Medizinische Studien für Alle

Die TRICLI-App

Beitrag von Matthias Froehlich, TRICLI GmbH

Wir können leider nichts mehr für Sie tun – ein Satz, den Sie als Arzt/Ärztin auf einer onkologischen Station leider öfter zu Patienten/Patientinnen sagen müssen, für die keine weitere Therapiemöglichkeit ihrer Krebserkrankung besteht. Dass dieser Satz heutzutage auf solchen Stationen seltener zu hören ist, liegt v. a. an einer hochdynamischen, innovativen Forschung im Bereich Medizin und speziell der Onkologie. Richtiggehende Revolutionen gab es beispielsweise bei der Behandlung der chronisch myeloischen Leukämie (CML), wo durch neue Therapieansätze das Überleben von unter 30 % auf über 90 % gesteigert werden konnte. Ein ähnliches Beispiel ist die Therapie des malignen Melanoms.

Was gut klingt, ist aber leider nur die schöne Spitze des Eisbergs in mehrfacher Hinsicht. Denn hinter der Entwicklung neuer Medikamente stecken enorme Kosten und viele Jahre intensiver Forschung. Die Quote der Medikamente, die schließlich zugelassen werden, liegt dennoch bei unter 10 Prozent [1]. Kritisch ist insbesondere die klinische Studienphase, wenn die Medikamente unter kontrollierten Bedingungen am Menschen getestet werden. Sie geht im Durchschnitt mit Kosten von 1 Mrd. Euro einher, ist also extrem teuer – und nicht wirklich eine Erfolgsgeschichte. Viele Studien dauern extrem lange, werden abgebrochen oder sind aufgrund einer zu geringen Anzahl von Studienteilnehmern unterpowert, können also gewisse Ergebnisse nicht liefern. Das Paradoxe: 95 % der Krebspatienten möchten gerne an Studien teilnehmen, 5 % tun es effektiv. Ein Hauptproblem ist hierbei, dass sich Studie und Patient nicht „finden“, da häufig effiziente Strukturen zur Rekrutierung von Studienteilnehmern, so der Fachbegriff, fehlen. Das hat mehrere Gründe und gravierende Folgen: Viee Medikamente kommen dadurch nicht zur Zulassung, viele Gelder verpuffen und Patienten/Patientinnen werden einer u. a. lebensrettenden Chance beraubt.

Die Idee zu TRICL

TRICLI möchte genau dieses Problem lösen. Dies ist der Name unserer App und unseres Unternehmens. „TRI“ steht für Trial (Studie) und die DREI für die zur Studienteilnahme elementaren „Faktoren“ Patient, Arzt, und Studie. „CLI“ steht für Clinic(al). Gegründet und entwickelt von Ärzten des Uniklinikums Augsburg ist die Idee zu TRICLI eine App zu entwickeln, die Ärzten/Ärztinnen und Patienten/Patientinnen die Möglichkeit gibt, Studien einfach zu finden, schnell einen Überblick über die wichtigsten Inhalte der Studie zu geben und dabei gleich die wichtigsten Kriterien, die für und gegen eine Teilnahme an der Studie sprechen, zu prüfen. Im letzten Schritt stellt TRICLI den Kontakt zu den jeweiligen Kliniken/Studienzentren her, wo die Studie durchgeführt wird. TRICLI soll also mehrere Funktionen erfüllen: Zum einen will TRICLI eine Informationsplattform für MedikamentenStudien sein, zum anderen ein „MatchingTool“, um Studie und Patient/Patientin zusammenzubringen, indem studien- und patientenspezifische Charakteristika abgeglichen werden. Im letzten Schritt wird TRICLI zum Dienstleister, indem der Patient zum Studienzentrum vermittelt wird.

Wie funktioniert TRICLI?

