Fahrerlebnisse und Nachhaltigkeitsaspekte stehen weit oben auf der Prioritätenliste

Interview mit Markus Frey und Vorstellung der Teams der VDI ADC

Interview mit Markus Frey, Geschäftsführer der technologieorientierten Unternehmensberatung Zielpuls, über seine Vision des autonomen Fahrens, Vorstellung zweier Teams und des Orga-Teams der VDI ADC

2020 startete die erste VDI Autonomous Driving Challenge (ADC). Die TiB sprach zuvor mit dem Geschäftsführer des Hauptsponsors Zielpuls, Markus Frey, über seine Vision des autonomen Fahrens. Zudem werden im nachfolgenden Bericht stellvertretend zwei der teilnehmenden Teams sowie das Organisations-Team der Challenge vorgestellt.

Interview mit Markus Frey

Technik in Bayern: Herr Frey, Sie und Ihr Team beraten bereits seit Jahren große Automobilkonzerne und Mobilitätsdienstleister im Bereich des autonomen Fahrens und entwickeln selbst an den neuen Mobilitätslösungen mit. Was sind die größten Hürden, die noch überwunden werden müssen?

Markus Frey: Prototypen und Testflotten haben wir ja heute schon auf unseren Straßen. Auch Vorstufen – allgemein als Assistenzsysteme unterschiedlicher Reife – finden sich bei unseren Kunden in der täglichen Verwendung. Jetzt gilt es einerseits, die Technologie schnell weiterzuentwickeln und dafür zu sorgen, dass Fahrzeuge auch in unwahrscheinlichen, neuen Situationen sicher reagieren.

Je nach Risikobereitschaft einzelner Anbieter werden die jetzigen Assistenzsysteme sich iterativ und in kleinen Schritten autonomen Fahrfunktionen annähern. Von Level 3 auf 4 und 5 wird es dann nochmals einen deutlichen Schub in der Kundenwahrnehmung bringen. Andererseits wird auch an der Demokratisierung der Technologie gearbeitet, um sie massenkompatibel, sicher und nicht zuletzt erschwinglich zu gestalten. Für ein Fahrzeug der Oberklasse über 100.000 Euro gelingt das einfacher als für Einsteigerklassen unter 20.000 Euro.

TiB: Wie müssen sich die OEMs aufstellen, um fit für die Zukunft zu sein?

Frey: Autonomes Fahren wird das Fahrerlebnis des Kunden stärker verändern als die immer noch laufenden Einführungen von E-Antrieben. Die Wertschöpfung der Fahrzeughersteller, die früher durch Blech und Motor erfolgte, ändert sich massiv hin zur Fahrzeugsoftware. Hier gibt es ganz neue Wettbewerber und Lieferanten mit deutlich stärkerer Kompetenz im Softwarebereich, als viele OEMs sie heute haben. Das erfordert sehr anspruchsvolle Veränderungsprozesse in der Entwicklung.

Nur wer jetzt entschlossen und schnell die richtigen Weichen stellt und auch sein Ökosystem mit starken Partnern erweitert, wird sich später in der Konsolidierung durchsetzen. Design und PS waren früher die Auswahlkriterien – zukünftig stehen Fahrerlebnisse und Nachhaltigkeitsaspekte weit oben auf der Prioritätenliste der Käufer.

Weitere Informationen zum Engagement von Zielpuls bei der VDI ADC finden Sie auf der Website von Zielpuls

VDI ADC: Teamvorstellungen

Am 13.03.2020 fand die erste AD Challenge an der Hochschule München statt. Stellvertretend stellen wir hier zwei der Teilnehmerteams vor.

Team ADrive HS Kempten

  • Prof. Bernhard Schick | Professor
  • Bonifaz Stuhr | Student / Doktorand
  • Johann Haselberger | Student / Doktorand
  • Marius Bertele | Student
  • Thomas Schmidt | Student
  • Patrick Huber | Student

Das Projekt: Um alle verfügbaren Kompetenzen zu bündeln, sind die Teams Formula Student Driverless, Carolo-Cup und VDI ADC zusammengefasst und arbeiten geschlossen an der Realisierung des autonomen Rennfahrens. Eine stufenweise Integration von Modellfahrzeug bis hin zum realen Versuchsträger bei gleichbleibender Softwarearchitektur, ermöglicht es neue Methodiken schnell unter Realbedingungen zu testen und mit Simulationsergebnissen zu vergleichen. Durch das modulare Softwarekonzept können Studenten verschiedenster Studienrichtungen gemeinsam an diesem Projekt arbeiten.

