Gesamtenergiekonzept für die innovative Kälte- und Wärmeversorgung

Neue Energieversorgung an der Universität Bayreuth

Beitrag von Matthias Koppmann, M.Eng. Institut für Energietechnik IfE GmbH, Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden

Die Universität Bayreuth soll im Zuge einer baulichen Veränderung zukünftig durch Energie aus einem innovativen Kraft-Wärme-Kopplungs-System (KWK) versorgt werden. Grundlage dafür ist ein integrales Gesamtenergiekonzept, das in zwei Stufen umgesetzt wird. Im Beitrag wird die Technik und Umsetzung des neuen KWK-System sowie das Konzept dahinter näher vorgestellt.

Klimaschutz durch innovatives KWK-System

Die Energieversorgung der Universität Bayreuth wird durch die örtlichen Stadtwerke derzeit komplett umgebaut und unter anderem auch ein innovatives KWK-System umgesetzt. Grundlage für den zukunftsweisenden Umbau der gesamten Wärme- und Kälteerzeugung war ein integrales Gesamtenergiekonzept, welches von den Stadtwerken Bayreuth und dem Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden mit einer Förderung durch das bayerische Wirtschaftsministerium ausgearbeitet wurde.

Nach Abschluss der Umbauarbeiten im Jahr 2022 wird die Energieversorgung gegenüber dem Stand vor dem Energiekonzept jährlich rund 4.200 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen und somit einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Umfassende Analyse der Wärme- und Kälteversorgung

Um eine ökologische und ökonomische Energieversorgung der Universität Bayreuth zu sichern, wurde die Wärme- und Kälteversorgung im Rahmen eines vom bayerischen Wirtschaftsministerium geförderten Gesamtenergiekonzepts vom IfE vollumfänglich analysiert.

Die Grundlage für das Energiekonzept bildet die Analyse des weitläufigen Netzsystems für die Wärme- und Kälteversorgung. Das Gelände der Universität Bayreuth wird aus zwei Wärme-Kälte-Zentralen (WKZ Nord und WKZ Süd) versorgt, die die Stadtwerke Bayreuth betreiben. Die Versorgung des Universitätsgeländes wird über drei verschiedene Temperaturstufen in unterschiedlichen Netzsträngen sichergestellt. Die beiden Wärmenetze werden bei 50 °C bzw. 90 °C Vorlauftemperatur betrieben. Wobei letzteres hauptsächlich in den Wintermonaten betrieben wird. Der jährliche Gesamtwärmebedarf dieser beiden Wärmenetze liegt bei rund 27.000 MWh. Die Kälteversorgung erfolgt bei einer Temperatur von 6 °C mit einem jährlichen Kältebedarf von rund 6.000 MWh.

Planung der neuen Energieversorgung

Bisher wurde der Energiebedarf hauptsächlich mit Erdgaskesseln und Kompressionskältemaschinen gedeckt. Zusätzlich waren in der WKZ Süd zwei ältere Blockheizkraftwerke installiert, die aber nur für die Notversorgung des ökologisch botanischen Gartens eingesetzt wurden.

Aufbauend auf der Datenerfassung und Auswertung wurde geprüft, in welcher Form hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung oder andere innovative und klimaschonende Technologien eingesetzt werden können. Die Dimensionierung der verschiedenen Energieversorgungsvarianten wurde an den ermittelten Energiebedarf angepasst. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit wurde für alle Energieversorgungsvarianten eine Vollkostenrechnung durchgeführt.

Vorgehensweise beim Umbau

Als Ergebnis aus dem integrierten Gesamtenergiekonzept wurde eine zweistufige Vorgehensweise ermittelt:

1. Umbau und Modernisierung der WKZ SÜD

Als wirtschaftlichste Variante wurden in der WKZ Süd zwei neue Erdgas-Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von je 450 kW, ein Erdgaskessel sowie eine Power-to-Heat-Anlage umgesetzt. Diese Aggregate sind auch für die Notversorgung des ökologisch botanischen Gartens ausgelegt und bis zum November 2019 umgesetzt worden. Diese Maßnahme wurde von der Fachzeitschrift Energie & Management als BHKW des Monats Februar 2020 ausgezeichnet.

2. Erweiterung der WKZ Nord

In der WKZ Nord wird, als wirtschaftlichste Variante, ein innovatives KWK-System zusätzlich zu den Kältemaschinen und den Erdgaskesseln umgesetzt. Der vorhandene Elektrodenkessel wird in das iKWKS integriert und zukünftig weiter betrieben. Die Erweiterung der WKZ Nord ist aktuell in der Umsetzung und soll in der ersten Jahreshälfte 2021 abgeschlossen werden.

