IT-Refurbishing – ein zweites Leben für Laptops und Handys

Kreislaufwirtschaft statt Wegwerfgesellschaft

Beitrag von Sina Grimm, AfB gGmbH

Kaum jemand käme auf die Idee, einen gebrauchten Firmenwagen in gutem Zustand zu verschrotten. Aber genau das geschieht häufig mit gebrauchter Firmenhardware, wie Geschäftshandys und -laptops. Dazu kommen etwa 200 Millionen Handys, die in Deutschen Schubladen schlummern. Eine ökologische Lösung bieten ITRefurbisher, die die Geräte aufbereiten und wiederverkaufen.

Der führende IT-Refurbisher in Deutschland ist AfB social & green IT, ein anerkanntes Inklusionsunternehmen, mit elf Standorten in Deutschland, darunter auch in Nürnberg. Seit 2004 ist AfB auf ein europaweit agierendes Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden herangewachsen. An diesem Beispiel sehen wir uns den Prozess und die ökologischen Wirkungsweisen von IT-Refurbishment genauer an.

Definition: Was ist Refurbishment?

„Refurbishment bedeutet aus dem Englischen übersetzt „Sanierung“. Ein refurbished Handy wurde schon einmal verwendet und vom Händler überprüft, gereinigt und ggf. aufgerüstet. Die Daten, die sich ursprünglich darauf befanden, wurden unwiderruflich gelöscht. Kunden erwerben ein generalüberholtes Gerät. 

Ziel des IT-Refurbishments ist es, die Nutzungsdauer des jeweiligen Geräts zu verlängern, um Neuproduktionen und die damit verbundene Umweltbelastung zu reduzieren.

Refurbishment“ ist kein geschützter Begriff. Daher ist es wichtig, auf Zertifizierungen und unabhängige Auszeichnungen zu achten, die die Seriosität des Anbieters unterstreichen. Unsere Beispielfirma AfB social & green IT arbeitet mit TÜV-geprüftem Qualitäts- und Umweltmanagement (ISO 9001 und ISO 14001), ist zertifiziert als Entsorgungsfachbetrieb und Microsoft Authorized Refurbisher. Zudem wurde sie mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Der Prozess: Von der Abholung bis zum Wiederverkauf

Ein Refurbisher errichtet aus der Einbahnstraße „Make - Use - Waste“ ein zirkuläres Wirtschaftsmodell „Make - Use - Reuse“. AfB übernimmt in erster Linie gebrauchte IT- und Mobilgeräte von großen Unternehmen wie Siemens oder Schaeffler Technologies. An 20 Standorten in fünf Ländern Europas wurden 2020 mehr als 472.000 IT- und Mobilgeräte von mehr als 800 Unternehmen bearbeitet. Die Wiedervermarktungsquote über alle Kooperationen und Produktgruppen hinweg betrug 68 %. So sieht der Prozess der IT-Aufarbeitung bei AfB social & green IT konkret aus:

 

Abholung und Wareneingang: Datensicherheit hat für Firmen, die ihre Hardware AfB anvertrauen, oberste Priorität. Die Firma stellt daher abschließbare und gefahrgutkonforme Transportbehältnisse zur Verfügung, die über ein eigenes Logistiknetz und durch DSGVO-geschultes Personal zur nächsten Niederlassung transportiert werden. Abgeholte Ware wird nach einer Zugangskontrolle videoüberwacht ausgeladen: AfB verfügt über mehr als 34.000 m2 Fläche für Lager, Erfassung und Produktion. Nun wird der Security-Check als Gegenabgleich ausgefüllt, jedes Gerät erhält eine LogID als Barcode-Label und ist damit identifizierbar und nachverfolgbar.

Gerätetest und Datenlöschung: Hier wird entschieden, ob ein Gerät funktionsfähig oder reparaturbedürftig ist oder als Ersatzteilspender bzw. in der Rohstoffwiedergewinnung Verwendung findet. Die Geräte werden getestet und dokumentiert. Kann ein Gerät weitervermarktet werden, geht es in die zertifizierte Datenvernichtung mit der weltweit anerkannten Löschsoftware Blancco mit Komponenten-Erkennung und auditfähigen Löschberichten. Damit kann AfB gewährleisten, dass unterschiedliche Arten von Datenträgern (z.B. HDDs, SSDs, Mobilgeräte) stets nach den aktuellsten und sichersten Methoden gelöscht und automatisiert Protokolle erstellt werden. Aus Geräten, die recycelt werden, werden sämtliche Datenträger ausgebaut und diese mechanisch mittels hauseigenem Festplattenschredder nach DIN 66399 bis Schutzklasse 3 zerstört.

