Breitbanddienste über Satellit

Schlüsselkomponenten Phased-Array-Antennen

Beitrag von Dr. S. Caizzone, F. Boulos, A. P. T. Adithyababu DLR Oberpfaffenhofen

Trotz der Tatsache, dass die kontinuierlichen Fortschritte in der Telekommunikation zu Mobilfunknetzen der 5. Generation (5G) geführt haben, ergab eine im Jahr 2020 durchgeführte Umfrage, dass etwa 51 % der Weltbevölkerung immer noch kein mobiles Internet nutzen [1]. Dies liegt entweder an der fehlenden mobilen Breitbandabdeckung oder an erheblichen Hindernissen wie Erschwinglichkeit, Analphabetismus und mangelnden digitalen Fähigkeiten [2].

Das angestrebte Ziel der globalen Konnektivität ist also noch lange nicht erreicht. Ein Wendepunkt in dieser Hinsicht ist jedoch die künftige engere Integration von terrestrischen Netzen mit nicht-terrestrischen Netzen (NTN).

Gemeinsamkeit macht stärker

NTNs scheinen derzeit eine Ära der Renaissance zu erleben, in der neben der „klassischen“ Satellitenkommunikation aus der GEO-Umlaufbahn (z. B. durch Inmarsat, Iridium, Globalstar) neue Weltrauminfrastrukturen im Rahmen des neuen Wettlaufs um den Weltraum entstehen, bei dem ganze Satellitenkonstellationen in der LEO-Umlaufbahn in den nächsten Jahren in Betrieb genommen werden oder bereits in Betrieb sind: Beispiele hierfür sind Starlink von SpaceX, Kuiper von Amazon und Oneweb. Solche Konstellationen werden fast überall auf der Erde Breitbandkonnektivität (meist im Ku- und Ka-Band) bereitstellen und damit die Möglichkeit eröffnen, die digitale Kluft auch in abgelegenen Gebieten zu überbrücken. Die Nutzung dieser neuen Möglichkeiten muss jedoch auf der Nutzerseite entsprechend begleitet werden: die Entwicklung von Bodenterminals ist hinter der von Weltraumkonstellationen zurückgeblieben.

Die derzeit verfügbaren Boden- und Nutzerterminals entsprechen noch nicht in vollem Umfang den Anforderungen von Satellitenkommunikationssystemen (SatCom) der nächsten Generation: Auf der einen Seite hat die Dynamik des neuen Weltraums zu einem Mangel an Standardisierung und damit an klaren Anforderungen und Interoperabilität (und folglich zu einem geringeren Entwicklungstempo) für Bodenterminals geführt. Dies führt nun zu einer Vielzahl von, teilweise proprietären, Lösungen, die nur für bestimmte Konstellationen optimiert sind [1,2].

Auf der anderen Seite wird die Antenne des Benutzerterminals zu einem Schlüsselelement der gesamten Satellitenkommunikationskette, wenn auch komplizierter als in der Vergangenheit, z. B. aufgrund der Notwendigkeit der Strahlsteuerung.

Strahlsteuerung muss sein

Mit dem Aufkommen von Satellitenkommunikation aus der LEO-Umlaufbahn benötigen zwar sogar Nutzer von Festanwendungen ein Terminal, das zur Strahlsteuerung in der Lage ist, um den sich schnell bewegenden Satelliten zu folgen (ein LEO-Satellit befindet sich in Bezug auf den erdgebundenen Nutzer nicht an einer festen Position, sondern geht in etwa 10 Minuten auf und unter). Die Notwendigkeit der Strahlsteuerung ist bei mobilen Nutzern, die ihre eigene Dynamik zur Satellitenbewegung hinzufügen, noch ausgeprägter. Endgeräte, die in der Lage sind, diesen Vorgang genau und zuverlässig durchzuführen, ohne dass eine mechanische Bewegung erforderlich ist, und die kostengünstig hergestellt werden können, sind daher das Ziel, das mehrere Forschungsgruppen und Technologiefirmen derzeit anstreben.

Die theoretische Möglichkeit, strahlsteuerungsfähige Antennen zu haben, wurde bereits durch jahrzehntelange Forschung und Entwicklung, z. B. für Radaranwendungen, ausreichend demonstriert. Die ersten kommerziellen Satcom-Systeme für Geschäftsanwendungen (z. B. in der Avionik) nutzten in der Tat Architekturen, die von Radaranwendungen übernommen wurden, mit phasengesteuerter Antennentechnologie für die Steuerung über Elevation, aber mechanischer Steuerung über Azimut. Sie hatten jedoch verschiedene Nachteile, u. a. dass sie physisch groß und langsam zu steuern sind.

Strahlsteuerung muss billiger werden

Flache Phased Arrays sind daher der bevorzugte Weg, um die physikalischen Nachteile mechanischer Lenksysteme zu überwinden. Die ersten kommerziell erhältlichen flachen Phased-Array-Terminals machten jedoch deutlich, dass weitere Forschungsarbeiten erforderlich sind und dass die Preise für den Massenmarkt noch weit gesenkt werden müssen: die Preise für High-Performance PhasedArray-Antennen für die Satellitenkommunikation lagen zuerst in der Größenordnung von mehreren zehntausend Euro, wodurch die Marktdurchdringung auf High-End-Szenarien beschränkt war.

