Ultraleichte E-Bikes

Urbane Freiheit auf zwei Rädern

Beitrag von Monika Aussendorf-Gödde

Mit ultraleichten E-Bikes will das junge Münchner Start-Up Ridetronic die täglichen Wege in der Stadt so angenehm wie möglich machen. Um das Gewicht des Elektrofahrrads auf ein Minimum zu reduzieren, setzt das Start-Up auf eine innovative Antriebstechnologie - mit der das E-Bike auch mit der Kapazität konventioneller Elektrofahrräder mithalten kann. Mehr dazu.

Das handliche E-Bike von Ridetronic

Nie mehr im Stau stehen, sondern mit dem Fahrrad entspannt am Ziel ankommen: Das ist die Vision der Gründer von Ridetronic. Das Start-Up entwickelt Fahrräder, die auf den ersten Blick wie gewöhnliche Zweiräder aussehen. Auf den zweiten Blick steckt aber weit mehr in den Bikes: Ein ultra-leichtes, unsichtbar integriertes elektrisches Antriebssystem soll dem Fahrer schweißtreibende Anstrengungen ersparen.

Der Innovationsmanager Maximilian Gassner bildet gemeinsam mit den Ingenieuren Thomas Janowski und Paul Klarhöfer das dreiköpfige Team hinter der Ausgründung der Hochschule München. „Uns verbindet die Leidenschaft für Fahrräder, innovative Technologie und einzigartiges Design. Dieses Wissen möchten wir dazu nutzen, um die täglichen Wege zur Spazierfahrt zu machen“, sagt Gassner. „Dadurch können wir auch dazu beitragen, dass der Autoverkehr und die Luftverschmutzung in den Städten reduziert werden und sich die Lebensqualität verbessert“.

Nach Ansicht der Gründer sind die Antriebe der aktuell verfügbaren Elektrofahrräder meistens schwer und auffällig in das Design integriert, sodass die bisher am Markt verfügbaren E-Bikes unnötig unhandlich werden. Die Neuentwicklung von Ridetronic soll nun die Vorteile eines Elektroantriebs mit dem Fahrgefühl und der Optik eines unmotorisierten Fahrrads kombinieren.

Akku ersetzt die Vorderradnabe

Ziel des Start-Ups ist es, ein vollwertiges E-Bike anzubieten, das mit weniger als 13 kg Gesamtgewicht nur etwa halb so viel wiegt wie ein konventionelles Elektrofahrrad. Erreicht wird die Gewichtsersparnis mithilfe der innovativen Antriebstechnologie „TronicDrive“, einer Kombination aus Vorderradnabenakku und Hinterradnabenmotor, die die Antriebskomponenten optimal in die Fahrradnaben integriert.

„Unsere Kernkompetenz ist dabei die Akkueinheit, die wir selbst entwickelt haben und die aus der neuesten Generation Lithium-Ionenzellen und dem Batteriemanagement besteht“, erklärt Produktentwickler Thomas Janowski. Die kompakte Akkueinheit ist in die Vorderradnabe eingebaut und wiegt nur etwa 1,8 kg. Die Zellen für den Speicher befinden sich im Akkugehäuse, das extrem schlank konstruiert wurde und für den Prototyp im 3D-Druck hergestellt wird.

Gleichzeitig dient das Akkugehäuse als Nabe. Dank der achsfesten Lagerung wirkt keine zusätzliche rotierende Masse auf die Gabel ein. Die Kapazität des Akkus beträgt 250 Wattstunden (Wh), seine Lebensdauer liegt bei rund 1000 Ladezyklen. „Diese Werte sind vergleichbar mit denen anderer Akkus, die für Citybikes auf dem Markt angeboten werden“, erklärt Elektrotechniker Klarhöfer.

Gutes Fahrgefühl auch ohne Strom

Angetrieben wird der innovative TronicDrive von einem Motor mit genormten Einbaumaßen, der in die Hinterradnabe integriert ist. Mit dem Einbau des TronicDrive in die Vorder- bzw. Hinterradnabe sind keine zusätzlichen Anbauten am Fahrrad nötig, auch besondere Leichtbauteile wie etwa Carbonrahmen sind nicht erforderlich.

Den auf das neue System abgestimmten Motor beziehen die Gründer von einem Lieferanten. Der Motor hat eine Leistung von 250 W und wiegt ebenfalls ungefähr 1,8 kg. Damit liegt das Gesamtgewicht des TronicDrive bei nur 3,6 kg. „Trotz dieses minimalen Gewichts erreichen wir bei höchster elektrischer Unterstützungsstufe Reichweiten von 60 km, im Eco-Mode sogar bis 80 km“, sagt Gassner.