Aufarbeitung/Refurbishing: Alle wiedervermarktungsfähigen Geräte werden zunächst gründlich und fachgerecht gereinigt. Bei Bedarf repariert oder rüstet ein IT-Techniker sie auf. Im Deployment erhalten die Geräte das neueste Betriebssystem (aktuell Windows 10 Home oder Professional) sowie Lizenzaufkleber. Da AfB als „Microsoft Authorized Refurbisher“ (MAR) autorisiert ist, können auf allen generalüberholten Geräten rechtssichere Windows-Lizenzen verwendet werden.

Remarketing: Der Verkauf der refurbished IT erfolgt vor allem an Privatkunden (Endkunden, Schulen und Non-Profit-Organisationen), ergänzt um kleine Unternehmen und geprüfte Händler. Die neuwertigen Geräte sind bis zu 40 % günstiger als Neuware und haben mindestens 12 Monate Garantie. Als Verkaufskanäle nutzt AfB 13 eigene Ladengeschäfte, vier Onlineshops, Amazon, eBay, Stifterhelfen.de und andere Online-Portale. Zudem veranstaltet AfB Verkaufsevents mit Pop-Up-Stores bei Partnerunternehmen vor Ort. Oftmals wird ein Teil der übergebenen IT-Geräte im Namen der AfB-Partnerfirma an Schulen o.Ä. gespendet.

Die Umwelt dankt dem Refurbishing

Der ökologische Beitrag von IT-Refurbishing für das Klima ist beachtlich. Allein im Jahr 2020 konnte AfB durch IT-Remarketing den CO2 -Verbrauch von 20.570 Flugreisen von Berlin nach New York und zurück einsparen (konkret: 43.200 CO2 -Äquivalente). Darüber hinaus wurde auch der Verbrauch von 300 Mio. Liter Wasser und 24.700 Tonnen Rohstoffen (in Eisen-äqu.) im Vergleich zur Neuproduktion vermieden. Der Grund: Die Produktion von neuen ITund Mobilgeräten verbraucht Unmengen an u.a. Wasser sowie wertvollen Ressourcen, wie z.B. Kupfer, Silber, Gold, Palladium und Kobalt. Hinzu kommt der CO2 - Ausstoß, der bei der IT-Herstellung höher ist als über die gesamte Nutzungsdauer des Geräts hinweg. Durch fachgerechte Zerlegung und die Übergabe an zertifizierte Recyclingbetriebe können enthaltene Roh- und Wertstoffe zurückgewonnen und dem Wirtschaftskreislauf erneut zugeführt werden. So werden illegale Elektroschrottexporte in den globalen Süden vermieden. Partner-Unternehmen der AfB erhalten die eingesparten Ressourcen wissenschaftlich fundiert ausgewiesen und können diese Werte auf ihrem Weg zur Klimaneutralität kostenmindernd in die Klima- und Abfallbilanz einfließen lassen.

Info

AfB ist Spezialist in Sachen IT-Remarketing und Datenlöschung und somit im Bereich „Green IT“. Darüber hinaus ist AfB ist ein Inklusionsunternehmen und verbindet so ökologische und soziale Nachhaltigkeit. AfB steht für „Arbeit für Menschen mit Behinderung“ und ist mit 20 Standorten Europas größte gemeinnützige ITFirma. Von rund 500 MitarbeiterInnen sind etwa 45 % schwerbehindert. Alle Prozessschritte und öffentlichen Räume sind barrierefrei gestaltet, denn die Mitarbeitenden arbeiten in gemischten Teams. Entsprechend der Gemeinnützigkeit der Firma werden finanzielle Überschüsse in den Ausbau von inklusiven Arbeitsplätzen reinvestiert.

Für dieses sozialökologische Geschäftsmodell wurde die Firma mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 in der Kategorie „Gesellschaft + Fairness“ und mit dem Inklusionspreis NRW. Im vergangenen Jahr wurde AfB als Europäisches Sozialunternehmen des Jahres ausgezeichnet und mit dem Sustainability Heroes Award in der Kategorie „Circular Economy“. Zudem erfüllt AfB sieben von 17 UN-Nachhaltigkeitszielen, die von den Vereinten Nationen definiert wurden. Beratung und weitere Informationen unter www.afb-group.de

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 MAI/JUN