Photonen zur Energieübertragung

Beitrag von Dr. Henning Helmers, Fraunhofer ISE

Die Welt der Energieübertragung befindet sich im Wandel, und eine Technologie, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Energieübertragung in Form von Licht (Powerby-Light). Seit ihren Anfängen in den späten 1970er Jahren, mit der Demonstration eines rein über optische Faser gespeisten akustischen Alarmgebers [1], hat sich die Technologie insbesondere in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Die Art und Weise, wie Energie übertragen werden kann, steht an der Schwelle eines revolutionären Durchbruchs. Gegenüber der konventionellen Stromübertragung über Kupferkabel weisen sowohl die fasergebundene optische Übertragung (bekannt als Power-overFiber) als auch die Freistrahlübertragung für spezifische Anwendungen bedeutsame Vorteile auf oder machen diese überhaupt erst möglich.

Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Stromversorgungssystemen

Im Vergleich zu herkömmlichen Stromversorgungssystemen bietet die optische Energieversorgung verschiedene Vorteile.

Eine rein optische Verbindung ist unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen. Ebenfalls wird die Gefahr von elektrischem Durchschlag oder Funkenbildung im Fall eines Defekts vermieden, was zu einer erhöhten Sicherheit führt. Durch die Verwendung von Lichtwellenleitern anstelle von Kupferdrähten können Platzbedarf und vor allem Gewicht erheblich reduziert werden. Zudem ist die Übertragung von elektrischer Energie über Glasfasern immun gegen Korrosion und bietet somit eine längere Lebensdauer. Ein weiterer Vorteil speziell von Powerover-Fiber Technologie ergibt sich aus der Möglichkeit umfassende bereits vorhandene Fasernetzwerke auch zur Leistungsversorgung zu nutzen. Eine gänzlich drahtlose Freistrahlverbindung schließlich ermöglicht die Energieübertragung ganz ohne Kopplungsmedium und damit ohne physische Verbindung zwischen Anwendung und Versorgungsstation.

Anwendungsbereiche und Potenzial

Die photonische Leistungsübertragung hat das Potenzial, eine Vielzahl von Anwendungsbereichen zu revolutionieren.

Vielfältige Anwendungen finden sich in der Versorgung von Sensorik in kritischer Umgebung. Beispiele sind die Überwachung von Hochspannungsleitungen oder die Versorgung von Elektronik in Magnetfeldern wie z. B. in der Medizintechnik, bei der die inhärente galvanische Trennung einen entscheidenden Vorteil bietet. Eine weitere Anwendung ist die Versorgung von blitzschlaggefährdeter Sensorik wie beispielsweise in Rotorblättern von Windenergieanlagen. Auch in explosionsgefährdeter Umgebung wie Treibstofftanks von Flugzeugen sind Anwendungen zu finden. Freistrahlanwendungen reichen von der Versorgung von Erkundungsrovern auf dem Mond zur eher pragmatischer Drahtlosversorgung allerlei smarter Geräte für das Internet-der-Dinge um lästige Batteriewechsel zu vermeiden. Erste kommerzielle Anwendungen zielen auf das komfortable kabellose Aufladen verschiedener Alltagsund Unterhaltungselektronik.

Darüber hinaus besteht im Telekommunikationsbereich ein hohes Anwendungspotenzial. Optische Fasern dienen bereits als Rückgrat der Hochgeschwindigkeitskommunikation und können nun auch zur Energieversorgung genutzt werden. Dasselbe gilt für die aufkommende drahtlose optische Kommunikationstechnik, auch bekannt als LiFi Technologie. Dadurch ergeben sich Synergieeffekte, bei denen sowohl Kommunikation als auch Energieübertragung über eine rein optische Schnittstelle erfolgen können [2] und so eine erhöhte Integrationsstufe ermöglichen.

Schlüsselkomponenten

Die Schlüsselkomponenten einer optischen Verbindung zur Leistungsversorgung sind eine Lichtquelle als Transmitter, eine Photovoltaikzelle als Empfänger, sowie deren optische Kopplung. In den letzten Jahrzehnten wurden bedeutende Fortschritte in allen Bereichen erzielt. Als leistungsstarke und energieeffiziente, schmalbandige Lichtquelle werden zumeist Hochleistungslaserdioden eingesetzt. Für fasergekoppelte Systeme sind optische Fasern mit geringer optischer Verlustleistung verfügbar, mit Dämpfungsminima im Bereich der Telekommunikationswellenlängen um 1310 nm (O-Band) und 1550 nm (C-Band). Mit photonischen Kristallfasern wurden für Wellenlängen im C-Band Faserdämpfungen kleiner 0.2 dB/km demonstriert [3].

