Licht als fester Bestandteil der BMW-Designsprache

Beitrag von Dr. Christian Jebas, Entwicklungsingenieur für Lichtfunktionen BMW AG

Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich die Ansprüche der Kunden an Kraftfahrzeuge durch die Verfügbarkeit neuer Technologien weitreichend verändert. Zum einen gehen neben den weiterhin relevanten klassischen Kaufkriterien wie dem Anschaffungspreis, dem Wiederverkaufswert, der Zuverlässigkeit oder auch der Praktikabilität vollkommen neue Eigenschaften wie beispielsweise die Integration digitaler Dienste oder auch der Klimaschutz in die Kaufentscheidung ein. Zum anderen werden an traditionelle Kriterien häufig deutlich gesteigerte Erwartungen gestellt. Neben Attributen wie beispielsweise der aktiven und passiven Sicherheit, den Motor- und Fahrleistungen sowie der Fahrerassistenz wird auch das Fahrzeugdesign vom modernen Kunden beim Kauf anders bewertet als noch vor wenigen Jahren.

Innovatives Lichtdesign

Seit 1968 wird das Design von Fahrzeugen der Marke BMW durch das sogenannte Vier-Augen-Gesicht geprägt, welches sich in Kombination mit dem Kühlergrill in Nierenform zu einem unverwechselbaren Erscheinungsbild im Straßenverkehr etabliert hat. Es liegt also nahe, dass den BMW-Designerinnen und -Designern eine Beleuchtung dieser beiden Elemente im Bereich der Front besonders wichtig ist.

So wurde bereits im Jahr 2000 durch den Einsatz von glühlampengespeisten Lichtleitsystemen mit der BMW 5er-Serie (E39) erstmals eine charakteristische und damit wiedererkennbare Lichtsignatur in Form von vier Lichtringen in den Scheinwerfern auf den Markt gebracht. Dieses Alleinstellungsmerkmal, bei BMW als „Scheinwerferikonen“ bezeichnet, von den Kunden liebevoll „Angel Eyes“ getauft, erfüllte zunächst die gesetzlichen Anforderungen an das Fahrzeugbegrenzungslicht und war damit ausschließlich in der Nacht sichtbar. Der grundsätzlichen Signatur ist das Unternehmen bis heute in allen Modellen treu geblieben, wodurch eine stabile Produktidentität geschaffen wird. Im Laufe der Produkt-Evolution wurden diese Elemente von einer zwei- in eine dreidimensionale Geometrie überführt, der Funktionsumfang wurde vom Begrenzungs- auf das Tagfahr- und das Begrüßungslicht und in einigen Modellen sogar auf das Abblendlicht erweitert. Auf diese Weise werden die Scheinwerferikonen in allen typisch auftretenden Use Cases dargestellt. Sie sind damit als fester Bestandteil der Designsprache eng mit der Marke BMW verbunden und aus keinem Modell mehr wegzudenken.

Mit dem aktuellsten Entwicklungsschritt im Zusammenhang mit den Scheinwerferikonen hat BMW im Jahr 2019 ein weiteres Alleinstellungsmerkmal geschaffen und Begeisterung auf dem Markt ausgelöst. Mit dem neuen M8 First Edition und darauffolgend im neuen M5 CS wurden erstmals Serienfahrzeuge vorgestellt, deren Lichtsignatur in Abhängigkeit der jeweils aktivierten Funktion verändert wird. Während die Scheinwerferikonen bei aktiviertem Tagfahr-, Stand- oder Parklicht weiterhin in einem modernen Kaltweiß leuchten, schaltet die Lichtfarbe bei Aktivierung des Abblendlichtes auf ein sportliches Gelb um. Auf diese Weise wird nicht nur die Individualität des M8 gestärkt, es wird auch die klare Verbindung zu vielen Fahrzeugen des BMW Motorsports unterstrichen, deren Scheinwerferikonen den gleichen Farbton aufweisen.

 

Ermöglicht wird die Umschaltung zwischen den Lichtfarben Kaltweiß und Gelb durch eine Vielzahl unterschiedlicher LED-Typen, welche die Lichtleitoptiken hinter den Ikonen speisen. Eine intelligente Ansteuerung schaltet die Farben beim Lichtfunktionswechsel um und stellt sicher, dass der entsprechende Farbort präzise erreicht wird. Die gelbe Lichtfarbe ist dabei bewusst nur von außen wahrnehmbar. Die für die Insassen bereitgestellte Ausleuchtung der Fahrbahn erfolgt wie gewohnt mit kaltweißem Licht, welches neben einer optimalen Sichtweite ein ermüdungsfreies Fahren sicherstellt.

Im gleichen Jahr konnte BMW erneut den Platz des First Movers mit einer weiteren Licht-Designinnovation einnehmen. Im X6 (G06) wird auf Kundenwunsch der nierenförmige Kühlergrill in der Dunkelheit beleuchtet, wodurch die Lichtsignatur um ein weiteres markentypisches Element ergänzt und ein zusätzliches Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb geschaffen wird. Dieses expressive Gestaltungselement wurde bewusst erstmalig in ein ausdrucksstarkes und im Straßenverkehr präsentes Modell integriert. Vergleichbar mit den Scheinwerferikonen wird die, als „Iconic Glow“ bezeichnete, beleuchtete Niere ihren Weg auch in anderen Modellen fortsetzen, sich weiterentwickeln und in Kombination mit den Scheinwerferikonen zukünftig die Erscheinung von Fahrzeugen der Marke BMW im Straßenverkehr prägen.

Ideenentwicklung und -validierung

Täglich entwickeln kreative Köpfe der Lichtabteilung in enger Zusammenarbeit mit ihren Kollegen des Lichtdesigns und externen Entwicklungspartnern neue Innovationen. Bei der Entscheidung, welche Konzepte in ein Serienmodell einfließen sollen, sind eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu bewerten. Dabei steht der Kunde stets im Vordergrund der Überlegungen. Wie wirkt die neue Idee im Straßenverkehr? Gibt es länderabhängig unterschiedliche Kundenpräferenzen? Solche und ähnliche Fragen gilt es zu beantworten, bevor eine neue Idee weiterverfolgt wird und eine Chance auf einen Serieneinsatz erhält.

Neben der Kundenakzeptanz und ökonomischen Themen sind vor allem auch zulassungsrechtliche Gesichtspunkte zu prüfen – schließlich besitzt die Gesetzeskonformität der Produkte höchste Priorität. Zu diesem Zweck arbeitet das Unternehmen eng mit den Zulassungsbehörden, wie beispielsweise dem deutschen Kraftfahrtbundesamt sowie den technischen Diensten zusammen.

Obwohl moderne computergestützte Simulationen die Berechnung fotorealistischer Abbildungen und Animationen ermöglichen, schließt eine aussagekräftige 360 °-Bewertung häufig auch die visuelle Begutachtung von Prototypen mit ein. Möglichst realitätsnahe Bedingungen werden dabei in einem sogenannten Lichtkanal geschaffen, in dem unterschiedliche Verkehrs- und Beleuchtungssituationen reproduzierbar simuliert werden können. Die BMW AG setzt ein solches Werkzeug bereits seit nunmehr fast 40 Jahren ein. Ab 2022 wird der bestehende Lichtkanal im Forschungs- und Entwicklungszentrum München durch einen zweiten ergänzt, der mit einer Länge von 132 Metern zu den größten Deutschlands gehört und die Entwicklerinnen und Entwickler aus dem Bereich Lichttechnik bei der BMW AG für die Zukunft wappnet.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022 Januar/Februar