Beitrag von Dr.-Ing. Thomas Fleissner, DFGE – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie
Das Thema Supply Chain gewinnt in den letzten Jahren besonders im Bereich des unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements an Bedeutung. Die Anforderungen steigen: die Transparenz der eigenen Wertschöpfungskette soll erhöht und Risiken im Bereich Umweltschutz oder sozialer Nachhaltigkeit (Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, etc.) innerhalb der unternehmenseigenen Lieferketten minimiert werden. Um dies sicherstellen zu können, ist ein intensiver Kontakt mit den Lieferanten essentiell. Doch wie kann eine pragmatische Umsetzung aussehen?
Die Globalisierung oder die digitale Transformation bedingen, dass Unternehmen weltweite Verflechtungen haben und Lieferketten entstehen, die durch eine extrem hohe Komplexität gekennzeichnet sind. Materialien für die Produktion von Waren werden aus Rohstoffen hergestellt, deren Gewinnung möglicherweise umweltschädliche Auswirkungen hat; Teile von Produkten werden unter Umständen in Entwicklungsländern produziert, wo keine Angaben über die Einhaltung von Arbeitsstandards vorliegen;
Beispiele wie diese gibt es viele. Sie lassen erahnen, welchen vielfältigen Herausforderungen Unternehmen gegenüberstehen, die eine transparente Lieferkette anstreben. Diese Situation wird von verschiedensten Initiativen aufgegriffen, die nun systematisiert die Aktivitäten und wichtige zugehörige Key Performance Indikatoren (KPIs) in diesem Themengebiet von den Unternehmen abfragen.
Zwei Beispiele für Initiativen, die ein aktives Lieferantenmanagement von Unternehmen erwarten, sind EcoVadis sowie das CDP.
Die Firma EcoVadis stellt eine Fragen- und Bewertungsmethodik für Lieferanten und Einkäufer als Online-Plattform zur Verfügung. Dabei können die Einkäufer standardisierte Fragen an eine Auswahl der eigenen Lieferanten stellen. Die Fragen aus den Kernbereichen Umwelt, Soziales, Ethik und Beschaffungskette sind dabei einheitlich und von Branche, Standort und Größe des angefragten Lieferanten abhängig. So ist sichergestellt, dass auch weitere Einkäufer mit der gleichen Bewertung arbeiten können und vor allem das angefragte Unternehmen wie beschrieben nur einen Fragebogen beantworten muss.
Die Bewertung und eine Einstufung in ein Punktesystem (analog der Qualität des Nachhaltigkeitsmanagements) erfolgt dabei durch Analysten von EcoVadis. In der Zwischenzeit hat sich diese Plattform auch etabliert, einige Unternehmen erwarten von den eigenen Lieferanten eine gewisse Punktzahl und formulieren das als Bedingung der Kooperation. Damit existiert ein mittlerweile enormer Druck für Lieferanten, das eigene Management der Lieferkette aktiv voranzubringen
Nach einem ähnlichen Schema arbeitet auch das CDP (Carbon Disclosure Project), eine weltweite Initiative zur Verminderung klimaschädlicher Emissionen). Diese Initiative arbeitet eng mit Investoren zusammen und unterstützt diese bei der Bewertung von Unternehmen nach Nachhaltigkeitskriterien.
Das CDP hat dafür verschiedene Programme aus vier Themenbereichen entwickelt: Treibhausgasemissionen, Wasser, Wald und Lieferkette. Das Prozedere läuft hierbei immer gleich ab: die Unternehmen bekommen einen standardisierten Fragebogen über eine Online-Plattform zur Verfügung gestellt und sollen diesen einmal im Jahr beantworten. Im Bereich des Klimareportings werden Strategie, Ziele, Initiativen zum Management von Treibhausgasemissionen sowie konkrete KPIs (Emissionen und Energieverbrauch nach Scope 1, 2, 3) abgefragt. Die Teilnahme ist freiwillig, allerdings behalten sich einkaufende Unternehmen – speziell im Bereich Supply Chain – vor, den Bezug der Waren zu stoppen, falls keine Teilnahme erfolgt oder die Bewertung schlecht ausfällt. Das Rating erfolgt im Anschluss an die Beantwortung des Fragebogens durch das CDP.
