Produktionsleitsysteme

Das Herz von Automationslösungen

Beitrag von Franz Klaiber, SOFLEX Fertigungssteuerungs-GmbH Rottenburg

Im Fokus der digitalen Produktion steht die Automation der Fertigungsabläufe und mit ihr gewinnt auch das Thema Software zunehmend an Bedeutung. Heutige Fertigungszellen sind mit intelligenter Software ausgestattet, um eine flexible Bedienung der Maschine zu ermöglichen. Zunehmend sollen die Fertigungsabläufe auch autonom abgewickelt werden. Für die Steuerung und Organisation flexibler Fertigungsanlagen braucht es Leitsysteme, die im Folgenden näher vorgestellt werden.

Flexible Fertigung durch programmierbare Maschinen

Die Mikroelektronik führte Mitte der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts zu einem Wandel beim Einsatz von Maschinen. Rein mechanisch gesteuerte Maschinen wurden abgelöst durch Maschinen mit programmierbaren Steuerungen, die es ermöglichten, eine starr auf die Herstellung eines bestimmten Produktspektrums ausgerichtete Maschine flexibel auf die Fertigung unterschiedlichster Produkte zu programmieren. Fortan waren in den Fabriken Programmierer gefragt, die Software für solche flexiblen Einzelmaschinen erstellen konnten.

Evolution der Einzelmaschinen

Die Grundlage für einen 24h / 7 Tage-Betrieb der Maschinen wurde im nächsten Entwicklungsschritt dadurch geschaffen, dass Einzelmaschinen mit Handlingsystemen ausgerüstet wurden, wodurch die Werkstückzufuhr und -abfuhr automatisch durchgeführt wurde. Handlingsteuerungen mit Software zur Steuerung der Transportzyklen sorgten dafür, dass der Nutzungsgrad der Maschinen und die Produktivität neue Dimensionen erreichten.

Der Trend zur Individualisierung der Alltagsprodukte sowie kürzere Produktlebenszyklen bringen heutzutage weitere Anforderungen zur flexiblen Handhabung unterschiedlichster Werkstückvarianten, verbunden mit kleinen Stückzahlen. Flexible Fertigungszellen, in deren „Herz“ ein Zellenrechner mit intelligenter Software eingesetzt wird, sind die Lösung für diese Herausforderung.

Zukünftige Fertigungszellen

In den Fabriken der Zukunft werden Fertigungszellen, die mit hochflexiblen Automationseinrichtungen ausgerüstet und durch fahrerlose Transportsysteme verkettet sind, zunehmend autonom die Fertigungsabläufe abwickeln.

Hierbei sind Softwarelösungen gefragt, die nicht nur die Steuerung einer einzelnen Fertigungszelle übernehmen, sondern sämtliche Aufgaben von der Planung und Organisation bis hin zur Koordination ganzer Fertigungsbereiche abdecken. Ein wichtiger Aspekt dabei sind auch der automatische Datenaustausch und Informationsfluss der Systeme und Steuerungen untereinander.

Ebenen der IT-Architektur

Als Basis für eine IT-Architektur in Fertigungsunternehmen, die diese zukünftigen Anforderungen erfüllen, kann das Pyramidenmodell herangezogen werden, das drei Ebenen von Softwarelösungen aufzeigt:

  • die Ebene der kaufmännisch und technisch-organisatorischen Systeme mit den typischen Vertretern ERP (Enterprise-Resource-Planning), PDM (Produktdatenmanagement) und CAD/CAM-Systemen (Computer-aided design/ Computer-aided manufacturing),
  • die Ebene der Fertigungssteuerung mit Leitsystemen und MES-Installationen (Manufacturing Execution System),
  • die Ebene von Maschinen- und Gerätesteuerungen

Ebenen der Automation

Aus Sicht der Automation hat sich die folgende Aufgabenteilung bewährt:

