Jahrhundertbaustoff Beton

Beliebig formbar, druckfest und dauerhaft

Beitrag von Dr.-Ing. Diethelm Bosold und Dipl.-Ing. Alexander Grünewald, InformationsZentrum Beton GmbH

Kein Baustoff ist heute so präsent wie Beton. Ob für den Bau von Straßen, Brücken, Staudämmen, Tunneln, Hochhäusern, Gewerbe-, Bildungs- sowie Kulturgebäuden als auch im Wohnungsbau – Beton ist das meistgenutzte Material weltweit. So vielfältig wie die Anwendungsgebiete sind, so unterschiedlich sind auch die verschiedenen Arten und Formen des Betons, die in diesem Bericht näher beleuchtet werden.

Vielseitige Verwendung

Beton ist ein von Menschenhand gezielt hergestellter Stein, der schon in Römischer Zeit Verwendung fand. Er ist ein vielfältig zusammensetzbarer, beliebig formbarer, druckfester, dauerhafter und wirtschaftlicher Baustoff. Diese Voraussetzungen und Eigenschaften ermöglichen die Herstellung verschiedenster Betonarten und Produkte; sie erschließen ihm eine Vielzahl von Anwendungsgebieten. Dazu gehören Bauteile und Bauwerke des Hoch- und Tiefbaus z. B. für das Wohnen, die Mobilität, die Kommunikation, die Freizeit, den Umweltschutz und vieles andere mehr. Fast kein Bauwerk kommt heute ohne Bauteile aus Beton aus. Für seine Herstellung und Anwendung gibt es spezielle Bauvorschriften und technische Regelwerke.

Historische Entwicklung

Bereits vor Hunderttausenden von Jahren hat die Natur einen Beton hervorgebracht, der in seinem Aussehen und seinen Eigenschaften dem heutigen Werkstoff sehr ähnlich ist. Dieser „Naturbeton“ wird als Nagelfluh bezeichnet und ist ein häufig mit kalkigen Bindemitteln zu einem druckfesten Konglomerat verklebtes Geröll. Nagelfluh wurde schon im Altertum in großformatigen Blöcken als Baumaterial verwendet und findet noch heute Anwendung z. B. bei der Herstellung von Fassaden und Bodenbelägen.

Römischer Beton ist der unmittelbare Vorläufer des heutigen Baustoffs. Als „Opus Caementitium“ benannt, war er der wichtigste Baustoff der römischen Kaiserzeit [1]. Römische Baumeister der Antike brannten Kalk, mischten ihn mit Steinen, Sand sowie Wasser und bei hohen Anforderungen an die Wasserbeständigkeit auch mit Puzzolanerde oder Ziegelmehl. Sie bauten damit Mauern, Brücken, Wasserleitungen (Aquädukte), Theater, Häfen und Straßen.

Ein beeindruckendes Beispiel römischer Baukunst aus Beton ist das unter Hadrian ca. 118 bis 125 n. Chr. erbaute und in hervorragendem Zustand erhaltene Pantheon in Rom. Die Kuppel aus römischem Leichtbeton hat eine vorher nie gewagte Spannweite von 43 m. Heute bieten Transportbeton- und Mörtelwerke sowie Betonwaren- und -fertigteilwerke eine breite Palette von Betonsorten und zementgebundene Produkte, Werksteine sowie vorgefertigte Bauelemente für die verschiedensten Bauaufgaben und Anwendungsgebiete an.

Bestandteile des Betons

Die Bestandteile bzw. Ausgangstoffe von Beton sind Zement, Gesteinskörnung, Wasser und gegebenenfalls Betonzusätze. Zement ist ein hydraulisches Bindemittel. Mit Wasser vermischt bildet er Zementleim, der durch Hydratation (Wasserbindung) sowohl an der Luft als auch unter Wasser erhärtet und auch unter Wasser dauerhaft seine Festigkeit behält. Eine wesentliche Eigenschaft ist seine Druckfestigkeit.

Zement gibt es in verschiedenen Zement-Festigkeitsklassen, mit unterschiedlicher Anfangsfestigkeit, Festigkeitsentwicklung und Endfestigkeit. Darüber hinaus gibt es Zemente mit besonderen Eigenschaften für spezielle Anwendungsgebiete, wie z. B. Zemente mit niedriger Wärmeentwicklung (LH-Zemente, engl. Low Heat) für die Herstellung massiger Betonbauteile oder solche mit hohem chemischem Widerstand gegen Sulfatangriff (SR-Zemente). Die maßgebende Zementnorm ist die europäische DIN EN 197-1 [2].

Unterschiede in der Gesteinskörnung

Gesteinskörnung für Beton ist in der Regel ein Gemisch aus natürlich gewonnenen ungebrochenen oder gebrochenen Gesteinen. Unterschieden wird zwischen normaler, leichter und rezyklierter Gesteinskörnung.

