Ökodesign durch Faserverbünde

Beitrag von Klaus Raab und Carsten Kleine

Beim Konstruieren von Kunststoffbauteilen stellt sich immer wieder die Frage: „Wie kann ich gezielt mein Bauteil verstärken, dabei möglichst wenig Material/Ressourcen einsetzen, trotzdem eine maximale Performance erzielen und dabei umwelttechnische Vorteile generieren?“

Faserbünde, die geflochten bzw. gestickt werden, bieten dazu einen hervorragenden Ansatz, man ist dabei in der Lage, jede einzelne Faser so zu gestalten und anzuordnen, um den geforderten Lastfällen Rechnung zu tragen. Die Oberfläche des einzelnen Filaments/der Fasern ist durch vielfältige Vorbehandlungen gestaltbar und ermöglicht dadurch den optimalen Verbund mit der Matrix.

Beim Flechten (3-dimensionale Bauteile) und Sticken (flächige Bauteile) bestehen Möglichkeiten, endlos Filamente unterschiedlicher Materialität (von der Naturbis zur synthetischen Faser), Querschnitte, Oberflächen, diverse Faserlagen (parallel, Winkel, 3-dimensional ) der Fäden so zu kombinieren, dass dadurch der Energietransport vom Angriffspunkt zum Auflager im Bauteil präzise gelenkt werden kann. Die Lage der Fasern ist vorbestimmt und somit bekannt, vergleichbar mit den Kurzfasern im Spritzguss Verfahren.

Diverse Finite-Elemente-Analysen helfen in der Vorbetrachtung bei der Auslegung der Faseranordnungen. Allerdings ist hier noch eine Weiterentwicklung der Systeme vonnöten, um die Aussagefähigkeit dieser Berechnungsmodelle zu erhöhen. Ähnlich verhält es sich mit den wissenschaftlichen, technischen Kenndaten von Naturfasern und deren Kombinationen untereinander. Wissenschaftlich fundierte Kenntnisse und Erfahrungen sind dazu noch nicht ausreichend vorhanden.

Messungen des Youngs Modulus (1) zeigen, welche Fasern besonders für den Einsatzzweck im Leichtbau geeignet sind.

Neben der Kohlefaser gibt es eine Reihe hervorragend geeigneter Pflanzen, aus denen leistungsfähige Faserverbünde mit geringem Eintrag in die Umwelt hergestellt werden können.

Ökologische Vorteile von Flecht-, bzw. gestickten Faserverbünden

  • Optimierter Materialverbrauch auf den Einsatzzweck
  • Minimaler, gezielter Einsatz an Faserverbünden
  • Leichtbau, ressourcenschonend, geringer Energieeinsatz im Produktionsprozess
  • Kostenvorteile: weniger Materialeinsatz führt zu geringem Gewicht der Bauteile und somit zu kürzeren Zykluszeiten im Herstellungsprozess (aufheizen/kühlen).

Realisierte Beispiele und Einsatzgebiete

  • Propeller Windkraft (>100m Flügellänge)
  • Medizinbereich „Knochenschaftbohrer“
  • Highend Sportgeräte (Fahrräder, Rennbobs, Ski, …)
  • Automotiv im hochbelastenden Bereich (F1, Moto GP…)
  • Aerospace (Flügel, Turbinen, Stellwerke…)
  • Antriebstechnik bei extremen Drehmomentbelastungen
  • Bauwesen (Aussteifung, Erdbebenschutz)

(1) Elastizitätsmodul: Ein Maß für die Steifigkeit von elastischen Materialien

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022  NOV/DEZ