Und wer Lust auf sportliche Betätigung ohne elektrische Unterstützung hat, kann den Motor einfach ausschalten: Durch die gleichmäßige Gewichtsverteilung auf Vorder- und Hinterrad bleibt der klassische Schwerpunkt erhalten und das E-Bike kann wie ein ganz normales Fahrrad gefahren werden. „Diese Möglichkeit ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale“, betont Gassner stolz. Konventionelle E-Bikes dagegen können wegen ihres hohen Gewichts von mehr als 25 kg – und teilweise auch wegen des Tretwiderstands der ausgeschalteten Motoren – nur mit deutlich höherem Aufwand als normales Fahrrad genutzt werden.

Steuerung per Smartphone-App

Da die Ingenieure ihr Konzept an die Normmaße der Fahrradindustrie angepasst haben, ist der TronicDrive in fast alle Fahrradmodelle integrierbar. Grundsätzlich funktioniert das Rad sowohl als Singlespeed (Eingangrad) als auch mit Kettenschaltung.

Wer zusätzlich zum Elektroantrieb Wert auf eine Gangschaltung legt, kann handelsübliche Zahnkranzkassetten (Sram, Shimano) auf dem Freilaufkörper montieren. Die Regelungstechnik ist im Motor verbaut, wodurch ein zusätzlicher Tretlagersensor entfällt: Beginnt man zu treten, erkennt der Motor das innerhalb einer viertel Tretumdrehung und gibt elektrische Unterstützung. Gesteuert wird der Antrieb über eine Smartphone App, mit der die elektrische Unterstützung stufenlos reguliert werden kann. Zudem können alle wichtigen Informationen wie Akkustand, verbleibende Reichweite, Geschwindigkeit, Karten etc. per Smartphone abgerufen werden.

Aber auch ohne Smartphone ist man nicht völlig hilflos: Ridetronic hat eine zusätzliche Bedieneinheit am Lenker vorgesehen, über die der Elektroantrieb gesteuert werden kann. In diese Bedieneinheit soll auch ein USB-Hub integriert werden, damit Fahrradlichter und Smartphone direkt über den Akku geladen werden können.

Kostenlose Testfahrten für Interessierte

Für den Vertrieb der Räder will Ridetronic vor allem den B2C-Bereich ansprechen, also an Endkunden verkaufen. Derzeit entwickeln die Gründer ihren Prototypen zur Serienreife, der Startschuss für die Unternehmensgründung soll Anfang 2018 fallen. Interessenten können die Räder bereits über die Website des Unternehmens (www.ridetronic.de) kostenlos für eine Testfahrt buchen.

„Grundsätzlich kann mit unserem Antriebssystem auch ein bestehendes Fahrrad zum E-Bike aufgerüstet werden“, sagt Gassner. „Den Antriebssatz planen wir ebenfalls auf den Markt zu bringen, allerdings steht derzeit das Komplettrad stärker in unserem Fokus.“ Aus haftungsrechtlichen Gründen verfolgt Ridetronic für die Nachrüstung auch kein Do-it-yourself-Konzept, sondern der Einbau soll bei professionellen Kooperationspartnern erfolgen.

Ab Ende Februar 2018 sollen Kunden die Möglichkeit haben, das Antriebssystem und Kompletträder über die Website vorzubestellen. Der Preis für ein Komplettrad wird dabei nach Angaben von Ridetronic bei rund 3000 Euro liegen.

Über das Start-Up Ridetronic

Ridetronic wurde im Rahmen des PROTO-Förderprogramms vom Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE) der Hochschule München unterstützt.

In dem komplementär aufgestellten Gründerteam ist der Maschinenbauingenieur Thomas Janowski für die Konstruktion und Fertigung von E-Bike und Antriebssystem zuständig. Der Elektrotechnikingenieur Paul Klarhöfer verantwortet die Soft- und Hardwareentwicklung der Akkutechnologie. Maximilian Gassner hat an der Hochschule München im Bachelor BWL und im Master Business Innovation und Management Consulting studiert und ist für die Unternehmensentwicklung sowie die Umsetzung neuer Geschäftsideen verantwortlich.

Seit August 2017 wird Ridetronic im Rahmen des EXIST-Gründerstipendiums des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. Im Oktober 2017 wurde das Start-Up zudem in das Xpreneurs-Inkubatorenprogramm der UnternehmerTUM GmbH München und in das Accelerator-Programm „Climate-KIC“ des European Institute of Innovation and Technology (EIT) aufgenommen.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2018 März/April