Kreislaufwirtschaft im Überblick

Definition, Ziele, Ansätze und Nutzenpotenziale

Beitrag von Dr. Dina Barbian, Institut für Nachhaltigkeit, Nürnberg

Seit Beginn der Industrialisierung herrschen in den Wertschöpfungsketten lineare Prozesse vor, die dazu geführt haben, dass anfallende Abfallstoffe größtenteils entsorgt bzw. deponiert wurden. Dies hat zu einem hohen Umwelt- und Ressourcenverbrauch geführt. In den letzten Jahren sind die Preise für Primärrohstoffe auf den Weltmärkten stark geschwankt und oft besteht eine Abhängigkeit von nur einem oder wenigen Förderländern, sodass die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft in jedem Fall wirtschaftlich sinnvoll wäre. Die Corona-Krise hat zudem viele Unternehmen mit Lieferengpässen konfrontiert. Durch die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft wäre man unabhängiger von krisenbedingten Lieferschwierigkeiten.

Was heißt „Kreislaufwirtschaft“?

In einer Kreislaufwirtschaft werden Abfälle (und Abwässer) nicht zurück zur Umwelt geleitet, sondern weitergenutzt und als Rohstoff erneut innerhalb der Liefer- und Wertschöpfungskette eingesetzt. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Eine Kreislaufwirtschaft dient in erster Linie der Müllreduktion, aber auch der konsequenten Vermeidung und adäquaten Deponierung von Restmüll. An erster Stelle sollte die Vermeidung (Zero Waste, „Null Müll“) stehen, denn Abfall, der erst gar nicht entsteht, kann die Umwelt nicht gefährden (s. Abb.).

Ziele einer Kreislaufwirtschaft

Bereits im Jahr 2015 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft verabschiedet. Im März 2020 wurde dieser neu aufgelegt (Europäische Kommission, 2020a). Damit soll in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Übergang zu einer kreislauforientierten Wirtschaft unterstützt werden, um innerhalb der Produktlebenszyklen (vom Abbau der Rohstoffe über die Produktion bis hin zum Gebrauch) durch mehr Recycling und Wiederverwendung die „Kreisläufe“ zu schließen. Im Februar 2021 forderte das Parlament schärfere Recyclingziele sowie verbindliche 2030-Ziele bei der Verwendung und dem Verbrauch von Materialien. Bis 2050 soll in den Mitgliedsstaaten eine CO2 -neutrale, nachhaltige und schadstofffreie Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden.

Das Schließen von Kreisläufen in Wertschöpfungsketten ist insbesondere für Europa und auch für Deutschland notwendig, denn viele Rohstoffe sind als kritisch einzustufen, weil diese entweder in Europa nicht vorkommen oder eine große wirtschaftliche Bedeutung haben. Die weltweit ungleiche Verteilung von Rohstoffen und die Konzentration der Rohstoffe auf wenige Förderländer führen dazu, dass die Versorgung mit Rohstoffen unsicherer ist. Seit 2011 gibt die EU daher im Abstand von drei Jahren einen Report zu den importierten kritischen Rohstoffen heraus. Der letzte Bericht ist aus dem Jahr 2020 (Europäische Kommission, 2020b).

Wenn Rohstoffpreise weiter steigen, könnte sich auch das Konzept des Urban Mining oder Landfill Mining (DeponieBergbau) lohnen. Hier geht es darum, alte Müllhalden und Deponien zurückzubauen, weil dort wichtige Rohstoffe vermutet werden. Noch ist diese Art von Rohstoffgewinnung ein Forschungsthema. Bisher wurden Phosphate, wiederverwertbare Kunststoffe und Metalle gefunden, darunter vor allem Eisen, Kupfer und Aluminium, aber auch Seltene Erden, die aus Autokatalysatoren, Bildschirmen oder Magneten stammen und heute unter anderem für Mobiltelefone und Flachbildschirme gebraucht werden (Hoferichter, 2014).

Auch die Vereinten Nationen haben auf einer Generalversammlung im Jahr 2015 die Wichtigkeit einer Kreislaufwirtschaft in den 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) durch das Ziel Nr. 12 hervorgehoben. Dieses Ziel widmet sich der Fragestellung, wie mit knappen Ressourcen umgegangen werden soll. Dazu ist ein tiefgreifender Wandel vorherrschender Produktions- und Konsumpraktiken notwendig. Bis 2030 soll das Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung deutlich verringert werden.

Welche Ansätze der Kreislaufwirtschaft gibt es?

