Beitrag von Dr. José L. Lozán, Chefredakteur und Mitherausgeber der Buchreihe „Warnsignal Klima“
Der von 196 Staaten und der EU am 12. Dezember 2015 in Paris beschlossene und seit 4. November 2016 völkerrechtlich bindende Vertrag hat das Ziel, den Klimawandel zu bremsen und die Auswirkungen abzumildern. Dafür muss die Erderwärmung deutlich auf unter 2°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit be-grenzt werden. Um dies zu erreichen, müssen die Emissionen der klimarelevanten Gase „gestoppt“ werden. Damit würde sich die globale Temperatur langfristig stabilisieren. Dies kann jedoch nur schrittweise erfolgen. Das deutsche Klimaziel für 2030 ist die Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 65% im Vergleich zu 1990. Auch wenn Experten daran zweifeln, ist Deutschland nach Angaben der Bundesregierung erstmals auf dem Weg, diese Ziele zu erreichen (BMWK 2024). Bis 2045 soll in Deutschland die Treibhausgasneutralität erreicht werden. Dieses Ziel ist im deutschen Klimaschutzgesetzt verankert (Bundesregierung 2022). Die EU hat sich mit dem Europäischen Klimagesetz verpflichtet, bis 2050 treibhausgasneutral zu werden (EU 2023).
Nach dem aktuellen Wissensstand können nicht alle anthropogenen Emissionen vermieden werden. Beispielsweise können in der Landwirtschaft beim Reisanbau und der Viehzucht die Emissionen durch technische Verbesserungen und Produktionsoptimierungen reduziert – aber nicht auf Null gesenkt werden. Ähnliches kann für die Zementproduktion gesagt werden. Nach optimistischen Szenarien zur Emissionsvermeidung gelten 5% bis 15% der heutigen Emissionen bis 2050 als sogenannte schwer vermeidbare Restemissionen. Sie müssen kompensiert werden, um die erwünschten „Netto-Null-Emissionen“ zu erreichen.
In diesem Sinn bedeutet Treibhausgasneutralität, dass nach den Reduktionen der Emissionen ein Gleichgewicht zwischen den unvermeidbaren Emissionen von Treibhausgasen und einer technischen CO2-Entnahme aus der Atmosphäre hergestellt werden muss. Daher impliziert die Einhaltung des Klimaübereinkommens von Paris den Einsatz technischer Methoden, um die Treibhausgasneutralität zu erreichen. Man hat den Begriff „Netto-Null“ eingeführt. Das bedeutet, dass alle unvermeidbaren Treibhausgas-Emissionen durch Negative Emissionen zu kompensieren sind. Negative Emissionen werden durch den Einsatz von CO2-Entnahmemethoden aus der Atmosphäre ermöglicht.
Die Verfahren zur Verringerung der CO2-Konzentration der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal – CDR) sind ein zentraler Teil des sogenannten Climate-Engineering (CE) früher auch als Geo-Engineering bekannt. CDR-Methoden wollen der Atmosphäre CO2 entziehen und dauerhaft in anderen Reservoiren speichern (Negative Emissions-Technologien, NETs). Das der Atmosphäre entzogene CO2 kann mehr oder weniger dauerhaft in Böden, der Erdkruste oder unter dem Ozean gespeichert, in Biomasse gebunden oder chemisch als Rohstoff in der Industrie genutzt werden. CDR gelten daher als Ergänzung zur Reduktion der anthropogenen CO2-Emissionen und werden als notwendig angesehen, um die Ziele des völkerrechtlich verbindlichen Paris-Abkommens zu erreichen. Der Weltklimarat IPCC betrachtet die konsequente und rasche Reduktion der Emissionen von Treibhausgasen als wichtigste und als absolut vorrangige Maßnahme zum Schutz des Klimas.
Es gibt eine weitere Gruppe von CE-Verfahren, die mehr Sonnenenergie in den Weltraum zurückstreuen oder die Durchlässigkeit für Wärmestrahlung aus der Erdoberfläche erhöhen sollen. Sie wirken als Klimaschutz, ohne dabei allerdings die Konzentration der klimarelevanten Gase zu mindern. Diese Verfahren werden Radiation Management (RM) genannt. Vor allem die RM-Verfahren befinden sich noch fast alle in der Forschungsphase. Neben den gewünschten Auswirkungen bergen diese aber auch erhebliche Risiken und Unsicherheiten. lhre jeweilige Effizienz, insbesondere aus globaler Sicht, ist noch völlig offen.