Die genannten Initiativen zeigen beispielhaft den externen Druck auf, den Unternehmen im Bereich des Nachhaltigkeitsmanagements spüren. Um dem systematisch zu begegnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein interessanter Ansatz ist es, Überschneidungen bei den Anforderungen der einzelnen Initiativen intelligent zu nutzen.
Ein Nachhaltigkeitsmanagement basiert auf einer entsprechenden Dokumentation, welche ihrerseits Unternehmen in die Lage versetzt, die Grundanforderungen zu erfüllen. Zur „Grundausstattung“ gehört dabei zum Beispiel die Erstellung des unternehmensweiten Carbon Footprints, einer Bilanz der direkt oder indirekt verursachten Emissionen des Unternehmens.
Die Berechnung erfolgt dabei in drei verschiedenen Teilbereichen, den sogenannten Scopes:
Abbildung 1 verdeutlicht die Aufteilung der Scopes noch einmal.
Für die Berechnung der unternehmensweiten Emissionen ist es erforderlich, in möglichst vielen Kategorien Daten zu erheben und in einem zweiten Schritt mithilfe sogenannter Emissionsfaktoren den Carbon Footprint zu bestimmen. So entsteht am Ende ein umfassendes Bild, das zeigt, welche Kategorie welchen Anteil an der gesamten Treibhausgasbilanz aufweist – das seinerseits dann auch bei der Priorisierung emissionsreduzierender Maßnahmen eingesetzt werden kann
Eine andere, weitere Möglichkeit der Dokumentation ist die Erstellung von sogenannten Policies. Hierunter fallen Dokumente, wie zum Beispiel Einkaufsbedingungen, die das Unternehmen für sich selbst formuliert hat, oder auch Verhaltenskodizes, die innerhalb des Unternehmens gelten. Die Policies stellen dabei eine Formalisierung bestehender Aktivitäten und Grundsätze dar und erleichtern damit die Nachvollziehbarkeit für externe Anspruchsgruppen. Wichtig ist dabei die Gültigkeit für die gesamte Gruppe – und nicht nur ausgewählte Standorte.
Auch die Teilnahme an Zertifizierungen auf Basis anerkannter Normen wie der ISO 50001 (Energiemanagement) oder ISO 26000 (Nachhaltigkeitsmanagement) bietet eine gute Möglichkeit für Unternehmen, einen Grundstein für ein nachweisbares Engagement im Bereich Nachhaltigkeit zu legen.
Die genannten Module können dann idealerweise in einem eigenen Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert werden. Dieser Bericht kann frei erstellt werden, richtet sich jedoch am besten an den Vorgaben verschiedener Initiativen aus. So kann er im Rahmen des Global Compacts als Fortschrittsbericht formuliert werden oder in ausführlicherer Version nach den Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt werden. In jedem Fall sollten sich alle bestehenden KPIs, Aktivitäten, Zertifizierungen, Strategien und Ziele im Einklang befinden, um Transparenz über das Unternehmen herzustellen.
Die Beispiele zeigen, welche Möglichkeiten es im Unternehmen bereits gibt, um aktiv den Anforderungen der verschiedenen Initiativen zu begegnen. Natürlich gibt es zahlreiche weitere Maßnahmen, die sinnvoll und notwendig sind – die beschriebenen sind nur beispielhaft bzw. als Anfang zu sehen. All diese Maßnahmen tragen jedoch nicht nur dazu bei, die Wertschöpfungskette transparenter zu machen, sondern neben der beabsichtigten Erfüllung von externen Anforderungen, die Unternehmen im Sinne der Nachhaltigkeit auch aktiv weiter voranzutreiben. Denn je intensiver die Beschäftigung mit diesem Themenbereich im Unternehmen erfolgt, desto deutlicher wird die Wichtigkeit, welche diese für das Unternehmen aufweist. So ergibt sich auch der Bezug zur allgemeinen Unternehmensstrategie, den das Thema damit erhält.
Die Bedeutung scheint auch in den kommenden Jahren eher zu- als abzunehmen. Daher gilt die klare Empfehlung für Unternehmen, sich diesem Themenbereich neben den vorgeschlagenen Grundmodulen in all seiner Komplexität anzunehmen und so einen Beitrag im Sinne der gesamten unternehmerischen Nachhaltigkeit zu leisten.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2017 Mai/Juni