Flexible 3D-Bildgebung mit dem Laser

Beitrag von Dr. Tammo Ripken LZH, Leitung Abteilung Industrielle und Biomedizinische Optik, Dr. Sonja Johannsmeier, Laser Zentrum Hannover e.V. Head of Biophotonics Group

Seit der Entdeckung der Röntgenstrahlen im Jahr 1895 hat sich der Einsatz von zerstörungsfreien bildgebenden Verfahren erheblich erweitert. Das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) hat einen scannenden laserbasierten Tomographen entwickelt, um biologische, technische und hybride Proben auf der Mesoskala (einige Mikrometer bis wenige Zentimeter) zu untersuchen. Die hochflexible Technik kann in vielen Forschungsbereichen neue Erkenntnisse liefern. Die mikroskopische Bildgebung ist seit jeher von großem Interesse in der industriellen und biomedizinischen Forschung. Vor allem zerstörungsfreie Techniken bieten den Forschenden große Vorteile. Eines dieser Verfahren ist die tomografische Bildgebung, bei der ein Objekt in virtuelle Schnitte zerlegt wird, ohne dass ein physisches Schneiden erforderlich ist. Bekannte Beispiele für diese Methode sind die medizinische Ultraschalluntersuchung oder die Röntgentomographie. Ein ähnlicher Ansatz wird am Laser Zentrum Hannover verfolgt, wobei Licht anstelle von Röntgenstrahlen eingesetzt wird: Der Scanning Laser Optical Tomograph (SLOT) ist ein laserbasiertes Gerät, das tomografische Daten von Proben bis zu einer Größe von wenigen Zentimetern erfasst.

Qualitätskontrolle von Implantaten oder Bildgebung von 3D-Zellstrukturen:

Der Anwendungsbereich von SLOT ist vielseitig

Bei SLOT wird ein Laserstrahl über eine Probe gescannt und dabei zum Beispiel die Restintensität des einfallenden Laserlichts, das gestreute Licht oder angeregte Autofluoreszenz gemessen. Das Ergebnis ist ein zweidimensionales Bild der Probe im jeweiligen Kontrastmodus. Die Erfassung vieler dieser Bilder in Kombination mit einer 360°-Drehung der Probe ergibt einen vollständigen Datensatz, der dann rekonstruiert werden kann, um eine vollständige dreidimensionale Darstellung zu erhalten. Die verschiedenen Kontrastkanäle können gleichzeitig verwendet werden. Neben Autofluoreszenz wird zusätzlich häufig auch Fluoreszenz für biologische Proben verwendet, da sie es den Forschern ermöglicht, zwischen gefärbten Zelltypen oder Gewebeschnitten zu unterscheiden.

Der Parameterraum für typische SLOT Messungen wird beispielsweise mit einfachen Laserdioden im UV- bis InfrarotWellenlängenbereich mit wenigen Milliwatt Leistung im cw-Betrieb (continuous wave – dauerhaft emittiert) beschrieben. Dabei können Proben unaufgeklart bis zu 1 mm, aufgeklart sogar bis in den Zentimeterbereich dargestellt werden.

Da SLOT in hohem Maße anpassbar ist, hat es in der wissenschaftlichen Forschung bereits großes Potenzial gezeigt. Die zerstörungsfreie Technik ist besonders für die Qualitätskontrolle von technischen, biologischen oder hybriden Proben interessant. Dazu können sowohl zelluläre Konstrukte als auch Implantate gehören.