Anforderungen an iKWK-Systeme

Ein innovatives KWK-System sind laut gesetzlicher Definition energieeffiziente und treibhausarme Systeme, in denen KWK-Anlagen mit innovativen erneuerbaren Wärmeerzeugern kombiniert werden. Das System erzeugt bedarfsgerecht KWK-Strom und Wärme sowie Wärme aus erneuerbaren Energien. Die hocheffiziente KWK-Anlage muss im elektrischen Leistungsbereich von 1 bis 10 MW liegen.

Der innovative Wärmeerzeuger muss dabei eine Jahresarbeitszahl von mindestens 1,25 erreichen. Als innovativer Wärmeerzeuger können z. B. Solarthermie-Anlagen oder Wärmepumpen verwendet werden. Des Weiteren muss ein elektrischer Wärmeerzeuger für die flexible Fahrweise des iKWK-Systems vorhanden sein. Die Komponenten eines iKWKS müssen laut den Förderbedingungen übergeordnet gesteuert und geregelt werden können. Durch diese gemeinsame Steuerung kann die Strom- und Wärmenutzung bedarfsgerecht geregelt werden.

Um eine Zuschlagszahlung für ein iKWK-System zu erhalten, muss erfolgreich an einem Ausschreibungsverfahren teilgenommen werden. Die maximale Zuschlagsdauer liegt bei max. 45.000 Vollbenutzungsstunden. Je Kalenderjahr wird der Zuschlag jedoch nur für max. 3.500 Vollbenutzungsstunden gezahlt, was die bedarfsgerechte und flexible Fahrweise des iKWKS unterstützen soll.

Das neue Versorgungssystem

Den Hauptbestandteil des neuen Versorgungssystems an der Universität Bayreuth bildet ein solches innovatives KWK-System (iKWKS), das nach den Bedingungen des KWK-Gesetzes aufgebaut und betrieben wird.

Die Umsetzung in Bayreuth erfolgt in der WKZ Nord des Universitätsgeländes. Dieses iKWKS setzt sich aus einem Erdgas-Blockheizkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 3,3 MW und einer thermischen Leistung von 3,1 MW, einer Hochtemperatur-Luft-Wasser-Wärmepumpe im Leistungsbereich von ca. 1,3 MWth und den bereits bestehenden Elektrodenkesseln zusammen.

Zur Abdeckung kurzzeitiger Spitzen im Wärmbedarf werden die bestehenden Erdgaskessel weiterhin verwendet.

Intelligente Wärme- und Kälteerzeugung mit iKWKS

Aufbauend auf das iKWKS soll für die Wärme- und Kälteversorgung des gesamten Geländes im Rahmen eines Forschungsprojektes der Stadtwerke Bayreuth und des Instituts für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden sowie dem Steinbeis-Transferzentrum ATEV Bayreuth ein System entwickelt werden, mit dem alle Komponenten in einer systemdienlichen Fahrweise optimiert werden.

Durch diese systemdienliche Fahrweise soll Strom marktorientiert produziert werden, aber auch für Lastschwankungen im Stadtwerkenetz genutzt und netzstabilisierend eingesetzt werden. Das reale Betriebsverhalten des innovativen KWK-Systems als Teil der gesamten Wärme- und Kälteversorgung der Universität Bayreuth wird als Grundlage genutzt, um übergeordnet eine Steuer- und Regelstrategie zu entwickeln. Hierbei muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Vorgaben für die Förderung des iKWKS eingehalten werden.

Einbindung der Speicher und Komponenten

Eingebunden in dieses System werden die drei vorhandenen Pufferspeicher mit einem Volumen von je 800 m³. Je ein Pufferspeicher wird für eines der drei Netze genutzt. Der Stromhandel an der Börse sowie die Regelenergiebereitstellung sollen ebenfalls in das System integriert werden und Zusatzerlöse generieren. Die Komponenten werden so ausgelegt, dass Sie für die Regelenergievermarktung genutzt werden können. Zukünftige vergütete Systemdienstleistungen für die Stadtwerke sollen in das System integriert werden. Als Regelkomponenten eingebunden werden in dieses System alle Komponenten des iKWKS (Blockheizkraftwerk, Wärmepumpe und Elektrodenkessel), sowie die vorhandenen Blockheizkraftwerke und die Erdgaskessel.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Juli/August