On-Board-Prozessoren für Kommunikationssatelliten

Beitrag von Tim Helfers Airbus

Das Wachstum der Multimediadienste treibt die Entwicklung in Richtung einer zunehmend breitbandigeren Satellitenkommunikation voran. Parallel dazu entwickelt sich die Digitalisierung von Telekommunikationssatelliten weiter und führt zur Einführung immer leistungsfähigerer On-Board-Prozessoren (OBP).

Neuartige Architekturen wie MultibeamSysteme, die Notwendigkeit zur Verbindung von Hochfrequenz (HF) – und optischen Kanälen und neuartige Techniken wie Vorcodierung, Vorverzerrung und Ressourcenmanagement haben zu diesem Trend geführt. Die effiziente Nutzung begrenzter spektraler Ressourcen und die Verwendung kleiner Terminals impliziert im Allgemeinen eine Abdeckung durch Multi-Beam Satelliten, und der damit verbundene Bedarf an digitalem Beamforming und flexiblem Routing zwischen den Beams verlangt nach digitaler Verarbeitung an Bord. Dabei werden zwei wichtige OBP-Paradigmen unterschieden [1]:

  • „Digital Transparent Processors (DTPs)“: Diese Prozessoren tasten die Wellenform ab und arbeiten mit den resultierenden digitalen Samples; weder Demodulation noch Dekodierung sind implementiert. DTP-basierte Verarbeitung führt zu Nutzlastdesigns, die unabhängig von der Entwicklung von Übertragungsverfahren sind. Sie wurden in einer Reihe von Missionen einschließlich INMARSAT-4 eingesetzt und typische Anwendungen umfassen unter anderem digitales Beamforming, Broadcasting und Multicasting, bei dem zum Beispiel Eingangskanäle auf mehrere Ausgangsbeams kopiert werden.
  • „Regenerative Processing“: Diese Methodik basiert auf den digitalen Basisbanddaten, die nach der Digitalisierung, Demodulation und Dekodierung von Wellenformen gewonnen werden.
  • Missionen wie Iridium beinhalten regenerative Verarbeitung hauptsächlich für das paketorientierte Multiplexen von Nutzerkanälen. Zukünftige Missionen wie „High Throughput Optical Network (HyDRON)“ sehen OBPs für die Verbindung von Laserkommunikationsterminals mit HF-Kanälen vor. Während die Regeneration viele Vorteile hat, wie z. B. die Entkopplung der Nutzer- und Bodenstation-Verbindungen, ist die zusätzliche Verarbeitung mit höheren Kosten verbunden. Darüber hinaus schränkt die regenerative Verarbeitung die Flexibilität ein, neuere Übertragungsverfahren zu verwenden, es sei denn, reprogrammierbare Nutzlasten kommen zum Einsatz.

Vorteile von On-Board Prozessoren im Detail [2]

Vorteile von On-Board Prozessoren im Detail [2]

Die On-Board-Verarbeitung unterstützt flexibles Beamforming, sowohl durch die Konfiguration von analogen Komponenten als auch durch digitales Beamforming. Auf diese Weise kann die Ausleuchtzone eines Satelliten flexibel verändert und die regionale Abdeckung jederzeit an den aktuellen Bedarf in bestimmten Regionen der Welt angepasst werden. Dies ermöglicht die flexible, bedarfsgerechte Nutzung der Satellitenkapazität, auch unterstützt durch effiziente Übertragungskonzepte wie Beam Hopping.

Flexibles Management des Datenaufkommens

Switching und Routing ermöglichen ein flexibles Management des Datenaufkommens direkt am Satelliten: Signale können auf einzelne Beams geschaltet oder auf mehrere Beams verteilt werden, sowohl auf der Frequenzebene als auch auf der Ebene der einzelnen Signale. Dies ermöglicht direkte Verbindungen zwischen einzelnen Endgeräten auf der Erde, optimierte Verbindungen zwischen Satelliten zur effizienten Weiterleitung von Daten und eine gleichmäßige Auslastung aller Satelliten in einer Konstellation.