Sie können ein dichtes oder poriges Gefüge aufweisen. Kies, der z. B. aus Flüssen gewonnen wird, weist in der Regel eine naturrunde Kornform auf. Aus Steinbrüchen gewonnenes und gebrochenes Material (Splitt) hat dagegen eine kantige Form.

Durch ein abgestimmtes Zusammenfügen verschiedener Korngrößen nach Volumen- oder Gewichtsteilen entsteht ein dichtes Gesteinsgefüge, das mit Zementleim verklebt wird. Diese korngrößenabhängige Abstufung eines Korngerüstes wird als Sieblinie bezeichnet.

Das Größtkorn beträgt bei Beton meistens 8, 16, 22 oder 32 mm. Die maßgebende Norm für Gesteinskörnungen ist die DIN EN 12620 [3].

Herstellung und Zusätze von Beton

Als Wasser wird bei der Betonherstellung in der Regel Trinkwasser verwendet. Auch in der Natur vorkommende Wässer sind meistens geeignet. Die Zugabe von Restwasser aus dem Frischbetonrecycling ist in nahezu allen Transportbetonwerken Stand der Technik. Betonzusätze werden dem Beton zugegeben, um bestimmte Frisch- und/oder Festbetoneigenschaften, wie z. B. die Verarbeitungseigenschaften und die Dauerhaftigkeit gezielt zu verbessern.

Zahlreiche Betoneigenschaften sind nur durch Verwendung von Betonzusätzen möglich. Es wird unterschieden zwischen Betonzusatzmitteln und Betonzusatzstoffen. Ein Großteil aller werksmäßig hergestellten Betone werden in Deutschland unter Verwendung von Betonzusatzmitteln verarbeitet. Sie wirken chemisch und/oder physikalisch und werden in sehr geringen Mengen meist flüssig zugegeben. Die Rohstoffe sind toxikologisch unbedenklich. Betonzusatzstoffe wie z. B. Gesteinsmehle, Farbpigmente oder Flugasche werden in größeren Mengen zugegeben.

Vom Frisch- zum Festbeton

Der Zementleim ermöglicht eine beliebige Verarbeitbarkeit und Formbarkeit des Frischbetons. Die maßgebenden Anforderungen für den Frischbeton ergeben sich aus dem vorgesehenen Ablauf für das Herstellen, Transportieren und Verarbeiten des Betons. Durch chemisch-mineralogische Reaktionen des Zements mit Wasser wird aus dem Zementleim durch eine Kristallbildung Zementstein, der die einzelnen Kies- und Sandkörner umhüllt und damit das Betongefüge fest verbindet. Das Massenverhältnis von Wassergehalt (w) zu Zementgehalt (z) wird als Wasserzementwert (w/z-Wert) bezeichnet. Er ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Druckfestigkeit des Betons, aber auch für die Dichtigkeit (Porosität) des Zementsteins und damit für viele Festbetoneigenschaften und die Dauerhaftigkeit von Betonbauteilen.

Die Anforderungen an den Festbeton ergeben sich in der Regel aus den Beanspruchungen durch Lasten, die auf das herzustellende Bauwerk bzw. Bauteil einwirken, und aus dem späteren Verwendungszweck.

Betonarten

Normalbeton wird umgangssprachlich kurz als Beton bezeichnet und in der Regel unter Verwendung von in der Natur vorkommenden Gesteinskörnungen hergestellt. Er ist universell im Wasser-, Verkehrs-, Brücken-, Wohnungs- sowie Industrie- und Gewerbebau einsetzbar. Normalbeton ist die am häufigsten verwendete Betonart. Leichtbeton wird für wärmedämmende Bauteile im Wohnungsbau verwendet sowie dort, wo für Transport, Montage oder Gebrauch ein leichter Beton benötigt wird.

Konstruktiver Leichtbeton hat immer ein geschlossenes, dichtes Gefüge. Bei haufwerksporigem Leichtbeton (= Beton, der durch Hohlräume zwischen den Gesteinskörnern gekennzeichnet ist) sind die Gesteinskörner vom Zementmörtel umhüllt und berühren sich in dichtester Lage nur punktförmig. Die Anwendungsgebiete von haufwerksporigem Leichtbeton sind unbewehrte Wände, Mauersteine und Platten.

Schwerbeton wird zumeist als Strahlenschutzbeton zur Abschirmung von z. B. Röntgenstrahlung im medizinischen Bereich verwendet. Weitere Anwendungen sind Ballastgewichte in Schiffen oder Kontergewichte bei Kränen und Brückenwiderlagern.

Eigenschaften von Beton

Eine der wichtigsten Eigenschaften des Betons ist seine Festigkeit, vor allem seine Druckfestigkeit. Sie ist die wichtigste Bemessungsgröße des Tragwerkplaners für tragende Bauteile. Nach der Druckfestigkeit wird der Werkstoff verschiedenen Betonfestigkeitsklassen zugeordnet. Nach aktueller Norm [4] ist die Bezeichnung für die Druckfestigkeit z. B. C 25/30, wobei C für concrete (engl. Beton) und die Zahlen für die Druckfestigkeit in N/mm² gemessen an unterschiedlichen Probekörpern steht. Hierzu müssen geeignete Annahmen für die zu erwartenden Umwelteinwirkungen getroffen werden.

