Robotik und Künstliche Intelligenz im Recht

Beitrag von Prof. Dr. Susanne Beck, Universität Hannover

Robotik und KI stellen das Recht vor neue Herausforderungen. Deshalb ist zu klären, wer verantwortlich ist, wenn durch die Entscheidungen der Maschine ein Schaden entsteht. Auch ist zu diskutieren, welche Entscheidungen mit Blick auf ihre Risiken und Folgen überhaupt auf Maschinen übertragen werden dürfen. Mehr dazu.

Grenzen des Rechts

Die rasante Entwicklung der Robotik und Künstlichen Intelligenz (KI) macht sich immer mehr auch auf gesellschaftlicher Ebene bemerkbar. Die öffentlichen bzw. medialen Debatten über die zunehmende Autonomie von Maschinen nehmen zu: Sei es, dass ein Verbot von Autonomen Waffensystemen gefordert wird, sei es, dass im Pflegebereich eine Entmenschlichung befürchtet wird und dass die zunehmende Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung zu einem erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen führen könnte.

Diese Veränderungen müssen sich auch im Recht spiegeln, wobei jedoch nicht alle gesellschaftlichen Entwicklungen vom Gesetzgeber gesteuert werden können und sollten. So kann das Recht keine Arbeitsplätze sichern – das sind letztlich wirtschaftliche bzw. politische Entscheidungen. Das Recht ist auch nicht geeignet, um eine humane Gesellschaft zu garantieren bzw. vor Dehumanisierung zu schützen; hierum muss sich schlussendlich die Gesellschaft selbst kümmern

Unklare Verantwortung und Haftbarkeit

Doch einige der durch Robotik und KI verursachten Schwierigkeiten kann und sollte das Recht lösen. Das gilt insbesondere für die Verantwortungsdiffusion, die entsteht, wenn man immer mehr Entscheidungen auf Maschinen überträgt oder von ihnen vorbereiten lässt: Bei Maschinen, die selbst dazu lernen, einen eigenen Entscheidungsrahmen haben, durch Sensoren und Vernetzung Informationen erhalten und selbst auswerten, lässt sich weder ex ante absehen, welche Entscheidungen sie in welchen Situationen treffen werden, noch ex post feststellen, worauf genau eine Fehlentscheidung beruhte. Insbesondere, ob einer der Beteiligten, z.B. Programmierer, Produzent oder Nutzer, selbst einen Fehler gemacht hat, ist in vielen Fällen nicht mehr nachweisbar.

Die klassischen rechtlichen Zurechnungsstrukturen sind hierauf nicht anwendbar, d.h. es ist kaum möglich, einen der Beteiligten haftbar zu machen oder für verantwortlich zu erklären. Das betrifft sowohl die Frage der zivilrechtlichen Haftung, bei der es vor allem um den Ausgleich von Schädigungen Dritter geht, als auch der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (hier in der Regel für Fahrlässigkeit), bei der die Sanktion des fehlerhaft handelnden Individuums im Vordergrund steht.

Recht und KI: Lösungsansätze

Einfach einen der Beteiligten, etwa den Nutzer, zur Verantwortung zu ziehen, ist regelmäßig keine überzeugende Lösung. So kann der Fahrer eines autonomen Kfz in einer plötzlich auftretenden kritischen Situation nicht ebenso schnell und konzentriert agieren wie ein selbständig Fahrender – es kann dann aber eben auch nicht von ihm erwartet werden, dass er dauerhaft die Kontrolle über sein Fahrzeug behält.

Das Recht muss für die Verantwortungszuteilung in diesen Kontexten neue Lösungen finden. Das gilt natürlich nur insoweit, als sich die Situation im Vergleich zum Status Quo tatsächlich verändert. Werden etwa Maschinen – wie wohl zum Teil gefordert – so konstruiert, dass sie den Fahrer zwar entlasten, aber seine Konzentration nicht schwächen, sondern ihn weiterhin ebenso fordern wie aktuelle Kraftfahrzeuge, ist keine Anpassung des Rechts erforderlich.

Es ist jedoch zum einen fraglich, ob die Weiterentwicklung der Technik tatsächlich an diesem Punkt enden wird; zum anderen ist hier in der konkreten Situation detailliert zu diskutieren und empirisch zu eruieren, ob der menschliche Akteur tatsächlich ebenso frei und unbeeinflusst entscheiden kann wie es dem Rechtsregime entspricht. Diskutiert wird etwa die Einführung einer „elektronischen Person“, die vergleichbar der bereits bekannten juristischen Person (Unternehmen o.ä.) ein juristisches Konstrukt wäre. Sie könnte ein von den Beteiligten einbezahltes Vermögen haben, Adressat für den Geschädigten sein, mittels eines Vertreters vor Gericht auftreten etc.

Offene Fragen

Zumindest einige Probleme, die durch die Übertragung von Entscheidung und damit auch von Verantwortung auf Maschinen entstehen, könnten so gelöst werden. Andere, wie die Frage nach der Strafbarkeit, blieben offen. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass die Frage nach der Verantwortung immer erst der zweite Schritt ist. Im ersten Schritt ist festzulegen, ob die jeweiligen Entscheidungen überhaupt auf Maschinen übertragen werden sollen. Dies aber bleibt eine gesellschaftliche, keine rechtliche Frage.

Relevante Rechtsgebiete

Die Robotik und KI werden überdies für weitere rechtliche Felder von Interesse werden: Das Datenschutzrecht, das Arbeitsrecht, das Versicherungsrecht, das Urheberrecht und auch das Völkerrecht befassen sich schon jetzt mit dieser Entwicklung und werden es in Zukunft noch intensiver tun.

Schon deshalb wird es erforderlich bleiben, dass die Technikwissenschaften und die Rechtswissenschaften beim Fortschritt dieser so wichtigen und gesellschaftsprägenden Technologie auch künftig eng und produktiv zusammenarbeiten.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2018 Mai/Juni