Das Einsetzen der empfindlichen Cochlea-Implantate in das Innenohr erfordert beispielsweise großes chirurgisches Geschick und eine umfassende Ausbildung. Untersuchungen der Implantatstelle ermöglichen es, die Qualität des Einsetzens sowie Gewebemerkmale, wie z. B. Entzündungen, zu bewerten (Abb. 1). Eine weitere Anwendung ist die Abbildung von 3D-Zellclustern. Solche zellulären Sphäroide werden zunehmend bei der Prüfung von Substanzen und der Entwicklung von Medikamenten eingesetzt, da sie die menschliche Physiologie genauer abbilden als die entsprechenden 2D-Zellmonolayer (Abb. 2). Ihre Herstellung erfordert jedoch eine Qualitätskontrolle, um sowohl die korrekte Form als auch die inneren Eigenschaften der 3D-Konstrukte sicherzustellen. SLOT kann für solche Kontrollmessungen eingesetzt werden: Dank seiner hohen Empfindlichkeit wird das bei anderen Mikroskopietechniken oftmals auftretende Photobleaching auf ein Minimum reduziert. Die gleichzeitige Messung von Absorption und Fluoreszenz reduziert zudem die Aufnahmezeit.

SLOT: Eine flexible und kosteneffiziente Lösung für die 3D-Bildgebung auf der Mesoskala

Ein einfacher SLOT-Aufbau kann zu einem Bruchteil der Kosten anderer 3D-Systeme, wie z. B. Lichtblattmikroskope, erstellt werden. Darüber hinaus zeichnet sich das gesamte System durch ein kompaktes Design aus, was es als erschwingliches Tischgerät für Laboranwendungen interessant macht. Kundenspezifische Erweiterungen des Grundaufbaus sind möglich, um zusätzliche Bildinformationen zu nutzen. Neben Absorption, Streuung und Fluoreszenz wurde mit dem tomographischen Gerät auch die Bildgebung mit der Generation der zweiten Harmonischen (Second Harmonic Generation SHG) demonstriert. Dies wurde durch die Verwendung eines fs-Lasers (1 Femtosekunde fs = 10-15 s) anstelle von Laserdioden realisiert. Die SHG-Bildgebung von gewebeeigenen Kollagennetzwerken ist in der Biologie von besonderem Interesse, da sie die ursprüngliche Gewebestruktur ohne zerstörende Schnitte offenbart. Eine neuere Entwicklung ermöglicht die hyperspektrale tomographische Bildgebung: Ein Fluoreszenzspektrometer wurde in den Aufbau integriert, und die Laser wurden durch eine Weißlichtquelle ersetzt, um zusätzliche spektrale Informationen zu erfassen. Die Methode kann 3D-Darstellungen von jeder annähernd optisch klaren Probe (d. h. Proben mit homogenem Brechungsindex) erzeugen. Biologische Proben können mit einer Reihe von etablierten Clearing-Protokollen behandelt werden. Selbst Hartgewebe wie Knochen und Zähne können auf diese Weise behandelt werden. Dabei bleiben sowohl Hart- als auch Weichgewebemorphologie vollständig erhalten. Transparente technische Proben sind ebenfalls für die Untersuchung geeignet. Durch die Rotation der Probe erzeugen intransparente Strukturen wie Implantate oder andere Einschlüsse keine Artefakte bei der Bildaufnahme, sondern können als Teil der Probe abgebildet werden. SLOT ist daher auch für die Qualitätskontrolle z. B. in der additiven Fertigung geeignet, um beispielsweise Rückschlüsse auf mehrschichtige Designs zu ziehen und den Druckprozess zu verbessern.

Auch intransparente Proben können abgebildet werden, wenn nur die Oberfläche von Interesse ist. Durch die Verwendung unterschiedlicher Wellenlängen ist es möglich, zwischen verschiedenen Oberflächenkomponenten zu unterscheiden, z. B. bei der Darstellung eines bakteriellen Biofilms auf einer Zahnschraube aus Metall. Die vollständige Rotation der Probe ermöglicht dann eine genaue Bewertung des Biofilmwachstums.

Kontinuierliche Forschung wird die technischen Grenzen der SLOT-Technik definieren. Die Automatisierung des Aufbaus führt zu einem benutzerfreundlichen Gerät, das seinen Zweck in verschiedenen Disziplinen erfüllen kann. SLOT ist daher eine vielseitige Lösung für die 3D-Darstellung verschiedener Proben auf der Mesoskala.

Literatur

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Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 05/2023 SEP/OKT

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