  • Systeme
    In den ERP-, PDM- oder CAD/CAM-Systemen werden die Vorgaben für produkt- und produktionsrelevante Abläufe wie beispielsweise technische Arbeitspläne, Stücklisten, NC-Programme und Fertigungsparameter etc. verwaltet und mit den Fertigungsaufträgen an die Fertigungsleitebene übergeben. Hier finden auch die grundlegende Planung der Monats- und Jahreskapazitäten, das Forecasting sowie die Bestellabwicklung für die zur Umsetzung der Fertigungsaufträge notwendigen Materialien und Betriebsmittel statt.
  • Fertigungsleitebene
    Aus den oben aufgeführten Systemen erhält die Fertigungsleitebene alle Informationen zur Abwicklung der Fertigungsaufträge. Beginnend bei der Feinplanung, deren Planungshorizont sich auf Tage oder Wochen begrenzt und die sich dynamisch an die ständig ändernden Rahmenbedingungen des Produktionsumfeldes (Störungen im Arbeitsablauf, wechselnde Betriebszeiten der Maschinen, Veränderungen bei der Personalanwesenheit, nicht vorhersehbare Wartungsintervalle etc. ...) anpassen muss.
    Weitere Aufgaben dieser Ebene betreffen die Bereitstellung der Bearbeitungsprogramme (NC-Programme, Messprogramme, Parameter etc. ...) an den gekoppelten Maschinensteuerungen sowie die Organisation der notwendigen Betriebsmittel wie Werkzeuge, Messmittel und Vorrichtungen für die Abwicklung eines Fertigungsauftrags.
  • Maschinen und Geräte
    Die Ebene der Maschinen- und Gerätesteuerungen hat als Hauptaufgabe die Abwicklung der Basisfunktionen einer automatisierten Fertigung. Im Wesentlichen gehören dazu das Ausführen von Zu- und Abfuhrtransporten sowie die Abwicklung einer Bearbeitungsaufgabe. Statusveränderungen, Alarm- und Fehlermeldungen, die bei der Ausführung entstehen, werden direkt an die Fertigungsleitebene gemeldet und lösen dort eine zustandsorientierte Reaktion aus.

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Fertigungsleitsystemen

Die SOFLEX Fertigungssteuerungs-GmbH, einer der bedeutendsten Hersteller von Fertigungsleitsystemen, ist seit 1984 international tätig und hat die ersten Leitsysteme für flexible Fertigungsanlagen im Industrieumfeld installiert.
 

Bei den mehr als 1500 realisierten Projekten waren die nachfolgenden Faktoren entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung:

  • Detaillierte Prozessbeschreibungen aus Sicht des Endanwenders als Vorgaben für die notwendigen Softwarefunktionen
  • Eindeutige Festlegung der Schnittstellenfunktionen für die Kommunikationssoftware zu den gekoppelten Systemen und Steuerungen
  • Intuitive Bedienerführung für ein leichtes Verständnis der Leitsystemfunktionen.

Dabei ist der intuitiven Bedienerführung eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da ein wesentlicher Faktor zur Akzeptanz einer Software die leicht verständliche und handhabbare Bedienoberfläche darstellt. Hier ist zu berücksichtigen, in welchen Bereichen des Unternehmens die Software zum Einsatz kommt.

Im Bereich der Arbeitsvorbereitung hat sich eine filigrane Bedienung über Maus und Tastatur bewährt, während sich im Bereich der Werkstatt und speziell an den Fertigungsanlagen sowie den Maschinen eine touch-basierende Bedienung als zielführend erwiesen hat. Die in einzelnen APP’s (Applikation für eine bestimmte Funktion oder einen definierten Funktionsumfang) zusammengefassten Aufruftasten erhöhen die Übersichtlichkeit und machen die Softwarefunktionen transparent für den Bediener.

Fazit

Die Komponente Software wird immer mehr als eigenständiger und unverzichtbarer Bestandteil zur Steuerung und Organisation von Fertigungsprozessen wahrgenommen. Im Speziellen bei einer automatisierten Fertigung bringt sie als „Herz und/oder Gehirn“ der Anlage einen entscheidenden Vorteil im internationalen Wettbewerb um eine hocheffiziente Fertigung.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2019 Mai/Juni