Neben den Climate Engineering-Methoden gibt es Verfahren zur Nutzung des Kohlenstoffdioxids (Carbon Capture and Utilisation – CCU) (Lozán et al. 2023 – Kap.3). Eine konkrete Möglichkeit dafür ist, das CO2 durch Karbonatisierung (oder Mineralisierung) dauerhaft in ein klimaneutrales Produkt wie Kalk (Kalziumkarbonat CaCO3) umzuwandeln. Diese CO2-Mineralisierung stellt wegen der dauerhaften CO2-Speicherung einen konkreten Beitrag zur Lösung des Klima-Problems dar. Das Kalziumkarbonat hat potenziell eine vielseitige Verwendung z.B. in Baustoffen, Füllstoffen und Zementzusätzen.
Im vorliegenden Artikel wird eine Übersicht der wichtigsten CDR-Verfahren zusammengestellt. Bei diesen unterscheidet man oft marine und terrestrische Methoden. Wir differenzieren hier aber zwischen biologisch- und geochemisch-basierten CDR-Verfahren, weil die Akzeptanz der Verfahren davon stark abhängt.
(Durch diese Methoden werden die vorhandenen natürlichen Speicher vor allem als pflanzliche Biomasse genützt).
Durch Aufforstung und Wiederaufforstung von Wäldern kann durch Photosynthese zusätzlich Kohlendioxid aus der Atmosphäre gebunden werden. Neben dem Klimaschutz kann dadurch auch ein Beitrag zur Biodiversität geleistet werden, wenn standortgerechte Baumarten und nachhaltige, also naturnahe Bewirtschaftungsformen verwendet werden. Meist schließt man den Einsatz genmanipulierter Pflanzen und die Pflanzung nichtstandortgerechter Arten dabei aus. Renaturierung und Wiedervernässung der Moore: Sehr große Teile der Moore in Deutschland und Europa wurden trockengelegt und meist landwirtschaftlich genutzt. Aus den trockenen Mooren wird ständig CO2 und CH4 freigesetzt. Man schätzt die jährliche Emission in Deutschland auf über 50 Mio. t CO2-äq. Das sind etwa 7% der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands. Eine fachgerechte Wiedervernässung der Moore soll diese Emissionen stoppen und zusätzlich Kohlenstoff fixieren. Damit werden gleichzeitig die Bedingungen für das gesamte Ökosystem und die Biodiversität verbessert. Für ihre künftige Nutzung bietet sich auch die Paludikultur an. Das ist die landwirtschaftliche Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorböden z.B. zum Anbau von Schilf für Reetdächer und Torfmoos als Torfersatz (Succow et al. 2021). Renaturierung und Aufforstung von Mangrove-Wäldern: Viele Mangrove-Wälder wurden über Jahrzehnte durch verschiedene Aktivitäten beeinträchtigt und oft zerstört. Dabei gingen wichtige Lebensräume an der Küste und ihre Funktion als Küstenschutz verloren. Die Wiederaufforstung großer Flächen dieser Ökosysteme wird als besonders günstige Maßnahme zum Klimaschutz gefordert, weil sie zu den potentesten natürlichen Speichern von Kohlenstoff und Stickstoff gehören. Mangroven speichern in ihrer ober- und unterirdischen Biomasse bei starker Sedimentation große Mengen an organischem Material. Die relative Stabilität dieses organischen Materials unter oft anoxischen und salinen Bedingungen verhindert die Freisetzung der Treibhausgase CO2, N2O und CH4. Die hohen Sedimentationsraten tragen gleichzeitig auch zur Stabilisierung von Küstenlinien und zum Schutz der Küsten vor Erosion und Sturmschäden bei. Renaturierung der Flussauen: Auen entlang der Flüsse und Bäche werden bei Hochwasser überschwemmt. Deutschlandweit waren das früher über 16.000 km² (4,5% der Fläche Deutschlands). Von entscheidender Bedeutung ist der Wechsel zwischen Trockenfallen und Überflutung, der zum Aufbau kohlenstoffreicher Sedimente führt. Auen gehören zu den produktivsten Flächen, deshalb werden knapp 70% der Auen landwirtschaftlich – 30% davon als Acker – genutzt, stehen also