Beitrag von Dipl.-Ing. Alexander, Grünewald IZB GmbH
Die Daimler-Kreuzung in Böblingen ist stark befahren - und das Verkehrsaufkommen wird voraussichtlich weiter steigen. Aus diesem Grund sind umfassende Ausbaumaßnahmen geplant. Was wird geändert, was kommt neu hinzu? Erfahren Sie im folgenden Beitrag mehr über den Aus- und Umbau, bei dem auch der Luftporenbeton C30/37 zum Einsatz kommt.
Die hochbelastete Daimler-Kreuzung in Böblingen verbindet die vierstreifige Kreisstraße K 1073 zwischen Böblingen und Dagersheim (Böblinger Straße) mit der Gottlieb-Daimler-Straße in nördlicher und der Dornierstraße in südlicher Richtung.
Bei der letzten Analyse der Verkehrsbelastungen für die Oberbaubemessung ergaben sich für die Gottlieb-Daimler-Straße Nord mit rund 28.000 Kraftfahrzeugen (Kfz) und 3.640 Lastkraftwagen mit über 3,5 Tonnen (SV), die hier täglich in oder aus Richtung des Daimler-Werkes in Sindelfingen unterwegs sind, die höchsten Belastungen. Zudem weist die derzeitige Daimler-Kreuzung in Asphaltbauweise durch die hohe LKW-Belastung starke Spurrinnen auf.
In der Bedarfsanalyse für die weitere Entwicklung des Daimlerknotens sowie den geplanten Ausbaumaßnahmen für das innerstädtische Baugebiet „Flugfeld“ zwischen der A 81 und der City von Böblingen werden für die nächsten Jahre erhebliche Steigerungen des Verkehrsaufkommens bis zu 37.700 Kfz/d; 4.310 SV/d vorausgesagt.
Dazu gehört auch das Bekenntnis des Autobauers Daimler, seine S-Klasse weiterhin dort sowie auch die künftigen Elektrofahrzeuge am Standort Sindelfingen produzieren zu wollen.
In Kenntnis der vorgenannten Zahlen entschied sich das Landratsamt Böblingen in seiner Funktion als Bauherr, die Ertüchtigung des Knotenpunkts K 1073 / Gottlieb-Daimler-Straße in Betonbauweise (Abschnitt 1) zu planen, auszuschreiben und ausführen zu lassen.
Aufgrund des starken Verkehrsaufkommens und des hohen LKW-Anteil entschieden die Planer den Fahrbahnaufbau im direkten Kreuzungsbereich in Betonbauweise, und in den Anschlussbereichen aller vier Äste sowohl in Beton- als auch in Asphaltbauweise auszuführen.
Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Kreuzung ist durch die Anlage zusätzlicher Fahrspuren und durch die Verlegung des Rechtsabbiegestreifens in Richtung der Bundesstraße B 464 geplant.
Zudem sollen Leit- und Schutzeinrichtungen erneuert bzw. ergänzt werden.
In den Anschlussbereichen des Knotenpunktes werden in Teilen, in denen eine gleichmäßige standfeste Asphalttragschicht festgestellt wurde, die oberen Asphaltschichten abgefräst und eine neue Straßenoberdecke eingebaut.
In Teilbereichen, in denen der gesamte Asphaltaufbau mangelhaft ist, wird der gesamte Straßenquerschnitt erneuert, die vorhandenen Frostschutzschichten verbleiben.
Der Schotteraufbau wird entsprechend den planerischen Vorgaben und dem vorgefundenen Fahrbahnaufbau ergänzt oder als Vollausbau neu hergestellt. Neue angelegte Fahrstreifenspuren werden nach dem Abtrag als Vollausbau erstellt. In diesem Zusammenhang fallen auch Arbeiten an Straßeneinläufen und Entwässerungsrohrleitungen an.
Die Trenninseln mit darüber führenden Rad- und Gehwegen, der Mittelstreifen und einige Fahrbahnränder werden neu erstellt. Damit verbunden werden neue Bordsteine, Flachborde, Tiefbordsteine und Busbuchtensteine, sogenannte „Kasseler Sonderborde“ allesamt aus Beton gestellt oder im Bereich des Knotenpunktes auf die Betonfahrbahnoberfläche geklebt.