Dies war zum Teil auf die hohen Preise der HF-Komponenten zurückzuführen, die für den Betrieb solcher Phased-Arrays benötigt werden. Mit der zunehmenden Verbreitung von 5G und LEO-Satcom hat die Massenproduktion solcher HF-Komponenten jedoch in letzter Zeit zu niedrigeren Preisen geführt, so dass das Rennen um kostengünstige und leistungsstarke Phased-Array-Terminals mehr denn je entbrannt ist.

Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei phasengesteuerten Gruppenantennen um (große) Anordnungen von Einzelantennen, die so platziert und gespeist werden, dass eine hohe Richtwirkung in bestimmte Richtungen erzielt wird: Eine Änderung der Gewichte, mit denen die Einzelantennen kombiniert werden, bewirkt dann einen Unterschied in der Richtung, in der die konstruktive Interferenz des Einzelfeldes auftritt, was letztlich eine Strahlsteuerung ermöglicht.

 Eine Skizze einer einfachen Phased-ArrayArchitektur ist in Abb. 1 dargestellt, wobei jedes Element mit einem Phasenschieber und einem Leistungsverstärker ausgestattet ist. Die Phasenschieber und Leistungsverstärker sind heute in der Regel als integrierte Schaltungen (ICs) auf dem Markt erhältlich und können digital gesteuert werden. In Abb. 2 ist ein Beispiel für ein vom DLR entwickeltes Modul einer aktiven Antennengruppe dargestellt. Eine Beamforming-PCB mit einem kommerziellen IC befindet sich auf der Rückseite des Positionierers der reflexionsarmen Kammer, und ein SPI-Modul wird zur digitalen Steuerung der Gewichte (Amplitude und Phase) für jedes Antennenelement verwendet.

In jüngster Zeit sind jedoch mehrere Lösungen für die Amplituden-/Phasensteuerung auf dem Markt erschienen, mit unterschiedlichen Reifegraden und Innovationen im Array-Design. Beispiele hierfür sind die Endgeräte der Firmen Kymeta, Viasat, Hanwha Phasor, Starlink und Satixfy. Eine eingehende Analyse dieser Geräte ist in [3] zu finden.

Allerdings sind die derzeitigen Lösungen noch nicht vollständig ausgereift und in der Lage, den Markt zu erobern: F&E-Aktivitäten sind in dieser Phase unbedingt erforderlich, um die derzeitigen Lücken zu schließen. Ein sehr aktiver Forschungszweig konzentriert sich auf neue Material- und Fertigungstechnologien: die Firma Alcan Systems zielt beispielsweise auf die Entwicklung der Liquid Crystal Technologie für Antennenzwecke ab, die niedrigere Kosten für die Phasenverschiebungskomponenten verspricht, wobei ähnliche Technologien auch von Firma Kymeta für ihre holografische Antenne angewendet werden.

Auf der anderen Seite fördert die Notwendigkeit, die Anzahl der HF-Kanäle in der Gruppenantenne zu minimieren, die Forschung an intelligenten Arrayarchitekturen: Forscher des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen untersuchen beispielsweise Architekturen, die modulare SubarrayStrukturen nutzen, die die Anzahl der benötigten HF-Kanäle reduzieren [4], indem sie mehrere Antennen (ein so genanntes „Subarray“) an dieselbe HF-Kette anschließen. Darüber hinaus werden sog. Array-Thinning Techniken untersucht, mit dem Ziel, mit einer geringeren Anzahl von Antennenelementen eine Leistung zu erreichen, die der von voll bestückten Arrays nahekommt.

Sowohl die Forschungsanstrengungen als auch das Marktinteresse lassen für die nächsten Jahre starke Verbesserungen und bahnbrechende Innovationen in diesem Bereich erwarten, wobei das Endziel kostengünstiger HochleistungsBenutzerterminals für die nächste Generation von SatCom immer näher rückt und damit der Wunsch nach einer echten globalen Konnektivität endlich Wirklichkeit werden kann.

Quellen

[1] Measuring the Information Society Report. ITU Publications, 2018

[2] A. P. T. Adithyababu, F. Boulos, and S. Caizzone, „Analysis of user terminal trade-offs for future satellite communication applications,” in 27th Ka and Broadband Communications Conference, Stresa, Italy, Oct. 18-21, 2022

[3] R. Correia, T. Varum, J. N. Matos, A. Oliveira and N. B. Carvalho, „User Terminal Segments for Low-Earth Orbit Satellite Constellations: Commercial Systems and Innovative Research Ideas,“ in IEEE Microwave Magazine, vol. 23, no. 10, pp. 47-58, Oct. 2022, doi: 10.1109/MMM.2022.3188124

[4] F. Boulos, U. Johannsen, and S. Caizzone, „Customizable phased array antenna based on domino tiles for satcom applications,“ in IEEE International Symposium on Phased Array Systems and Technology, Waltham, Massachusetts, USA, 11-14 Oct. 2022

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 02/2023 MÄR/APR