konzentriert sich das heutige Einsatzfeld von Lasern im Energiebereich vor allem auf Batterien und Brennstoffzellen. In der Fertigung von LithiumIonen-Batterien wird der Laser im Bereich der Elektrodenbeschichtung eingesetzt, wobei der Laser hier platzraubende und ineffiziente Konvektionstrockenöfen für die Entbinderung und Trocknung der Schichten ersetzt. Gegenüber der bisherigen Vorgehensweise kann damit die Baulänge eines Trocknungsbereiches auf ein Zehntel reduziert werden. Der Einsatz von Hochleistungs-Ultrakurzpulslasern dient weiterhin zur Strukturierung der Elektrodenschicht zur Verbesserung der Schnellladefähigkeit, zur Konfektionierung der einzelnen Batteriezellen, dem sogenannten Notching sowie zum flächigen Abtrag der aktiven Schichten, um eine sich daran anschließende Kontaktierung zu ermöglichen.

Ähnlich breit sind die Einsatzmöglichkeiten in der Herstellung von Brennstoffzellen, einem zentralen Element der Wasserstofftechnik. Hier dienen Laser zur Konfektionierung der metallischen Bipolarplatten als Alternative zum mechanischen Stanzen, um Stanzgrate und daraus resultierende Kurzschlüsse zu vermeiden. Wesentliches Element des Lasereinsatzes in der Bipolarplattenfertigung ist das Laserschweißen. Hier werden mit Single-Mode-Faserlasern Schweißgeschwindigkeiten von über 1 m/s erreicht bei hoher Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit.

Ultrakurzpulslaser – Innovatives Werkzeug mit Potential für Oberflächentechnik und Elektronik

Ultrakurzpulslaser, kurz UKP-Laser, sind für die Materialbearbeitung eine neue Klasse von Strahlquellen mit besonderen Eigenschaften. Mit Pulsdauern von einigen 100 Femtosekunden bis einige Pikosekunden weisen diese Strahlquellen Pulsspitzenleistungen bis in den Gigawatt-Bereich auf. Dadurch lässt sich jede Art von Werkstoff unabhängig von Absorptionseigenschaften und thermomechanischen Kennwerten mit höchster Präzision im Nanometerbereich bearbeiten. Mittels Multistrahlanordnungen und extrem schneller Polygon-Scantechnik lassen sich auch hohe Leistungen bis zu einigen 100 W umsetzen. Die Anwendungen dieses neuen Werkzeuges sind vielfältig und reichen von der Herstellung kleinster Bohrungen im SubMikrometerbereich für die Fertigung von Vernebler-Düsen in der Medizintechnik bis hin zu großflächigen Oberflächenstrukturierungen in tribologischen Anwendungen. Durch die extremen Intensitäten der Ultrakurzpulslaser lassen sich über Multi-Photonen-Absorption auch transparente Werkstoffe wie Glas und Saphir bearbeiten. Mit diesem Ansatz ergeben sich neue hochautomatisierte Fertigungsmöglichkeiten in der Optikfertigung, bei der Schleif- und Polierprozesse durch selektives Laserabtragen und -polieren ersetzt werden. Mit kombinierten Laser- und Ätzverfahren wie dem Selective Laser Etching SLE lassen sich mikrofluidische Bauteile in Glas sowie Substrate in der Elektronik und Quantentechnologie wie beispielsweise hochgenaue Glass-Interposer und Ionenfallen für das Quantencomputing herstellen.

Was die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer ILT im Bereich der UKP weiterhin antreibt, ist die Übertragung von Mikro auf Makro. Wie lassen sich die funktionalen Eigenschaften, die man mit UKPLasern auf verschiedenen Materialien im Mikrokosmos erreichen kann, auf großformatige Bauteile übertragen? Ein Beispiel wären Mikrobohrungen für Raumluft-Aerosolfilter oder auch für Mikrofilter, wie sie etwa in der Lebensmitteltechnik genutzt werden. Dabei steht stets die Frage im Mittelpunkt: wie bekommen wir die PS auf die Straße? Hier spielt die Digitalisierung bei exakter Steuerung und Formung der Laserstrahlen wie beispielsweise über sogenannte Multi-Scanner-Systeme eine entscheidende Rolle.