Team RWU AIr HS Ravensburg-Weinberg

Eine kurze Beschreibung, wie dieses Team entstanden ist: Zwei Studenten, begierig auf die Zukunft, die Technologie und die Bedeutung des Autonomen Fahrens, nahmen die Herausforderung an, ihr eigenes Autonomous Driving RC Car zu bauen. Ein halbes Jahr später, nach unzähligen Stunden Hardwarearbeit, dem Beheben von Programmierfehlern und vielen lustigen Testläufen, haben wir endlich unser eigenes Auto geschaffen, das autonom fahren, Objekte und Zeichen erkennen kann.

Das Feedback war großartig, sodass ich zusammen mit meinem Partner Ergyn Ibishi beschloss, andere Studenten mit einzubeziehen, die unsere Ansicht über diesen neuen Bereich der Autoindustrie und das Potenzial, das er haben wird, teilen. Die Gründung der RWU Air begann mit den ersten Treffen mit unserem lieben Prof. Stefan Elser, wir haben ihm die Idee eingetrichtert und er war mit an Bord. Seine Erfahrung und Unterstützung hat es uns viel leichter gemacht, die Grundsteine für dieses Team zu legen.

Es ist so schön, wenn sich eine Gruppe von fröhlichen Menschen zusammensetzt und wenn man dann die Funken in ihren Augen sieht, wenn sie anfangen, auf die Ziele dieses Teams hinzuarbeiten.

Das Orga-Team

Felix und Gioele halfen bei der Organisation der ersten VDI ADC. Nachfolgend stellen sich die beiden vor und erzählen, wie es dazu kam.

Wir sind Felix (23) und Gioele (21), studieren Fahrzeugtechnik im siebten Semester an der Hochschule München und unterstützen den VDI Bezirksverein München, Ober- und Niederbayern (VDI BV) bei der Organisation des diesjährigen Hochschulwettbewerbs für autonom fahrende Autos, der VDI Autonomous Driving Challenge.

Im vorangegangenen Semester haben wir im Rahmen einer Projektarbeit das Thema „Entwicklung eines autonom fahrenden RC-Autos“ bei Prof. Markus Krug bearbeitet, da uns Autonomes Fahren immer schon interessiert hat. Auftraggeber der Projektarbeit, in der wir die Grundlagen des Wettbewerbs und den ersten Prototypen für die AD Challenge entwickelt haben, war der VDI, der die VDI Autonomous Driving Challenge initiiert. Uns war von Anfang an wichtig, dass der Wettbewerb nicht nur eine Herausforderung für die Teams ist, sondern auch attraktiv für die Zuschauer. Außerdem soll die Relevanz für den Straßenverkehr gegeben sein, weshalb sich in der Challenge entsprechende Disziplinen wie Zeitfahren und Beschleunigungsrennen finden.

Neben den Analogien zum alltäglichen Verkehr haben wir bei der Planung des Wettbewerbs viel Wert auf Spannung und Dynamik gelegt. Wir wollen nicht, dass die Autos nur langsam einen Rundkurs fahren – uns war wichtig, dass die Teams wirklich etwas leisten müssen. Die Teams werden daher z. B. hinsichtlich der Trajektorie ihrer Manöver oder ihrer Reaktionszeit nach dem Startsignal verglichen und entsprechend bewertet. Dabei sollen sich die Fahrzeuge außerdem nicht nur von A nach B bewegen, sondern auch mit einer gewissen Eleganz, Sicherheit und vor allem viel Geschwindigkeit über die Rennstrecke fahren. Inhalte aus dem Rennsport fließen also auch in den Wettbewerb mit ein.

Das ist in etwa der Rahmen der diesjährigen AD Challenge, nächstes Mal soll vor allem das Thema Connected Drive im Fokus stehen. Dieses Jahr werden wir erst einmal herausfinden, was momentan möglich ist und inwieweit sich unsere Wünsche in Bezug auf das Reglement und Streckenlayouts in der Realität umsetzen lassen. Daraus können wir dann Schlussfolgerungen für die Gestaltung zukünftiger Wettbewerbe ableiten, um etwa die Radien und Breiten der Kurven anzupassen und dadurch auch Rennen gegeneinander möglich zu machen.

Das ganze Umfeld der Challenge, von der Planung über neue Kontakte und Methoden, ist unheimlich interessant und wir freuen uns, Teil davon zu sein. Den Teams wünschen wir weiterhin viel Spaß und Erfolg beim Wettbewerb!

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 März/April