In den aktuellen Normen sind die Anforderungen an den Beton in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen durch die Expositionsklassen festgelegt. Expositionsklassen beschreiben die Einwirkungen der Umgebung auf den Beton. Für die Festlegungen der Dauerhaftigkeit stehen insgesamt sieben Expositionsklassen zur Verfügung, die jeweils in bis zu vier Stufen untergliedert sind. Unterschieden werden Einwirkungen auf die Bewehrung im Beton (Bewehrungskorrosion z. B. Karbonatisierung, Chlorideinwirkung) sowie auf den Beton selbst (Betonangriff, z. B. Frost, chemischer Angriff, Verschleiß)

Geltende Normen und Regelwerke

Der Betonbau ist eine weitestgehend geregelte Bauweise. Die maßgebenden Normen für den Betonbau sind die DIN EN 1992 (Bemessung) [4] und DIN EN 206 [5] in Verbindung mit DIN 1045-2 (Baustoff Beton) [6]. Darüber hinaus gelten für die vielfältigen Anwendungen von Beton, Betonfertigteilen, Betonwaren und zementgebundenen Produkten spezielle technische Regelwerke.

Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit

Bauliche Maßnahmen sind unerlässlich, um die Bedürfnisse einer modernen Gesellschaft zufriedenzustellen. Der Schutz der Umwelt bei baulichen Anlagen gehört zu den wesentlichen Anforderungen, sowohl des europäischen Rechts als auch der nationalen Bauordnungen. Neben der Betrachtung der unmittelbaren Umgebung eines Bauwerks rücken die Auswirkungen des Bauens auf die regionale und globale Umwelt und damit auf die natürlichen Lebensgrundlagen immer stärker in das öffentliche Bewusstsein. Dabei sind sowohl die Umweltbelastungen als auch die Umweltentlastungen, die mit der Herstellung und Nutzung von Baustoffen bzw. Bauwerken verbunden sind, zu berücksichtigen.

Umweltentlastungen entstehen z. B. durch den Einsatz geeigneter sekundärer Roh- und Brennstoffe bei der Zementherstellung sowie durch die Verwertung industrieller Nebenprodukte und Recyclingmaterialien bei der Zement- und Betonproduktion. Wesentliche Voraussetzung für den Einsatz dieser Stoffe ist, dass sie weder zu einer Umweltbelastung bei der Zementherstellung noch zu einer Beeinträchtigung der bautechnischen und umweltrelevanten Eigenschaften des Zements bzw. des Betons führen [7].

Anwendungsgebiete des Betons

Beton ist der am meisten genutzte Baustoff weltweit. Ohne Beton ist unsere moderne Infrastruktur kaum vorstellbar. Die Einsatzgebiete sind sehr vielfältig.

  • Ingenieurbau

Im Ingenieurbau wird Beton eingesetzt bei Staudämmen, Brücken, Tunnelanlagen, Schleusen, Türmen, Windkraftanlagen, Rohren, Kläranlagen, Auffangflächen wie bei Tankstellen, im Straßenbau und vieles andere mehr.

  • Hochbau

Zum Hochbau gehören u. a. Wohnungsbau, Hochhäuser sowie Gewerbe- und Hallenbau inkl. Industrieböden. Typische Einsatzgebiete im Wohnungsbau sind Fundamente, Sohlen, Wände, Decken, Balkone und Treppenläufe.

  • Gestaltung

Zur Gestaltung gehören Sichtbeton, Betonpflaster, Betonmöbel und Ausbauprodukte wie z. B. Betonwerksteinplatten. Für den Außenbereich gibt es eine große Bandbreite von vorgefertigten Produkten wie z. B. Winkelstützwände, Palisaden, Pflastersteine, Gehwegplatten, Bordsteine etc. Hier erreicht man mit farbigen Kiesen und Sanden, mit eingefärbtem Zementstein sowie mit einer Oberflächenbearbeitung einen optisch hochwertigen und strapazierfähigen Bodenbelag.

Literatur

[1] Lamprecht, H.-O., Opus Caementitium – Die Bautechnik der Römer (Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf)
[2] DIN EN 197-1 Zement – Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement
[3] DIN EN 12620 Gesteinskörnungen für Beton – Normale und schwere Gesteinskörnungen
[4] DIN EN 1992 Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken
[5] DIN EN 206 Beton: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität
[6] DIN 1045-2 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton – Teil 2: Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität – Anwendungsregeln zu DIN EN 206
[7] Zement-Merkblätter und Schriftenreihe der Deutschen Zementindustrie

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2019 September/Oktober