100 Jahre Grub

Leidenschaft für Nutztiere

Beitrag von Dr. Bernhard Haidn, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Poing

Das Nutztierzentrum in Grub zeigt durch seine fortschrittliche Landwirtschaft und Schlüsseltechnologien exemplarisch die revolutionäre Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren. Durch Automatisierung und Digitalisierung konnte die Arbeit im Stall erheblich erleichtert werden. Dr. Bernhard Haidn stellt die modernen Technologien des Nutztierzentrums in diesem Beitrag genauer vor.

Das Nutztierzentrum Grub

Die Entwicklung zum allseits anerkannten Nutztierzentrum begann mit dem Erwerb der „Schwaige Grub“ im Jahr 1918. Der Ankauf mit allen baulichen Einrichtungen bildete den Grundstein für die spätere Bayerische Landesanstalt für Tierzucht (BLT). Heute sind in Grub die Institute für Tierzucht, Tierernährung und das Institut für Landtechnik und Tierhaltung mit dem Bereich Tierhaltung zu finden. Ferner bilden der Versuchsbetrieb, das mit dem LKV gemeinsam bewirtschaftete Labor sowie die Mastleistungsprüfung für Schweine mit einem Schlachthof weitere wesentliche Schwerpunkte des Standorts der LfL (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft).

Fortschrittliche Landwirtschaft

In Grub lässt sich exemplarisch die revolutionäre Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren verfolgen. Seit den Anfängen wurde hier Landwirtschaft in allen Bereichen auf dem Stand der Technik betrieben. Gerade der Forschungscharakter trug wesentlich dazu bei, dass viele technische Innovationen in den Versuchsbetrieben gemeinsam mit den Wissenschaftlern zum Teil erstmals in der Praxis auf Herz und Nieren getestet wurden.

Automatische Tiererkennung

Eine Schlüsseltechnologie für rechnergestützte Verfahren in der Tierhaltung stellt die elektronische Tieridentifikation dar. Erst durch eine fälschungssichere und eindeutige automatische Tiererkennung ist die Automatisierung von Verfahrensprozessen möglich. Die Landesanstalt für Tierzucht in Grub und die Landesanstalt für Landtechnik in Freising waren bei der Entwicklung und Standardisierung von Transpondern in der Tierhaltung (Ohrtransponder, injizierbare Transponder, Boli) maßgeblich durch Forschungsprojekte und Gremienarbeit beteiligt.

Versuche im Stall – Automatisierung und Digitalisierung

Datenerfassung war lange Zeit aufwendige Handarbeit. Bei Fütterungsversuchen musste die Bereitstellung des Futters für einheitliche Portionsgrößen in Säcken erfolgen. Per Hand wurden die Futtermengen notiert, einzelnen Tieren zugeordnet und letztere auch noch einmal wöchentlich verwogen. Die gesamte Arbeit war nicht nur sehr anstrengend, sondern auch sehr fehleranfällig.

Viele technische und elektronische Errungenschaften sowie Stallneubauten brachten eine erhebliche Arbeitserleichterung und Verbesserung der Datenqualität. Heute verfügt Grub nicht nur über automatische Tierwaagen für Rind, Schwein und Schaf zur Gewichtsermittlung, sondern auch über Wiegetröge zur automatischen Erfassung der tierindividuellen Futteraufnahme. Die jeweiligen Messwerte laufen direkt in eine zentrale Datenbank, so dass kaum mehr eine Zahl aufgeschrieben werden muss.

Melken gestern und heute

Vom Melkschemel zum Melkroboter

Wie seit Jahrtausenden wurden die Kühe auch in Grub bis etwa 1960 zweimal pro Tag mit der Hand gemolken. Die besten Arbeitspersonen schafften bei diesem sehr anstrengenden Verfahren maximal 20 Tiere. Durch den Einbau einer Rohrmelkanlage war das belastende Schleppen und Ausleeren der Melkeimer überflüssig geworden. Die Entwicklung von Laufstallsystemen mit Melkständen ab 1965 brachte eine aufrechte Arbeitshaltung beim Melken und deutlich mehr Arbeitssicherheit. Diese Entwicklung gipfelte in den 1990er Jahren im Automatischen Melksystem (AMS). In Grub werden die ca. 65 Kühe seit über 20 Jahren automatisch gemolken. Dadurch wird der Melker entlastet und hat nur noch überwachende Aufgaben.

Hightech im Schweinestall bei der Mastleistungsprüfung

Um die Ergebnisse der Schweinemast wissenschaftlich zu verfolgen, wurden 1956 in Grub die ersten Stallungen der Mastprüfanstalt gebaut und der weitere Ausbau 1982 abgeschlossen. In der Folgezeit wurde die Haltung der Tiere in Zweiergruppen auf Prüfungsgruppen von zehn Tieren umgebaut. Möglich wurde dies durch den Einsatz von Abrufstationen mit tierindividueller automatischer Futtererfassung und Tierverwiegung beim Fressen. Alle Daten werden direkt in eine zentrale Datenbank geschickt. Wo früher im Schlachthaus Koteletts mit Pauspapier abgezeichnet wurden, wird heute die Kotelettgröße mit digitaler Bildverarbeitung ermittelt.

Von der Forschung in die Praxis: Wissenstransfer als Kernaufgabe

Die Weiterentwicklung des Standortes Grub zum Nutztierzentrum in Bayern erforderte den Bau der 1988 entstandenen Unterrichts-, Internats- und Seminarräume. Die bereits in den sechziger Jahren aufgebaute Lehrschau für zeitgemäße technische und bauliche Lösungen wurde in der Folgezeit um einen größeren Vortragssaal mit modernen Kommunikationstechniken und Ausstellungshallen weiterentwickelt. Dies beschleunigte den Wissenstransfer zwischen Forschern, Herstellern, Beratern und Landwirten.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2019 März/April