nicht mehr als Überschwemmungsflächen zur Verfügung. Die geringfügige Renaturierung der Auen in den letzten Jahren ist bei weitem nicht ausreichend. Infolge der häufiger werdenden Hochwasserereignisse fehlen sie außerdem als Hochwasserschutz. Mehr CO2-Aufnahme durch gentechnisch veränderte Pflanzen: Mit gentechnisch veränderten Pflanzen soll mehr CO2 in Biomasse umgewandelt werden. Diese Forschung wird mit der Ernährungssicherung einer weiter wachsenden Weltbevölkerung begründet und ist trotz ernsthafter Bedenken seit Jahren voll im Gange. Das Ziel ist die Erträge zu steigern sowie die Stickstoff- und Wassernutzungseffizienz zu erhöhen. Ferner soll die Anpassungsfähigkeit an heißere und trockenere Klimazonen verbessert werden. Damit soll mehr CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden. Düngung der Meere zur Verstärkung der Planktonproduktion: Aufgrund der großen Fläche der Weltmeere wurde das Potenzial der Ozeandüngung zur Erhöhung der Aufnahme von CO2 zunächst als vielversprechend eingeschätzt. Aus diesen Gründen wurde diese Climate-Engineering-Methode intensiv erforscht. Mehrere Freilandexperimente meist mit Eisen als Dünger wurden in den 1990er-Jahren durchgeführt. Ein nennenswerter Nettoexport von organischem Material in die Tiefe – die Grundvoraussetzung für einen CO2-Entzug – konnte in keinem Experiment nachgewiesen werden. Das meist gebildete Phytoplankton wurde schnell vom Zooplankton gefressen. Aufgrund der mit einer intensiven Ozeandüngung verbundenen ökologischen Risiken wurden entsprechende Beschlüsse 2010 im Rahmen des globalen London-Übereinkommens gefasst. Danach sollten künftige Experimente mit großer Sorgfalt durchgeführt und überwacht werden. Kommerzielle Eisendüngungsaktivitäten sind derzeit durch internationales Recht untersagt. Produktion von Mikroalgen: Eine weitere Möglichkeit, CO2 günstig und in großer Menge aus der Luft zu entziehen, ist die Vermehrung von Mikroalgen in künstlich angelegten Teichen z.B. an der Küste mit Meereswasser. Durch diese naturbasierte Methode ist die CO2-Abscheidung effizienter als die Landpflanzen inkl. Regenwälder. Pro Flächeneinheit binden Mikroalgen 10 bis 30mal mehr Kohlenstoffff pro Jahr als Regenwälder. Mikroalgen vermehren sich in kürzerer Zeit und wachsen damit 8 bis 10mal schneller, was dementsprechend zu einer starken Biomassezunahme führt. Diese Entwicklung kann durch Erwärmung und Zufuhr von CO2 noch optimiert werden. Die geernteten Algen können als Nahrungsquelle für Mensch und Tier genutzt werden. Ferner lassen sich aus der Algen-Biomasse künstliche Kraftstoffe herstellen. Man kann sie auch für die BECCS-Technologie (s. später) verwenden; dabei werden die Algen zur Energieerzeugung verbrannt und das dabei entstandene CO2 eingefangen und langfristig unterirdisch gespeichert. Kohlenstoffspeicherung durch Seegrasund Salzwiesen: Seegraswiesen und Salzwiesen nehmen neben ihrer großen und wichtigen ökologischen Bedeutung im Meer anorganische Kohlenstoffverbindungen aus dem Wasser und der Luft auf. Der Kohlenstoff wird dauerhaft in den tieferen, sauerstoffarmen Schichten des Wattbodens und der Salzwiese gespeichert. Bakterien, die organisches Material zersetzen und so den Kohlenstoff wieder freisetzen würden, können aufgrund des Sauerstoffmangels dort kaum aktiv sein. Dadurch werden kohlenstoffreiche Sedimente im Laufe der Zeit angereichert. Seegras- und Salzwiesen können so sehr effizient dem Klimawandel entgegenwirken. Gleichzeitig sind Seegrasbestände und Salzwiesen durch den Klimawandel selbst besonders durch die Hitzewellen, den Meeresspiegelanstieg und die Zunahme der Erosion an der Küste bedroht.