Spezielle Photovoltaikzellen, auch bekannt als photonische Leistungskonverter (engl. photonic power converter, PPC) oder Laserleistungszellen, dienen als Empfänger und werden speziell für die effiziente optoelektronische Wandlung der Photonenenergie des Lasers entwickelt und optimiert. Im Gegensatz zu Solarzellen, welche stets für das breitbandige Sonnenspektrum optimiert werden, können bei Photovoltaikzellen für monochromatisches Licht die energetische Bandlücke des Absorbermaterials optimal zur Photonenenergie eingestellt und so energetische Verluste minimiert werden. Zudem können photonische Effekte gewinnbringend genutzt werden. Über die geschickte Erzeugung einer optischen Mikrokavität kann beispielsweise die Absorption durch Resonanzeffekte verbessert und Licht effektiv im Absorbermaterial eingefangen werden (Light Trapping). Dadurch können sehr hohe Wandlungswirkungsgrade realisiert werden.

Mit einer Dünnschichtzelle auf Basis von Galliumarsenid (GaAs) mit einer Bandlückenenergie von Eg = 1.42 eV konnten wir am Fraunhofer ISE so einen photovoltaischen Spitzenwirkungsgrad zur Wandlung von 858-nm monochromatischem Licht in elektrische Leistung in Höhe von 68.9 % demonstrieren [4]. Für niederenergetischere Photonen der Telekommunikationswellenlängen setzen wir Materialien mit geringerer Bandlückenenergie ein, wie z. B. Indiumgalliumarsenid (In0.53Ga0.47As, Eg = 0.74 eV). Zu beachten ist hier, dass die Ausgangsspannung der Photovoltaikzelle mit der Bandlückenenergie skaliert: Beträgt diese bei GaAs 1,0-1,2 V, reduziert sie sich bei InGaAs auf nur 0.3-0.5 V. Für die Versorgung eines elektrischen Schaltkreises sind in der Regel höhere Spannungen erwünscht. Erfreulicherweise kann dies durch eine monolithische Serienschaltung einzelner Teilzellen auf einem Empfängerchip realisiert werden. Dazu können bereits während des epitaktischen Wachstums der Halbleiterschichten mehrere Teilzellen vertikal gestapelt und mittels Tunneldioden in Reihe geschaltet werden. Alternativ kann die Zellfläche durch Einbringen von Ätzgräben in laterale Segmente vereinzelt und noch während der Prozessierung auf dem Chip verschaltet werden.

Die Aufteilung auf mehrere Teilzellen führt gleichzeitig zu einer Reduktion des Stroms, wodurch höhere Leistungsdichten im Bereich 100 W/cm² und mehr erreichbar werden.

Fazit

Power-by-Light Technologie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie Energie übertragen wird, grundlegend zu verändern. Zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Stromversorgungssystemen eröffnen vielseitige Anwendungsmöglichkeiten und Innovationen in unterschiedlichen Bereichen. Anwendungen mit Leistungsbedarfen im Bereich einiger Milliwatt bis wenigen Watt lassen sich schon heute mit kommerziell verfügbaren Komponenten realisieren. Einer Skalierung auch zu mehreren Größenordnungen höheren Leistungen steht im Übrigen kein fundamentaler Grund entgegen, so wurde auch die Übertragung mehrerer Hundert Watt bereits erfolgreich demonstriert. Für die weitere Erschließung neuer Anwendungen sind nun Entwickler:innen und Tüftler:innen, gerne mit Unterstützung durch Forschende am Fraunhofer ISE, gefragt die Technologie zu erproben und einzusetzen.

Quellen

[1] DeLoach, 1978, ieeexplore.ieee.org document/6770797

[2] Fakidis, 2020, ieeexplore.ieee.org document/917475

[3] Jasion, 2022, opg.optica.org/abstract. cfm?URI=OFC-2022-Th4C.7

[4] Helmers, 2021, onlinelibrary.wiley. com/doi/10.1002/pssr.202100113

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 05/2023 SEP/OKT

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