Daten zu den Studien-Medikamenten werden vom jeweiligen Pharmaunternehmen, welches das Medikament entwickelt, auf offiziellen Seiten der amerikanischen (FDA) bzw. europäischen (EMA) Arzneimittelbehörde zur Verfügung gestellt. Sie sind somit prinzipiell frei verfügbar, sind aber nur in einer sehr Anwender-unfreundlichen Form dargeboten, die insbesondere für Laien nicht verständlich ist und für Ärzte/Ärztinnen unübersichtlich und nicht im Alltag brauchbar. Über eine entsprechende Schnittstelle werden diese Daten in TRICLI importiert. Die Daten werden anschließend aufbereitet hinsichtlich der für die Anwendung relevanten Anforderungen: Übersichtlichkeit der Daten, Hierarchisierung der sog. Ein- und Ausschlusskriterien, Anpassung der Sprache an Fachpersonal bzw. Laien. In der Regel existieren pro Studie ca. 20 – 30 Kriterien, die für eine Studienteilnahme erfüllt bzw. ausgeschlossen werden müssen. Hier werden die jeweils häufigsten fünf Kriterien ausgewählt, um eine gute Vorselektion der Patienten/Patientinnen zu erreichen. Ziel ist die gezielte Vorselektion an potentiellen Studienteilnehmern, um den sehr aufwendigen Prüfungsprozess zur Teilnahme (Dauer häufig 1 Stunde), den dann Studienärzte/Studienärztinnen durchführen müssen, zu optimieren. Um Patienten dann an die entsprechenden Kliniken zu vermitteln geht TRICLI zwei Wege: Zum einen wird die App an Kliniken als Abonnement verkauft, so können die jeweiligen Klinikärzte/Klinikärztinnen die App nutzen, jederzeit und direkt per Handy am Krankenbett. Die Meldung von potentiell geeigneten Patienten an die jeweilige Studieneinheit erfolgt dann Klinik-spezifisch und an die jeweiligen Strukturen angepasst. D. h. TRICLI implementiert in die App entsprechende Kontaktadressen von Sekretariaten. Die Studienschwestern können zudem über eine DesktopOberfläche das klinikspezifische Studienangebot in der App selbst pflegen. Die andere Möglichkeit, ein Studienzentrum zu finden, läuft über TRICLI selbst. Für Ärzte/ Ärztinnen in kleineren Kliniken oder der ambulanten Versorgung, stellt TRICLI ein Service-Telefon zur Verfügung, wo sich Ärzte/Ärztinnen und Patienten/Patientinnen jederzeit melden können. TRICLI vermittelt dann geeignete Kliniken.

Was macht TRICLI einzigartig?

Durch die übersichtliche Darstellung von Studieninformationen, die Optimierung des „matching“ via Vorselektion und die Vermittlung von Patienten/Patientinnen an geeignete Studien bietet TRICLI eine Lösung für ein relevantes Problem in Bezug auf medizinischen Fortschritt: Die effiziente Suche nach geeigneten Patienten/ Patientinnen für Studien. TRICLI möchte dabei sowohl den Arzt/Ärztin als auch den Patient/Patientin gewinnen, um Studien jederzeit und v. a. auch überall zugänglich zu machen. Damit wird Fortschritt und Spitzen-Medizin auch in den peripheren ländlichen Gebieten verfügbar, abseits großer klinischer Zentren. Zumal nun auch Ärzte/Ärztinnen, die keinen inhaltlichen oder infrastrukturellen Zugang zu Studien haben, die Möglichkeit bekommen, ihre Patienten/Patientinnen gezielt zu vermitteln und dabei selbst auf dem Stand der Forschung zu bleiben. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass TRICLI selbst nicht auf sensible Patientendaten zugreifen muss, da die finale Prüfung der Eignung zur Studienteilnahme beim Studienarzt/Studienärztin bleibt, so dass der Datenschutz jederzeit gewährt ist. Gleichwohl besteht bei entsprechender Einwilligung der Patienten/Patientinnen die Möglichkeit, dass TRICLI die Prüfung der „Top 5“ Kriterien und die Auswahl geeigneter Studien übernimmt.

Welches Potenzial bietet dieses Feld?

Die Reihe potenzieller Gewinner durch TRICLI ist dabei lang. Neben den primären Zielgruppen, Ärzten/Ärztinnen, Kliniken und Patienten/Patientinnen können Krankenversicherungen ihren Versicherten Studien anbieten. Die Forschung wird durch die effizientere Durchführung von Studien vorangebracht und auch die Politik kann ihr Versprechen einlösen, die ländlichen Regionen mit dem Anschluss an Spitzen-Medizin attraktiv zu machen. TRICLI ist barrierefrei und für verschiedene Sprachen konzipiert, um die Anwendung so einfach und inklusiv zu gestalten wie möglich. Da Studien standardisiert und routinemäßig international durchgeführt werden, ergibt sich zudem die Chance TRICLI auch in anderen Ländern zu Verfügung zu stellen. Der langfristige Wunsch wäre, die Quote an Studienteilnehmern zu erhöhen und gleichzeitig den Aufwand der Studienrekrutierung zu reduzieren. Hierin sehen wir das größte Potenzial von TRICLI mit dem Wunsch möglichst schnell weitere Revolutionen wie die Therapie der CML allen Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

Quellen

[1] www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/so-funktioniert-pharmaforschung/ so-entsteht-ein-medikament.html

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 03/2023 MAI/JUN