Digitale Produktion von morgen: Additive Manufacturing

Die Digitalisierung in der Produktion ist ein wesentlicher Schlüssel für die Individualisierung der Fertigung sowie für eine nachhaltige Ressourcenwirtschaft. Laserverfahren ermöglichen einerseits eine durchgängige in-situ-Überwachung des Fertigungsprozesses und sind andererseits selbst als digitales Werkzeug anzusehen, bei dem beinahe jedes einzelne Photon selektiv gesteuert werden kann und digital Prozesse adressiert. Im Bereich der additiven Fertigung haben sich Laserverfahren umfassend durchgesetzt, mit denen sich Bauteile Schicht für Schicht additiv fertigen lassen. Dabei werden sowohl polymere Werkstoffe in der Stereolithographie und im Selective Laser Sintering als auch metallische Werkstoffe im Laser Powder Bed Fusion Prozess oder im Laserauftragsschweißen eingesetzt. Dabei wird ein pulverförmiger Zusatzwerkstoff mit dem Laserstrahl aufgeschmolzen und schmelzmetallurgisch mit dem Grundwerkstoff verbunden. So werden mittels Laserauftragschweißen Turbinenschaufeln repariert, Offshore-Rohre mit beständigem Material beschichtet oder die tribologischen Eigenschaften von Bremsscheiben verbessert. Aktuelle Entwicklungen hier wie auch beim Laserstrahlschweißen und -schneiden sind Multistrahlprozesse, um die Produktivität der laserspezifischen Verfahrensschritte signifikant zu steigern oder um durch eine gesteuerte Energiedeposition die Prozessqualität zu erhöhen und Prozessfehler zu vermeiden. Ansätze wie eine kohärente Strahlkopplung oder schnelle Spatial Light Modulatoren ermöglichen hier neuartige Fertigungsprozesse und eine signifikante Erhöhung der Produktivität. KI und Machine Learning sind hier integraler Bestandteil aktueller Forschungsfragen, um das visionäre Ziel des First Time Right (FTR) Prozesses zu erreichen.

Laser und Photonik für nachhaltige Gesundheit und Lebensmittelversorgung

Bedingt durch die demographische Entwicklung und eine immer älter werdende Bevölkerung kommt dem Gesundheitswesen eine besondere Bedeutung zu. Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes und Bluthochdruck sollen immer früher erkannt und nachhaltig behandelt werden. Gleiches gilt für degenerative Knochenund Gelenkserkrankungen. Die Photonik spielt hier eine immer größer werdende Rolle. So können beispielsweise Blutzuckerwerte mittlerweile nichtinvasiv für optische Absorptionsverfahren ermittelt werden. Mittels hochauflösender optischer Raman-Spektroskopie lassen sich einzelne Mikroorganismen für eine effiziente Gesundheitsdiagnostik, Luft- und Bodenkontrolle sowie Lebensmittelanalytik nutzen. Darüber hinaus erlaubt die Raman-Spektroskopie die automatische Klassifizierung von Zellen wie z. B. blutzirkulierende Tumorzellen in der Tumordiagnostik. Für die Herstellung medizinischer Implantate werden Laserverfahren eingesetzt, um individualisierte Komponenten, wie beispielsweise Hüftgelenke und Zahnkronen zu erzeugen. Künftige Laserprozesse werden sich in der Herstellung künstlicher Organe finden, bei der neben dem Laser-Zelldruck, die stereolithographische Herstellung biokompatibler Scaffolds für eine Vaskularisierung der zellbasierten hybriden Komponenten eine wichtige Rolle spielen wird. Über den medizinischen Bereich hinaus sind für eine nachhaltige Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser neue Technologien zu deren Überwachung und Erzeugung nötig. So spielen Präzisions-Laserverfahren in der Herstellung von Wasserfiltern zur Entfernung von Mikroplastik eine Rolle wie auch in der Überwachung der Wasserund Nährstoffversorgung in der Landwirtschaft.

Photonik und Lasertechnik – Werkzeuge mit Zukunftspotential

Sind die photonischen und lasertechnischen Werkzeuge bereits heute in einer Vielzahl von Anwendungen zu finden, so werden sich diese durch neue systemtechnische Entwicklungen noch signifikant erweitern. Insbesondere durch neue Wellenlängen, mit denen die Energiedeposition in Laser-Fertigungsprozessen exakt an die Werkstoffe angepasst werden kann sowie durch rasant fallende Kosten bei den Standard-Laserstrahlquellen werden sich Laserverfahren zum weitgehenden Standard in der Fertigung entwickeln. Durch die fortschreitende Miniaturisierung bei den Strahlquellen und optischen Komponenten ergeben sich für sogenannte PICs (Photonic Integrated Circuits) vielfältige Anwendungen in der Sensorik und Datentechnik, wie beispielsweise im Bereich LiDAR für das autonome Fahren oder im Bereich der Umweltund Lebensmittelmesstechnik. Schließlich werden Laser und photonische Komponenten die Computertechnik revolutionieren und den Datentransfer und dessen Sicherheit durch Quantenverschlüsselung deutlich erhöhen.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 05/2023 SEP/OKT

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