Optimierte Signalqualität

Nach Demodulation der Signale können fehlerhafte Informationen im Fall einer gestörten Übertragung durch Fehlererkennung und -korrektur wiederhergestellt werden. Das verbessert die Signalqualität deutlich. Auch schwache Signale können auf diese Weise wiederhergestellt werden. Damit lassen sich selbst kleinere Bodenterminals mit geringer Sendeleistung zuverlässig ohne Einbußen bei der Signalqualität verwenden. Ein weiterer Vorteil ist, dass unerwünschte Eingangssignale erkannt und ausgeblendet werden können, wodurch unerwünschte Störungen und unbefugte Übertragungen vermieden werden.

Generische Architektur von On-Board-Prozessoren

Das vom Satelliten empfangene Breitband-Eingangssignal ist ein Multiplex verschiedener Kanäle mit individuellen Bandbreiten. Jeder Kanal wird über einen bestimmten Ausgangsbeam übertragen. Um eine digitale Signalverarbeitung zu ermöglichen, wird das zusammengesetzte Eingangssignal durch die Verwendung einer Filterbank spektral zerlegt. Wird eine regenerative Nutzlast verwendet, sind weitere Aufgaben wie Demodulation/ Dekodierung und Modulation/Kodierung möglich.

Die so zerlegten Signale werden von einer sogenannten digitalen Switch-Matrix weiterverarbeitet (oder Router im Falle einer regenerativen Nutzlast). Typische Verfahren sind Raum- oder Zeitmultiplex oder die Paketvermittlung („Store & Forward“). Am Ende der digitalen Signalkette werden schließlich mehrere Kanäle als zusammengesetztes Signal über den Digital-zu-Analog Wandler (DAC) an die analogen Schaltungsteile jedes Beams weitergeleitet.

Herausforderungen

Ein On-Board-Prozessor dieser Größe stellt eine enorme Herausforderung in Bezug auf Masse, Leistung und interne Datenverbindungen dar. Die wichtigsten Herausforderungen sind:

Verarbeitungsleistung: Halbleiter mit Strukturbreiten von unter 20 nm und einer seriellen Schnittstellengeschwindigkeit von mehreren zehn Gbit/s werden für die neuesten Generationen von OBPs verwendet, die derzeit in Produktion sind.

Mechanisches Konzept: zielt darauf ab, das Volumen und damit die Masse und Leistung zu minimieren und muss andererseits eine optimale Wärmeableitung unter Vakuum Bedingungen im Weltraum ermöglichen.

OBP-interne Datenverbindungen mit einer hohen Anzahl von Kanälen, die mit Dutzenden von Gbit/s laufen: Der Ersatz der elektrischen durch optische Verbindungen ist der Trend für heutige Nutzlastlösungen.

Zuverlässigkeit und Robustheit gegen Weltraumstrahlung: Der Prozessor ist durch Redundanzen so konzipiert, dass Ausfälle durch „Single Points of Failure“ vermieden werden. Die durch die Strahlung im Weltraum verursachten Fehler müssen durch Bauteileauswahl, Fehlerkorrekturcodes und Mechanismen zur automatischen Aktivierung der Redundanz im Fehlerfall gemindert werden.

OBP Entwicklung und Produktion in Ottobrunn/München

Derzeit wird bei der Airbus GmbH in München/Ottobrunn eine Steuer- und Regenerative Prozessor Einheit für die OneSATSatellitenserie entwickelt und integriert. OneSAT ist ein Airbus-Produkt, das den neuen Markt des Daten-Streamings bedienen und die digitalen Versorgungslücken durch den Einsatz von Satelliten schließen soll. Die Prozessor Einheit ist Teil der fünften Generation von OBPs, die in Zusammenarbeit mit Airbus Ltd. in Stevenage/ Portsmouth entwickelt wird.

Quellen

[1] Satellite Communications in the New Space Era: A Survey and Future Challenges; IEEE Communications Surveys & Tutorials, O. Kodheli et al, Feb 2020

[2] Fraunhofer IIS Erlangen website: www. iis.fraunhofer.de/de/ff/kom/satkom/obp.html

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 02/2023 MÄR/APR