Beitrag von Dipl.-Ing. Moritz Brembs, Bildungsmanager der Handwerkskammer für München und Oberbayern
In Zeiten des Klimawandels und steigender Umweltbelastungen rückt die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bauweise immer stärker in den Fokus. Eine der wichtigsten Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern, ist die energetische Gebäudesanierung.
Die energetische Sanierung von Gebäuden folgt einem ganzheitlichen Ansatz, der darauf abzielt, den Energieverbrauch zu reduzieren und die Effizienz der Gebäudehülle sowie der technischen Systeme zu verbessern. Dies umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, angefangen bei der Dämmung von Fassaden und Dächern über den Austausch veralteter Fenster und Türen bis hin zur Optimierung von Heizungs- und Kühlsystemen. Durch diese Maßnahmen kann nicht nur die Behaglichkeit gesteigert, sondern auch der Energieverbrauch drastisch gesenkt und die Betriebskosten langfristig reduziert werden.
Ein zentraler Faktor in der Förderung energieeffizienten Bauens ist das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) von 2024. Diese Novellierung hat wesentliche Auswirkungen auf die Anforderungen an Neubauten und Sanierungsprojekte. Insbesondere die Einführung der 65%- Erneuerbare-Energie-Regel für Heizsysteme markiert einen bedeutenden Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit. Demnach dürfen Heizanlagen in Gebäuden nur eingebaut werden, wenn mindestens 65% der Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugt wird. Diese Vorgabe setzt klare Standards für die Gebäudetechnik und trägt dazu bei, den Einsatz fossiler Brennstoffe zu reduzieren.
Das neue GEG hat weitreichende Auswirkungen auf den Baubereich und rückt die energetische Gebäudesanierung in den Fokus. Denn nicht nur für Neubauten, sondern auch für Bestandsgebäude gelten diese strengen Vorgaben, sobald eine kommunale Wärmeplanung veröffentlicht wird. Damit wird die Sanierung bestehender Gebäudestrukturen zu einer zentralen Herausforderung für Eigentümer und Bauunternehmen.
Um die 65%-Erneuerbare-Energie-Vorgabe gemäß dem GEG von 2024 zu erfüllen, kommen verschiedene erneuerbare Energien zum Einsatz, die zur Wärmeerzeugung in Gebäuden genutzt werden können. Die Auswahl der erneuerbaren Energien hängt von verschiedenen Faktoren wie Standort, Gebäudetyp, Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit ab.
Zu den häufigsten erneuerbaren Energiequellen gehören Solarenergie, Biomasse, Geothermie und Umweltwärme. Solarenergie nutzt Solarthermieanlagen zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung, indem Solarkollektoren Sonnenenergie absorbieren und in Wärme umwandeln. Biomasseheizungen verwenden organische Materialien wie Holzpellets oder biogene Abfälle zur Wärmeerzeugung und bieten eine nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen. Geothermische Wärmepumpen nutzen die natürliche Wärme im Erdinneren, indem sie Erdsonden oder Erdkollektoren einsetzen, um Wärme aus dem Boden zu entziehen und über eine Wärmepumpe in nutzbare Wärme umzuwandeln. Umweltwärme wird von Luftwärmepumpen genutzt, die die Umgebungsluft als Energiequelle verwenden und über einen Wärmetauscher die Wärmeenergie an das Heizsystem im Gebäude abgeben.
Diese erneuerbaren Energien können einzeln oder in Kombination miteinander eingesetzt werden, um die 65%- Erneuerbare-Vorgabe zu erfüllen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Jedoch können bei der Umstellung auf diese neuen Heizsysteme auch Herausforderungen auftreten. Zum Beispiel könnte die bestehende Gebäudestruktur nicht kompatibel sein, um Wärmepumpen zu unterstützen. Radiatorheizsysteme sind zu kleinflächig für den Einsatz von Wärmepumpen und auf höhere Betriebstemperaturen ausgelegt, typischerweise zwischen 60°C und 80°C. Wärmepumpen hingegen arbeiten am effizientesten bei niedrigeren Vorlauftemperaturen zwischen 35°C und 55°C.
Auch könnte die Gebäudedämmung unzureichend und die Heizlast zu groß für den Einsatz einer Wärmepumpe sein. Wärmepumpen arbeiten effizienter bei niedrigerem Wärmebedarf, da sie dann weniger Energie benötigen, um den Raum auf die gewünschte Temperatur zu bringen. Bei unzureichender Dämmung geht die Wärme schnell durch die Gebäudehülle verloren und die Wärmepumpe muss mehr Energie aufwenden, um den Raum zu heizen. Dies kann zu ineffizienten Heizsystemen führen. In solchen und vielen anderen Fällen sind umfassende Maßnahmen zur energetischen Sanierung erforderlich, um die Gebäudeinfrastruktur für die Nutzung erneuerbarer Energien vorzubereiten und den Anforderungen des GEG 2024 gerecht zu werden.
Je nach Gebäude können verschiedene Schritte angebracht sein, um den Energieverbrauch zu senken und die Effizienz der Gebäudehülle zu verbessern. So können beispielsweise Maßnahmen wie die Wärmedämmung von Heizkörpernischen und Decken unbeheizter Keller oder das Einblasen von Dämmstoffen in Wand- oder Deckenhohlräume ebenso wie Maßnahmen zur Verbesserung der Luftdichtheit und die Installation einer Lüftungsanlage zur Umsetzung eines effizienten Lüftungskonzeptes maßgeblich zur Verbesserung der Energiebilanz von Gebäuden beitragen.
Die finanziellen Herausforderungen bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen sind oft ein zentrales Thema für Eigentümer. Daher spielen Förderprogramme und finanzielle Anreize eine entscheidende Rolle, um die energetische Gebäudesanierung zu unterstützen.
Diese können z.B. in Form von Zuschüssen oder zinsgünstigen Krediten gewährt werden. Durch diese Anreize sollen Eigentümer ermutigt werden, in energieeffiziente Maßnahmen zu investieren und so zur Erreichung unserer Klimaschutzziele beizutragen.
Technologische Entwicklungen spielen eine immer wichtigere Rolle bei der energetischen Gebäudesanierung. Intelligente Gebäudeautomatisierungssysteme, energieeffiziente Heiz- und Kühlsysteme sowie innovative Baumaterialien und Konstruktionsmethoden tragen dazu bei, die Energieeffizienz von Gebäuden weiter zu steigern. Darüber hinaus ermöglichen fortschrittliche Analyse- und Simulationswerkzeuge eine präzisere Planung und Umsetzung von Sanierungsprojekten, was zu einer optimierten Ressourcennutzung führt.
Im Zuge der energetischen Gebäudesanierung stehen zahlreiche Herausforderungen bevor. Neben der Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen erfordern die Komplexität der Planung und Umsetzung sowie die Notwendigkeit einer umfassenden Sensibilisierung der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit. Trotz dieser Hürden bietet die Sanierung von Gebäuden beträchtliche Chancen. Sie trägt nicht nur zur Energieeinsparung und zum Umweltschutz bei, sondern auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, zur Verbesserung des Wohnkomforts und zur Steigerung des Immobilienwerts. Auf diese Weise leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Schaffung einer nachhaltigeren und lebenswerteren Welt für kommende Generationen.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 04/2024 JUL/AUG