Design für Leichtbau und Nachhaltigkeit

Beitrag von Prof. Dr.-Ing. Otto Huber, Kompetenzzentrum Leichtbau Hochschule Landshut (LLK) und  Prof. Dr.-Ing. Sergej Diel, Fakultät Maschinenbau Technische Hochschule Ingolstadt.

Nachhaltige Produkte zeichnen sich durch einen geringen Ressourcenaufwand und einen geschlossenen Materialkreislauf aus. Für die Kundenakzeptanz spielt darüber hinaus das Produktdesign, die Produkteigenschaften, die Lebensdauer und der Preis eine entscheidende Rolle. Als Produktbeispiel wird in diesem Beitrag die Entwicklung und Fertigung eines werkstoffhybriden Leichtbau-Skateboards betrachtet, das eine hohe Designfreiheit in der Formgebung und für die Produkteigenschaften bietet. Das Skateboard-Deck wird als Sandwichstruktur mit einem Kern aus zellularem Verbundwerkstoff (ZVW) und integrierten faserverstärkten Deckschichten gestaltet. Dabei wird Recyclingmaterial integriert und das Potenzial einer Wiederverwendung von hochwertigen Verstärkungsfasern aufgezeigt.

Zellulare Verbundwerkstoffe (ZVW) werden durch Umgießen von zellularen Platzhaltern hergestellt [1], was eine große Flexibilität in der Formgebung bietet. Durch die Verwendung von Glasschaumgranulat aus Recyclingglas mit einer Schüttdichte von 0,2 - 0,3 kg/dm3 wird die Dichte des Verbundes reduziert und die gewichtsspezifische Steifigkeit und Druckfestigkeit deutlich erhöht [2, 3]. Weitere Vorteile des Glasschaumgranulats sind die verfügbaren Granulatfraktionen (0,1 mm bis über 10 mm), die hohe thermische und chemische Beständigkeit sowie der niedrige Preis (0,65 €/kg). Bild 1 zeigt den ZVW sowie dessen Mikrostruktur.

Für die Herstellung des ZVW können verschiedene polymere Matrixwerkstoffe verwendet werden. Für den in diesem Beitrag diskutierten ZVW wird eine Epoxidharzmatrix verwendet. Möglich ist über ein T-RTM-Verfahren (Thermoplastic-Resin Transfer Moulding) auch die Verwendung einer Polyamid-6-Matrix, wodurch die Recycelbarkeit des ZVW sowie der verwendeten Verstärkungsfasern deutlich verbessert werden kann [4].

ZVW erweisen sich als besonders interessantes Kernmaterial für Sandwichstrukturen. Mit Hilfe von ZVW können komplexe Bauteile auch mit Randschichtverstärkungen in einem einzigen Produktionsschritt hergestellt werden [5]. Dabei wird ein Infiltrationskern aus Glasschaumgranulat gleichzeitig mit den Deckschichten aus Verstärkungsfasern in einem einzigen Produktionsschritt mit EP-Matrix infiltriert. Durch die damit integrierten faserverstärkten Deckschichten wird eine homogene Verbindung zwischen dem Kern und den Deckschichten erreicht. Es kann damit auf den Einsatz von Klebschichten verzichtet werden, welche als Schwachstelle die Festigkeit eines Kernverbunds limitieren können.

Durch dieses urformende Fertigungsverfahren besteht die Möglichkeit, mehrfach gekrümmte Sandwichstrukturen, wie sie beispielsweise bei einem Skateboard erforderlich sind, zu realisieren. Darüber hinaus können auch Designmedien in Form von bedruckten Textilgewebe in die äußersten Deckschichten sowie Verschleißschutzschichten und eine raue Oberschicht zur Gripverbesserung durch transparentes Quarzgut unterschiedlicher Körnung integriert werden.

Um das Leichtbaupotenzial besser auszuschöpfen, wurde eine SkateboardVariante mit kohlenstofffaserverstärkten Deckschichten entwickelt [6] und gefertigt. Durch die analytische und numerische Optimierung des Skateboards konnte ein Gewichtsvorteil von ca. 15 % gegenüber einem herkömmlichen Skateboard aus Holz erzielt werden. Darüber hinaus konnte die Festigkeit bei gleicher Steifigkeit um ca. 80 % gegenüber einem Holzboard gesteigert werden.

Bild 3 zeigt das Sandwich-Skateboard mit CFKDeckschichten und die Durchführung des Festigkeitsversuchs.

Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag wurde ein Beispiel für die Synthese aus der Leichtbautechnologie, der Wiederverwertung von Materialien, einer kundenwertigen Formgebung und Oberflächengestaltung dargestellt. Durch die Anwendung hybrider Werkstoffe und Strukturen können Produkteigenschaften wie Steifigkeit und Festigkeit gezielt eingestellt und eine Gewichtsreduktion erzielt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Integration von Designmedien, Verschleißschutz und Gripverbesserung. Durch die Verwendung von Glasschaumgranulat aus Altglas und einer thermoplastischen Polymermatrix mit der damit einhergehenden Möglichkeit der Faserrückgewinnung kann zukünftig ein Beitrag zur Transformation in eine Kreislaufwirtschaft geleistet werden.

Quellen:

[1] Klaus, H., Huber, O., Kuhn, G.: Cellular composites in lightweight sandwich applications, Materials Letters, 63, 1117-1120, 2009

[2] Diel, S., Huber, O., Saage, H., Steinmann, P., Winter, W.: Mechanical behavior of a cellular composite under quasi-static, static and cyclic compression loading, Journal of Materials Science, 47, 5635-5645, 2012

[3] Diel, S., Huber, O.: A continuum damage mechanics model for the static and cyclic fatigue of cellular composites, Materials, 10, 1-21, 2017

[4] Fischer, A., Klaus, H.: Herstellung von thermoplastischen Sandwichelementen mit integrierten Deckschichten und Kern aus zellularem Verbundwerkstoff mittels T-RTM-Verfahren, Tagungsband zum 9. Landshuter LeichtbauColloquium, 2019, ISBN: 978-3-9818439-2-7

[5] Huber, O., Klaus, H.: Leichtbau-Formteil und entsprechendes Herstellungsverfahren, Europäische Patentschrift EP 2 125 358 B1, 2014

[6] Diel, S., Bürgel, F., Huber, O.: Auslegung und Optimierung eines Skateboards in Sandwichbauweise mit zellularen Verbundwerkstoffen und integrierten faserverstärkten Deckschichten, ANSYS Conference & 30. CADFEM Users' Meeting, Conference Proceedings, 2012

[7] Diel, S.: Charakterisierung und Modellierung des quasi-statischen Verhaltens und der Ermüdung eines zellularen Verbundwerkstoffes, Dissertation, Universität Erlangen-Nürnberg, 2015

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022 Januar/Februar