Direkte CO2-Abscheidung aus der Luft und Speicherung (Direkt Air Carbon Capture & Storage, DACCS): Mit diesen Verfahren wird CO2 der Umgebungsluft entzogen und an Feststoffe gebunden. Solche Anlagen werden „künstliche Bäume“ genannt. Neben der Firma Climeworks arbeiten Carbon Engineering in Kanada, Global Thermostat in den USA und Skytree in den Niederlanden an solchen Verfahren. Ihre Geräte beruhen auf dem Verfahren, mit dem CO2 z.B. auch aus der Atemluft der Internationalen Raumstation gefiltert wird. Diese Anlagen können überall z.B. entlang von Straßen aufgestellt werden. Anschließend kann das CO2 unterirdisch gelagert oder als Rohstoff in der Industrie, z.B. in Form von Karbonaten, genutzt werden. Da die CO2-Konzentration in der Luft (0,04%) etwa 300mal geringer als im Rauchgas eines Kraftwerks ist, sind die Kosten viel höher als bei den Abscheide-Methoden in Kraftwerken. Weiterer Vorteil gegenüber den Carbon Capture and Storage (CCS)-Methoden (s.u.) ist, dass die Umgebungsluft relativ unbelastet von Schadstoffen ist, die bei der Filterung zusätzliche Probleme verursachen würden. Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS): Für den Klimaschutz wäre es effizienter, das produzierte CO2 in energieintensiven Industrien und Betrieben wie Stahl- und Zementproduktion sowie Kohlekraftwerken gleich aus dem Rauchgas abzuscheiden und zu nutzen oder dauerhaft unterirdisch zu speichern, als wenn es freigesetzt und dann z.B. durch Aufforstung wieder aus der Atmosphäre entfernt wird. Der Einsatz von CCS ist stark von der Verfügbarkeit geeigneter Speicher abhängig. In Norwegen wird CCS seit Jahren angewandt und viel Geld in die Ausweitung investiert. Dementsprechend werden geologische Erkundungen durchgeführt um weitere geeignete Speicher zu finden. Ende Mai 2024 beschloss das Bundeskabinett Eckpunkte für eine Carbon-Management-Strategie. Das war ein wichtiger politischer Schritt. Weitere Informationen unter: www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/klimaschutz-und-ccs-co2-entnahme-und-speicherung/. Nutzung von Biomasse als Energie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (BECCS, Bio-Energy with Carbon Capture and Storage): Alternativ zu der o.g. beschriebenen Methode zur Tiefsee-Versenkung von Biomasse zur Verzögerung der Zersetzung gibt es den Vorschlag, Biomasse energetisch zu nutzen und anschließend das freiwerdende CO2 abzuscheiden und unterirdisch zu speichern. Bei dieser als BECCS bezeichneten Methode geht es um eine Kombination der Nutzung von Bioenergie (BE) mit der CCS-Methode (s.oben). Biomasse wird schon weltweit zur Energiegewinnung genutzt. Es ist daher sinnvoll beide Methoden zu verbinden und in großen Anlagen anzuwenden, da die CCS-Technologie hohe CO2-Konzentrationen voraussetzt. In Frage kommen große Betriebe wie Bioethanolraffinerien und Papiermühlen. In solchen Betrieben steht die Biomasse zur Verfügung, so dass Energie für den Transport gespart wird. Die energetischen Kosten entstehen nur bei der Abscheidung, dem Transport und der Speicherung des CO2. Die Möglichkeit einer guten CO2-Bilanz ist gegeben. Der limitierende Faktor wäre die Speicherkapazität für CO2 und die Konkurrenz von Bioenergie u.a. zur Nahrungsmittelproduktion. Produktion und Einsatz von Pflanzenkohlen aus Biomasse (Biokohlen oder BioChar): Pflanzen entziehen der Atmosphäre große CO2-Mengen und wandeln sie während der Photosynthese in organisches Material um. Wenn die Pflanzen absterben, sich zersetzen oder verbrannt werden, wird das organische Material wieder als CO2 freigesetzt. Das Ziel dieser Methode ist, das produzierte organische Material in den Pflanzen selbst zu speichern. Dazu wird die pflanzliche Biomasse in „Biokohle“ umgewandelt. Abschließend wird die „Biokohle“ mit natürlichen Böden – ähnlich wie die Bildung von Terra Preta in Amazonien – vermischt. Die Zersetzung der „Biokohle“ soll im Boden mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern. Dabei wird nicht nur CO2 langfristig fixiert sondern auch die Bodenqualität verbessert. Kohlendioxidaufnahme durch Wüsten-Böden: Weltweit gibt es bis zu 1 Milliarde Hektar küstennahe Wüsten, die für eine „Begrünung“ zur Verfügung stehen. Diese Gebiete nehmen aufgrund einer Verstärkung der Wüstenbildung, des Klimawandels und falscher Landnutzung sogar zu. Es besteht ein großes Potenzial bei der Nutzung dieser Landschaften zur Kohlenstoffbindung durch die Einführung von Plantagen mit sehr wenig Wasser benötigenden Sträuchern. Mit der heutigen Technik zur Entsalzung, Bewässerung, und Bioenergienutzung kann das Potenzial dieser Fläche als CO2-Senke genutzt werden. Man schätzt, dass so bis zu 25 Mio. t CO2 je 10.000 km² gespeichert werden könnten. Beschleunigte Verwitterung an Land: Unter üblichen Bedingungen werden Silikate an der Erdoberfläche unter Einwirkung von Kohlensäure (H2CO3) zum Teil gelöst. Dabei wird das aus der Luft stammende CO2 in Kalziumkarbonat (Ca2CO3) gebunden. Dieser Prozess wird als Verwitterung (Weathering) bezeichnet. Er läuft in der Natur jedoch sehr langsam ab; man schätzt, dass nur 0,1 Gt C/Jahr so gebunden wird. Um diesen Prozess zu beschleunigen, muss eine große Menge stark basischer Gesteine wie Olivin, Dunit oder Basalt zu Gesteinsmehl gemahlen werden. Basalt wird bevorzugt, da er ca. 300 kg CO2 aus der Atmosphäre pro t Basalt entnimmt. Der Kostentreiber ist die Energie zur Herstellung von Gesteinsmehl. Er liegt weit über derjenigen für die Aufforstung. Weil auch eine Verbesserung der Bodenqualität, verringerte Erosion, Verminderung der Bodenversauerung und Erhöhung der Wasserrückhaltung damit verbunden wäre, würde eine Ausbringen auf Agrarflächen auf eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen. Alkalinisierung des Ozeans: Alkalines Gesteinsmehl kann auch ins Meer auf großer Fläche eingebracht werden. Eine Möglichkeit wäre, es an Strände zu deponieren und von dort durch die Wellen einspülen zu lassen. Eine weitere kostengünstige Methode wäre, das Gesteinsmehl mit Hilfe von Transportschiffen ins Meer einzubringen. Die Verwitterung des Gesteinsmehls würde zu einer Erhöhung des Karbonatgehalts führen und gleichzeitig den pH-Wert etwas erhöhen. Man bezeichnet diese Methode auch als künstliche Alkalinisierung der Meere. Durch diesen Prozess erhofft man eine verbesserte CO2-Aufnahme der Meere und eine verlangsamte Ozeanversauerung zu erreichen. Verstärkung der Auftriebsgebiete: In den meisten Meeresgebieten liegen Schichten wärmeren Wassers über Schichten mit kaltem und nährstoffreichem Tiefenwasser auf. Sie sind also stabil geschichtet und werden kaum durchmischt. Das Ziel dieser Methode ist das Tiefenwasser nach oben zu befördern, um die Biomasseproduktion an der Oberfläche zu steigern. Das kann durch den Einsatz von vertikalen Pumpen und mit Hilfe von Wellenenergie erfolgen. Versenkung von Biomasse in die Tiefsee: Bei dieser Methode ist gedacht, Ernteabfälle ins Meer zu versenken. Die luftdicht verschlossenen Abfälle sollen mithilfe von Schiffen nach Beschweren mit Steinen in die Tiefsee versenkt werden. Die Autoren nehmen an, dass in dieser Tiefe bei niedrigen Temperaturen und Sauerstoffarmut eine Zersetzung des organischen Materials nur sehr langsam stattfinden kann. Kohlenstoff kann dort bis zu tausenden von Jahren gespeichert bleiben. Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung der Braunalge Sargassum, die sich massiv im tropischen Atlantik von Westafrika bis zur Karibik mit einer Biomasse von ca. 20 Mio. t jährlich entwickelt. Man nennt diesen Bereich der Große Atlantische Sargassum-Gürtel (GASB). Getrieben durch Strömungen und Wind bilden sich große Sargassum-Matten mit einer Fläche von mehreren Quadratkilometern und einer Dicke zwischen 10 cm und 2 m. Diese Braunalgen werden kaum genutzt und verursachen im Küstenbereich viele Probleme für das Küstenökosystem.