Eine Umstellung zu zirkulären Prozessen kann durch verschiedene Maßnahmen gelingen. Man unterscheidet entlang der Produktlebenszykluskette verschiedene Ansätze der Kreislaufwirtschaft. Die Vermeidung von Abfallstoffen sollte hier an erster Stelle stehen, gefolgt von der Vorbereitung zur Wiederverwendung (Reuse), welche gemeinsam mit dem „Reparieren“ direkt beim Konsumenten ansetzt. Dies könnte durch ein in der derzeitig politisch geführten Diskussion um ein „Recht auf Reparatur“ noch weiter verstärkt werden. Bei der Wiederverwendung werden Güter beziehungsweise deren Bestandteile so aufbereitet, dass sie für den gleichen Zweck erneut eingesetzt werden können. Ebenfalls beim Verbraucher setzen Second-Hand-Läden, Repair-Cafés und Tauschbörsen (Sharing-Economy) an. Weitere Strategien betreffen den Produzenten. Dies sind „Re-manufacturing“ und „Re-furbishing“ (Überholung und Instandsetzung von Produkten zum Zweck der Wiederverwendung und -vermarktung). Dabei werden Teile eines Altgerätes in ein neues eingesetzt. Eine besondere Form stellt das „Retrofit“ bzw. „Reengineering“ dar. Hier werden aufbereitete Anlagenteile oder -komponenten in bestehende Maschinen oder auch Produktionsstraßen eingesetzt. Der nächste Ansatz ist das Recycling, gefolgt von der energetischen Verwertung. Unter Recycling wird dabei die stoffliche Wiederverwertung und Verarbeitung zu einem rezyklierten Rohstoff bzw. zu Rohstoffen mit einem hohen Recycling-Anteil verstanden. Erst an letzter Stelle steht die Beseitigung durch Deponierung. Detaillierte Informationen zu den einzelnen Kreislaufwirtschaftsstrategien sind in Eisenriegler (2020) und Kranert (2018) zu finden.

Nutzen durch eine Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft

Gelingt die ganzheitliche Umstellung einer Kreislaufwirtschaft, profitiert nicht nur die Umwelt davon, sondern in den neu entstehenden Kreislaufmärkten werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Zu diesem Ergebnis kommt die Prognos AG (2020) in ihrem „Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020“. Darin werden wichtige CO2 -Einsparpotenziale (bis zu 50 %) herauskristallisiert, denn die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen sind auf die Gewinnung von Ressourcen und die Verarbeitung zurückzuführen. Weitere Einsparpotenziale ergeben sich sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Produzenten (Pauly und Traufetter, 2016).

Eine Umsetzung wichtiger Schritte erfordert das Zusammenspiel wichtiger Akteure (Designer, Konsumenten, Produzenten, Staat). Auch an das Produkt werden Bedingungen angeknüpft. Dies sind Langlebigkeit, einfache Reparierbarkeit, möglichst wenige unterschiedliche Werkstoffe, möglichst standardisierte Bauteilkomponenten, leichte Montage und Demontage bzw. Austauschbarkeit einzelner Bestandteile (Modularität) sowie werkstofflich wiederverwertbare Komponenten. Zudem werden geeignete Infrastrukturen und Geschäftsmodelle benötigt, mittels derer die Stoffe gesammelt und einer Wiederverwertung zugeführt werden können. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist auch eine Veränderung gesellschaftlicher Wertvorstellungen, wie z. B. das Leasing und Sharing von Produkten, notwendig.

Fazit

Eine Kreislaufwirtschaft bietet sowohl ökonomische als auch ökologische Nutzenpotenziale. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist das Zusammenspiel wichtiger Akteure und eine Umgestaltung des Produktes notwendig. Bisher sind notwendige Schritte jedoch ausgeblieben.

Literatur:

  • Eisenriegler, S. (Hrsg.), Kreislaufwirtschaft in der EU – Eine Zwischenbilanz, Wiesbaden 2020.
  • Europäische Kommission, MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS-UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN, Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa, Brüssel 2020a [Online], (abgerufen am 28.02.2021).
  • Europäische Kommission, Studie zur EU-Liste kritischer Rohstoffe (2020) – Abschlussbericht, Luxemburg 2020b [Online], (abgerufen am 28.02.2021).
  • Hoferichter, A., Goldrausch auf der Müllhalde, in: Süddeutsche Zeitung vom 17. September 2014 [Online], URL: www.sueddeutsche. de/wissen/wertvolle-rohstoffe-goldrauschauf-der-muellhalde-1.1489806 (abgerufen am 28.02.2021).
  • Kranert, M. (Hrsg.), Einführung in die Kreislaufwirtschaft, 5. Aufl., Wiesbaden 2018.
  • Pauly, C. und Traufetter, G., Der Kreis ist heiß, in: DER SPIEGEL vom 23.01.2016, S. 38
  • - Prognos AG, Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020, Düsseldorf 2020 [Online], URL: statusbericht-kreislaufwirtschaft. de/wp-content/uploads/2020/11/2020_Statusbericht_mobil.pdf (abgerufen am 28.02.2021).

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 MAI/JUN