Großtechnische Stromspeicher aus Alzenau

Energiespeicherung

Beitrag von Stefan von Westberg, CMBlu Energy AG, Alzenau

Stromspeicher spielen für das zukünftige Energiesystem eine entscheidende Rolle, denn nur mit sehr großen Speicherkapazitäten können bei zunehmendem Anteil von Wind- und Solarenergie die Netze stabil bleiben. Möglich wird das durch Redox-Flow-Batterien. Im Beitrag wird die Funktionsweise dieser Batterien erläutert und die Entwicklung von Redox-Flow-Batterien mit organischen Elektrolyten (Organic-Flow-Batterien) in einem Forschungs- und Entwicklungszentren in Alzenau vorgestellt.

Funktionsprinzip einer Redox-Flow-Batterie

Redox-Flow-Batterien bestehen aus zwei Tanks mit einer wässrigen Elektrolytlösung, einem Energiewandler und der Steuerelektronik. Im Wandler befindet sich eine Vielzahl von aneinander gereihten Zellen, man spricht daher vom "Batterie-Stack" (siehe Abbildung 1). Die Elektrolyte werden in einem geschlossenen Kreislauf durch den Wandler gepumpt, wo die Batterie durch eine elektrochemische Reaktion geladen oder entladen wird. Wegen dieses Aufwandes ist die Redox-Flow-Batterie vor allem für stationäre Großanlagen geeignet.

Von der Idee zur Marktreife

Die Idee zu Redox-Flow-Batterien mit organischen Elektrolyten (Organic-Flow-Batterien) entstand 2011. Mitgründer und Vorstandsvorsitzender der CMBlu Dr. Peter Geigle beschäftigte sich jahrzehntelang mit der Energieversorgung von Gehirnzellen.

„Wenn die Natur ausschließlich organische Moleküle nutzt, dann sollten wir diese erprobte Methode auch für großtechnische Speichertechnologien anwenden“, sagt Geigle. „Der menschliche Körper setzt über den Citratzyklus Nahrung in Energie um. Dort findet eine Redox-Reaktion auf Basis organischer Moleküle statt. Solche Ringmoleküle sind in der Lage, Energie aufzunehmen, zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben.“

Anwendungsmöglichkeiten von Organic-Flow-Batterien

In Organic-Flow-Batterien lassen sich Leistung und Kapazität unabhängig voneinander skalieren. Damit bieten sie vielseitige Anwendungsmöglichkeiten. Sie können Strom aus Wind und Sonne zwischenspeichern, glätten teure Lastspitzen in Industriebetrieben oder gleichen Netzschwankungen aus.

Auch für die Elektromobilität spielen stationäre Speicher künftig eine sehr wichtige Rolle, da die meisten Anschlusspunkte im Verteilnetz nicht die benötigten hohen Leistungen für gleichzeitiges schnelles Laden mehrerer Fahrzeuge bieten. Die Organic-Flow-Batterien ermöglichen als Pufferspeicher eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität.

In Alzenau am bayrischen Untermain befindet sich, von CMBlu Energy AG betrieben, eines der größten Forschungs- und Entwicklungszentren für Organic-Flow-Batterien weltweit. 

Zielwerte der Batterien

Für die wichtigsten Kennzahlen der Organic-Flow-Batterien sind nachfolgende Werte angestrebt:

  • Wirkungsgrad zwischen 80 und 90 %
  • Kapazität ab 500 kWh bis > 1.000 MWh
  • Leistung ab 100 kW bis > 100 MW
  • Speicherdauer 2-12 h, je nach Auslegung
  • Zyklenzahl > 10.000

Ausblick

Die Organic-Flow-Batterie steht vor ihrer Serienreife, die Markteinführung ist für 2021 geplant. Im vierten Quartal 2020 eröffnet CMBlu außerdem ein Testzentrum für diese Technologie, in dem Kunden das Speichersystem mit spezifischen Lastprofilen testen können.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Juli/August