Darüber hinaus werden in den Gehwegen und im Bereich der Bushaltestelle aufgeklebte Blindensteine (Rillen- und Noppenfolien) vorgesehen. Die Neuordnung der Mittelstreifen sieht den Rückbau von alten und korrodierten Stahlschutzplanken vor, dafür werden neue Betonschutzwände auf massive Fundamente gesetzt und verankert.
Auch die Lichtsignalanlage mit ihren Masten, Signalgebern und der Verkabelung wird im Zuge des Umbaus neu errichtet werden. Hierzu sind ebenfalls neue Fundamente für die Masten notwendig, es müssen massive Kabelleerrohre verlegt und Kabelzugschächte erstellt werden.
Um das hohe Verkehrsaufkommen während der Bauarbeiten bewältigen zu können, sind umfangreiche Verkehrssicherungs- und -umleitungsmaßnahmen erforderlich. Bei der Planung der Bauarbeiten standen deshalb zwei Szenarien zur Debatte: eine kurze Bauphase mit konsequenter Vollsperrung oder eine Ausführung unter laufendem Verkehr.
Aufgrund der großen Bedeutung der Daimler-Kreuzung entschied sich das Landratsamt für eine Überarbeitung des Knotenpunktes in zwei Bauabschnitten.
In der ersten Bauphase wird die westliche Seite der Kreuzung in Richtung der Bundesstraße B 464 umgestaltet. Diese Arbeiten wurden bis Ende Juni 2019 abgeschlossen. Bis September folgen dann die östliche Seite des Knotenpunktes und abschließend die neu ergänzte Rechtsabbiegespur von Daimler kommend in Richtung Bundesstraße.
Das gewählte Bauausführungskonzept hält den Verkehr vom Daimler-Werk aus in alle Richtungen offen, was dem Autobauer, der von Beginn an in die Planung einbezogen war, auch sehr wichtig ist.
Begonnen haben die Arbeiten an der Kreuzung mit der Anlage der neuen großformatigen Betonrinnen-Straßenentwässerung sowie Schächten und Fundamenten. Die Kreisstraße K 1073 ist die einzige im Landkreis Böblingen, die teilweise vierstreifig ist. Bereits 2016 hat der Landkreis in Vorbereitung auf die Maßnahme „Daimler-Kreuzung“ die Hauptkanäle der Straßenentwässerung entlang der Straße aufwendig mittels Inliner- oder Robotertechnik in geschlossener Bauweise saniert.
Der neue Straßenbelag wird in Beton ausgeführt und nicht, wie es die übliche Planungstradition vermuten lässt, aus Asphalt. So bleiben die Fahrbahnen über Jahrzehnte in der Lage, die extremen Anforderungen aus dem darüber rollenden Schwerlastverkehr auszuhalten, ohne dass größere Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund von Verdrückungen des Asphaltbelages und den daraus resultierenden Spurrinnen in dieser Zeit notwendig werden.
Das Straßenbauamt des Landkreises Böblingen hat den Kreuzungsumbau federführend geplant. Während Beton bei Autobahnen, Rastplätzen, Busbahnhöfen und Kreisverkehren schon länger ausgeschrieben und ausgeführt wird, kommt er bislang in Kreuzungsbereichen kaum zum Einsatz. Für die Region ist diese Maßnahme daher eine Premiere.
Die Nutzungsdauer bei einer Betonfahrbahn ist wesentlich höher als bei herkömmlichem Asphalt. Beton widersteht den hohen Schub-, Radial- und Bremskräften der Lastwagen besonders gut, ohne sich zu verformen. Spurrinnen mit hoher Wasseransammlung kennt die Betonfahrbahnoberfläche nicht.
