Erweiterung der Konzernzentrale von TÜV SÜD in München

Nachhaltiges Bauen

Beitrag von Michaela Joas TÜV SÜD Business Services GmbH, Alexandra Massuthe TÜV SÜD Advimo GmbH

TÜV SÜD wächst kontinuierlich. Die bisherigen Gebäude am Konzernsitz in München fassen bald nicht mehr alle am Standort tätigen Mitarbeitenden. Auf dem eigenen Grundstück an der Westendstraße 199 im Stadtteil Westend/Laim entsteht derzeit ein neues Bürogebäude. Es wird höchste Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erfüllen.

Seit Jahrzehnten ist nachhaltiges Bauen und Sanieren ein Kernthema von TÜV SÜD. Der Prüfdienstleister zertifiziert Bestands- und Neubauten und unterstützt Bauherren und Eigentümer bei der Entwicklung und Weiterentwicklung von Gebäudekonzepten. Die Messlatte für eigene Bauprojekte ist hoch. Auch an den Neubau „Algorithmus“ auf dem Firmengelände der Konzernzentrale werden höchste Nachhaltigkeitsstandards angelegt. Dafür arbeiten hauseigene Expertinnen und Experten seit Beginn der Planungen eng mit dem Münchner Architekturbüro Brückner Architekten zusammen und kontrollieren die Baufortschritte in jeder Phase. Das angestrebte Ergebnis: Der Neubau „Algorithmus“ soll sich nahezu emissionsfrei betreiben lassen.

DGNB-Platin für Bürogebäude „Algorithmus“

Im Großraum München arbeiten etwa 4.000 der rund 25.000 Angestellten des weltweit tätigen Dienstleisters. Der derzeit entstehende Neubau schafft moderne Büroflächen für rund 600 Arbeitsplätze. Umfangreiche Voruntersuchungen und Planungen waren nötig, um das Gebäude optimal an die lokalen Bedingungen anzupassen und auf den aktuellen technischen Stand zu bringen – beides vor allem mit Blick auf die hochgesteckten Nachhaltigkeitsziele: Eine Platin-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) soll die hohen Nachhaltigkeitsstandards des Gebäudes belegen.

Seit Beginn des Projekts im Oktober 2019 nutzte TÜV SÜD die Expertise seiner Immobilientochter TÜV SÜD Advimo. Was die Spezialistinnen und Spezialisten für Building Information Management (BIM) normalerweise für ihre Kunden tun, tun sie in diesem Fall für den eigenen Arbeitgeber: den Bau von Gebäuden mit einem digital unterstützten Projektmanagement von der ersten Planung an begleiten. Beraterinnen und Berater für Sustainability & Real Estate von TÜV SÜD waren ebenfalls früh eingebunden, um wichtige Nachhaltigkeitsaspekte möglichst schon im Bauplan zu verankern und ihre Umsetzung sicherzustellen, um die Zertifizierung durch die DGNB zu erreichen.

Sonnenlicht optimal genutzt

Ein in den gängigen Bewertungssystemen wesentlichster Punkt für die Nachhaltigkeit ist der Energiebedarf. Für Strom, Wärme und Kühlung sollte ein nahezu emissionsfreies Gebäude nicht mehr Energie verbrauchen, als es erzeugt. Für den Bau in der Westendstraße 199, der zwischen mehreren Bestandsgebäuden errichtet wird, wurde dafür u. a. die Lichteinstrahlung genutzt. Denn die Sonne unterstützt im Winter das Heizen, verstärkt im Sommer aber den Bedarf nach Kühlung. Sie ist also ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, ein angenehmes Raumklima mit optimaler Energieeffizienz zu verbinden.

Ein BIM-Team und Expertinnen und Experten von TÜV SÜD sowie das auf digitales Bauen spezialisierte Architektenbüro simulierten anhand eines digitalen Abbilds des Gebäudes die Einwirkung der Sonne zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Dort, wo laut der Berechnungen besonders viel Licht auf das Gebäude trifft, werden nach der Fertigstellung Ende 2024 Photovoltaik-Module installiert, mit denen Energie für das Gebäude erzeugt wird. Und wo weniger Sonnenlicht einfällt, wird es nicht durch kosten- und energieintensives Sonnenschutzglas abgeschwächt, sondern spendet vor allem in den kühlen Monaten natürliche Wärme. Dafür werteten TÜV SÜD-Teams geometrische Informationen und Wetterdaten aus.

Grundwasser kühlt und wärmt

Ebenso wesentlich für den Energiebedarf sind das Kühlen und Heizen des Gebäudes. Sie funktionieren über eine Wärmepumpe, die mit Grundwasser aus einem eigenen Brunnen arbeitet und mit Photovoltaik-Strom betrieben wird. Das Grundwasser hat eine Temperatur von 11 bis 13 Grad. Im Sommer reicht diese Temperatur zum Kühlen. Im Winter ist die Temperatur hoch genug, um damit das Gebäude zu heizen. Dass die eingesetzte Wärmepumpe mit Wasser statt mit Luft arbeitet, macht sie besonders effizient. So heizt und kühlt sich das neue TÜV SÜD-Gebäude so gut wie klimaneutral.

Wiederverwertbare Holzelemente

Bei den verwendeten Rohstoffen setzen die Verantwortlichen von TÜV SÜD ebenfalls auf ein nachhaltiges Konzept, das mit einem ICONIC Award für innovative Architektur ausgezeichnet wurde: Die Fassadenkonstruktion besteht aus einer Leichtbaufassade in Holzrahmenbauweise, die im Fall einer Sanierung oder eines späteren Abbruchs einfach demontiert und recycelt werden kann.

Klimaschonende Anreise erleichtern

Bleibt noch der Blick auf die Mobilität, die rund um das neue Gebäude zukunftsfähig gestaltet wird. Mit Tram- und U-Bahnhof in der Nähe ist eine gute Anbindung an den ÖPNV gegeben. Fahrrad-Stellplätze und Ladestationen für E-Bikes entstehen in großer Zahl, genauso wie für Elektroautos. Mitarbeitende und Besuchende von TÜV SÜD erreichen das Gebäude so auf verschiedene Weisen emissionsarm.

Info

Kontinuierliches Wachstum am Hauptsitz

Derzeit wird das TÜV SÜD-Gelände an der Westendstraße 199 umgestaltet – mit Blick auf eine nachhaltige Zukunft. Der Neubau Algorithmus ersetzt entlang der Rüdesheimer Straße zwei bestehende Gebäude mit ungenutzten Prüfhallen. Zusätzlich wurde seit Mitte 2020 ein weiteres Gebäude generalsaniert und die modernen und offenen Arbeitsplätze inzwischen bezogen. In die Weiterentwicklung seines Standorts investiert TÜV SÜD mehr als 70 Mio. Euro.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 01/2023 JAN/FEB