Der von uns Menschen verursachte Klimawandel schreitet voran, da die globalen Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen im Mittel weiter ansteigen und auch in Europa nicht stark genug sinken. Die Gefahr, dass die durch das völkerrechtlich bindende Paris-Abkommen beschlossene maximale Erwärmung „um wesentlich unter 2,0°C“ nicht eingehalten wird, ist sehr groß. Fast jedes Jahr erreicht die mittlere globale Lufttemperatur einen neuen Höchstwert. Nach dem jüngsten Copernicus-Bericht war Mai 2024 der zwölfte Monat in Folge mit einem Rekord der weltweit gemittelten Temperatur. Verantwortlich für diese Entwicklung sind trotz der Minderung der Treibhausgasemissionen in einigen Ländern die noch immer steigenden Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre und neuerdings auch die Abnahme der Aerosole in der Atmosphäre. Zurzeit beträgt die globale mittlere Erderwärmung bereits um 1,2°C. Auf der 27. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (COP 27) in Scharm El-Scheich (Ägypten) im November 2022 wurde mehrfach an alle Staaten appelliert, ihre Anstrengungen zu erhöhen, um ihre Emissionen entsprechend ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zu reduzieren. Auf der COP28 in Dubai im Dezember 2023 bekennt sich die Staatengemeinschaft zum ersten Mal zur Abkehr von allen fossilen Energien und zu einem massiven Ausbau von Wind- und Solarenergien. Die biologisch basierten Lösungen werden alleine nicht ausreichen; auch technische Verfahren müssen in erheblichem Umfang angewandt werden, um die Klimaziele erreichen zu können. Viel Forschung ist noch nötig, damit die o.g. Verfahren ausreichend einsatzbereit sind.
* Dieser Artikel ist eine kurze Zusammenfassung aus dem Buch: Lozán et al 2023 (384 Seiten) – Wissenschaftliche Auswertungen in Kooperation mit GEO ISBN 9783982006765. Es kann zum Sonderpreis unter fbki046@ uni-hamburg.de bestellt werden.
Literatur
BMWK (2024): www.bmwk.de Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/ 03/20240315-deutschland-bei-klimazielen2030-erstmals-auf-kurs.html
BUNDESREGIERUNG (2022): www. bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/ klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672 EU (2023) www.europarl. europa.eu/pdfs/news/expert/2019/10/ story/20190926STO62270/20190926STO62270_de.pdf
LOZÁN. JOSÉ L., H. GRAßL, S.-W.BRECKLE, D.KASANG & D. KASANG (2023): Warnsignal Klima. Hilft Technik gegen de Erderwärmung. Clima Engineering in der Diskussion. Kap.3
SUCCOW, M., G. GAUDIG & F. TANNEBERGER (2021): Die Vernutzung der Moore Deutschlands und ihre klimatischen Folgen. In: Lozán J. L., S.-W. Breckle, H. Grassl & D. Kasang (Hrsg.). Warnsignal Klima: Boden & Landnutzung. S. 125-135. www.warnsignal-klima.de. DOI:10.25592/warnsignal.klima. boden-landnutzung.17.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2024 NOV/DEZ