Die zu bewältigenden Aufgabenstellungen für die am Bau Beteiligten sind zukunftsweisende Herausforderungen. Neben der Verkehrsleitplanung trifft dies vor allem auf technische Details zu. So wird ein Betonstraßenfertiger zum Einsatz kommen, um eine schnelle Bauzeit und eine sehr ebene Oberfläche zu erreichen. Auch die wechselnden Fahrbahnbreiten, das wechselnde Gefälle und Fahrbahnneigungen, Schachteinbauten und der angrenzende Verkehr bei einer halbseitigen Sperrung mit einer sicheren Fußgänger- und Radfahrerführung durch das Baufeld sind weitere planerische Aufgaben.
Die Bauabschnitte sind so angelegt, dass der bis zu zehn Meter lange Betonstraßenfertiger die Hauptachsen am Stück herstellen kann. Die Betonfahrbahnplatte wird mindestens 26 Zentimeter dick und ist mit sechzig Millimeter langen Polypropylenfasern verstärkt. Diese dienen als eine Art Mikrobewehrung, welche die Widerstandsfähigkeit des Betons erhöht und somit die Rissanfälligkeit reduziert.
Für den beschriebenen Kreuzungsbereich wird Transportbeton – Luftporenbeton C30/37 – verbaut werden, mit einer Druckfestigkeit von mindestens 37 N/mm² und einer geforderten Biegezugfestigkeit von 4,5 N/mm² jeweils nach 28 Tagen.
Dieser sogenannte Luftporenbeton mit durchschnittlich 5,5 % künstlich eingebrachten Luftporen erzeugt einen Widerstand gegen die Umwelteinflüsse „Frost, hohe Wassersättigung mit Taumittel“ bei Betonstraßen und wird fachsprachlich mit der Expositionsklasse XF4 beschrieben. Die für das bloße Auge nicht erkennbaren künstlichen Luftporen garantieren, dass in den Beton eindringendes Wasser (Kapillarwirkung) beim Gefrieren ausreichend Platz zum Ausdehnen hat und die Betonoberfläche durch die Eisbildung und der damit verbundenen Volumenvergrößerung nicht abplatzt.
Zusätzlich unterbrechen die Luftporen den Kapillarsog, wodurch ein tieferes Eindringen von Wasser in den Betonquerschnitt vermieden wird. Eventuelle, nicht einsehbare Schädigungen im Inneren der Betonfahrbahndecke sind somit ausgeschlossen.
Interessant ist auch der Einsatz einer sogenannten „WS“ geprüften Gesteinskörnung für den Beton. Beton mit der Feuchtigkeitsklasse „WS“ (feucht + Alkalizufuhr von außen + dynamische Belastung) erfordert diese speziell geprüfte Gesteinskörnung, um eine Alkalikieselsäure-Reaktion (AKR) zu vermeiden.
Bei Anwendung des im Regelwerk diktierten Verfahrens V2 „WS-Grundprüfung“ bedeutet dies den Einsatz einer Gesteinskörnung, welche in der sogenannten BASt-Liste aufgeführt und damit entsprechend zur Verwendung im Betonstraßenbau geprüft ist.
Um mit all diesen Parametern eine geeignete, vor Ort einbaubare und funktionierende Betonrezeptur zu entwickeln, wird vorab eine Eignungsprüfung im beauftragten Transportbetonwerk gefahren. Diese entspricht den Empfehlungen des M VaB (M VaB – Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton) – mit Bezug auf das Regelwerk der ZTV Beton-Stb 07.
Die eigentlichen Straßenarbeiten begannen im Mai 2019. Zunächst musste der komplette bestehende Asphaltbelag herausgefräst werden. Im Anschluss konnte dann der Unterbau mit Schotter profiliert werden, bevor schließlich der Betonfertiger auf einer zuvor erstellten Tragschicht aus Asphalt von acht Zentimetern Dicke zum Einsatz kommen wird.
Das Landratsamt Böblingen begleitet die Umbaumaßnahmen mit ihrem unbemannten Flugsystem (Drohne) und führt Kontrollmessungen durch. Der Einsatz einer Drohne ist besonders geeignet bei gefährlichen und unzugänglichen Objekten. Damit sind die Mitarbeiter nicht mehr im fließenden Verkehr unterwegs. Mit einem Flug wird die komplette Situation erfasst und kann für die verschiedensten Bedürfnisse ausgewertet werden.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2019 September/Oktober