Ressourcen im Kreislauf

Beitrag von Frank Dittmann

Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ rückte in den vergangenen Jahren verstärkt in den öffentlichen Diskurs. Die dahinterstehenden Ideen haben aber eine längere Geschichte.

Wachstum versus Nachhaltigkeit

Agrargesellschaften lebten seit jeher im engen Austausch mit der Natur. Brennstoffe zum Kochen und Heizen sammelten die Menschen in ihrer Umgebung. Energie in Form von menschlicher oder tierischer Muskelkraft stammte von der bewirtschafteten Fläche, auf denen Nahrungs- und Futtermittel wuchsen. Die Natur lieferte zudem viele Grundmaterialien für wirtschaftliche Aktivitäten. Am Ende wurden die meist biologischen Abfälle wieder auf die Felder zurückgeführt. Aber nicht alle Gesellschaften konnten einen ausgeglichenen Austausch mit der umgebenden Natur etablieren. So wird der Untergang der Kultur auf den Osterinseln oder jener der Maya auch damit erklärt, dass diese ihre Umwelt übernutzt hätten. In Europa entwickelte 1713 der Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz das Prinzip der Nachhaltigkeit, indem er darauf hinwies, dass man in einem Forst nicht mehr Holz schlagen dürfe, als nachwächst, wenn der Wald erhalten bleiben solle.

 

Karl Marx beschrieb im Kapital den Arbeitsprozess als Stoffwechselvorgang mit der Natur, wobei die kapitalistische Gesellschaft eine enorme Wachstumsdynamik in Gang setzt. 100 Jahre nach Erscheinen des 1. Bandes dieser fundamentalen Analyse konstatierte der Club of Rome 1972 eine in der Öffentlichkeit intensiv diskutierte Kritik am ungezügelten Wachstum [1]. Seither reißt die Debatte nicht ab. Einflussreich war hier die 1983 gegründete Weltkommission für Umwelt und Entwicklung unter Vorsitz der ehemaligen norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland. Im Bericht der Kommission von 1987 [2] heißt es: „Dauerhafte Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“

Das in dieser Zeit entwickelte Konzept der „ökologischen Modernisierung“ überwand die polarisierenden Debatten zu den Grenzen des Wachstums, bei der sich „grüne“ Wachstumskritiker und Verteidiger der klassischen Wirtschaftsentwicklung unversöhnlich gegenüberstanden. Man kann, so die Einsicht, die Industrialisierungsgeschichte weder stoppen noch rückgängig machen, aber man kann vorhandene Freiheitsgrade für Anpassungen nutzen. Neben der Suche nach neuen technischen Lösungen und dem Einsatz finanzieller und juristischen Steuerinstrumente, war und ist es aber wichtig, allzu alarmistische Aussagen zu vermeiden und positive Zukunftsszenarien zu entwickeln, um ein Großteil der Bevölkerung mitzunehmen [3].

Kreislaufwirtschaft

Neben Politikern und Öko-Aktivisten wandten sich viele Wissenschaftler der Frage zu, wie das etablierte Wirtschaftssystem verändert werden kann und soll. So setzten sich etwa die britischen Wirtschaftswissenschaftler David W. Pearce und R. Kerry Turner in ihrem 1990 erschienenen Buch [4] mit der „circular economy“ auseinander, die im Gegensatz zur heute noch vorherrschenden Linearwirtschaft steht. Ziel ist es, den Wert von Produkten und Ressourcen so lange wie möglich zu erhalten, den Einsatz neuer Ressourcen zu minimieren und dabei möglichst wenig Abfall zu erzeugen. Technisch erreicht werden kann dies durch weitreichendes Recycling. Im Gegensatz zum heute noch vielfach üblichen Downcycling sollten über eine sog. Kaskadennutzung die Rohstoffe bzw. daraus hergestellte Produkte so lange wie möglich Verwendung finden.

Allgemein bekannt wurde das Cradle-toCradle-Prinzip („Von der Wiege zur Wiege“, d. h. „Abfälle“ eines Produktlebenszyklus‘ werden zum Ausgangpunkt eines neuen Produktionsprozesses), das der deutsche Chemiker Michael Braungart und der US-amerikanische Architekt William McDonough Ende der 1990er-Jahre entwickelt hatte [5] (s. Abb.). Ziel ist hier das Erreichen von Öko-Effektivität, also Produkte, die entweder als „biologische Nährstoffe“ einfach in die Umwelt zurückgeführt werden können oder deren Bestandteile als „technische Nährstoffe“ in technische Kreisläufe zurückkehren.

Literatur

[1] Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart 1972

[2] World Commission on Environment and Development: Our Common Future. Oxford 1987

[3] Wackernagel, M. Rees, W.: Unser ökologischer Fußabdruck. Wie der Mensch Einfluß auf die Umwelt nimmt. Basel, 1997

[4] Pearce, D. W.; Turner, R. K.: Economics of Natural Resources and the Environment. Baltimore1990

[5] Braungart, M; McDonough, W. Einfach intelligent produzieren. Cradle to cradle. Berlin 2005

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 MAI/JUN