Von der Idee zum Patent

Patentmanagement in KMU

Beitrag von Markus Sperner, SPERNER PATENT, www.sperner-patent.de

Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, sogenannte KMU, tragen maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg bei. KMU haben Vorteile in der Innovationstätigkeit durch einen geringeren Formalisierungsgrad in der Kommunikation, einen hohen Qualifikationsstand, strukturelle Flexibilität und flache Hierarchien. Diese Vorteile kommen dort zum Tragen, wo es auf spezialisiertes, marktnahes Wissen ankommt. Innovationstätigkeiten von KMU finden oftmals in den laufenden, operativen Prozessen statt und werden von aus unterschiedlichen Funktionsbereichen stammenden Technikern, Ingenieuren, Meistern und qualifizierten Mitarbeitern in der Produkt-Neuentwicklung wie auch Weiterentwicklung betrieben.

Patentmanagement

Das Patentmanagement im KMU wird von einem Patentingenieur oder Patentreferent geführt. Der Patentreferent ist entweder ein Patentassessor, ein Patentingenieur oder ein auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes erfahrener Angestellter ohne abgeschlossenes Studium. Der Patentingenieur hat ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Bereich der Ingenieur- oder Naturwissenschaften.

Der Patentingenieur im KMU betreut und berät die Fachabteilungen in allen patentrechtlichen Fragen. Er führt Recherchen im Stand der Technik durch. Der Patentingenieur mit seiner speziellen Zusatzausbildung kann Patentanmeldungen formulieren und einreichen. Das gesamte Patentportfolio, bestehend aus Patenten, Gebrauchsmustern, Designs und Marken wird durch den Patentingenieur verwaltet. Er ist ebenfalls für die Klärung von Schutzrechtsangelegenheiten sowie Verteidigung der eigenen Schutzrechte zuständig. Zudem ist er die Schnittstelle zwischen der Geschäftsführung, den Fachabteilungen und den externen Patentanwälten in Fragen des Erfindungsund Patentwesens. Ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört die Unterstützung im Innovationsprozess sowie bei der Vergabe von Lizenzen der eigenen Schutzrechte und dem Erwerb von Lizenzen fremder Schutzrechte.

Entwicklungsprozess

Der Entwickler als Techniker, Ingenieur, Meister oder qualifizierter Mitarbeiter wird in der Grundlagenforschung, der Vorentwicklung und Entwicklung eingesetzt. Dort ist er für die Produkt-Neuentwicklung, die Verbesserung der bestehenden Produkte sowie die generelle Produktpflege zuständig und trägt so zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bei. Dabei geht es grundsätzlich immer um die Lösung technischer Probleme.

Der Entwickler hat heutzutage viele Möglichkeiten, um technische Probleme zu lösen. Es gibt eine Vielzahl an Ideen- und Kreativitätstechniken, um Ideen zu entwickeln bzw. Erfindungen zu generieren. Der Entwickler generiert dabei mehrere Lösungen für sein bestehendes Problem. Er wägt seine Lösungen nach der technischen Umsetzbarkeit sowie anhand der Kosten ab. Dadurch gibt es für den Entwickler nur eine „beste Lösung“. Die Kunst liegt jedoch daran, auch die anderen Lösungen und Innovationen zu erkennen, die nicht direkt zur Lösung des Problems führen, sondern ebenso langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein können.

Dies sind meistens Umgehungslösungen zur eigenen „besten Lösung“, die dann einen breiteren Schutzbereich bieten.

Innovationsprozess

Im Innovationsprozess beschreibt der Entwickler seine Idee/Erfindung in einer sogenannten Erfindungsmeldung. Darin wird unter anderem das technische Problem und die technische Lösung(en) ausführlich beschrieben. Anhand der Erfindungsmeldung wird ein erster Anspruchsentwurf erarbeitet. Dieser Anspruchsentwurf wird gemeinsam mit dem Erfinder im sogenannten „Erfindergespräch“ durchgesprochen. Damit wird dem Erfinder die Bedeutung der Wortwahl sowie die patentrechtliche Wirkung der Ansprüche klar und verständlich vermittelt. Hier kommt beim KMU der Patentingenieur ins Spiel. Durch seine Erfahrung im technischen Bereich sowie im Patentbereich ist es seine Aufgabe, gemeinsam mit dem Entwickler alle Lösungen zum Problem zu erfassen und in ein technisches Schutzrecht einzubringen. Daher wird im Erfindergespräch immer geklärt, ob alle Ideen und technischen Lösungen mit den Ansprüchen erfasst sind. Es sollten auch alle nicht direkt umsetzbaren, technisch aufwendigen oder kostenintensiven Lösungen einbezogen werden. Diese Lösungen bieten dem Wettbewerber die Möglichkeit, das eigene Schutzrecht zu umgehen. Zudem wird die Frage gestellt, wie der Erfinder sein eigenes Patent umgehen würde. Denn diese Lösung ist eine weitere Möglichkeit für den Wettbewerber, das Schutzrecht zu umgehen.

Schutzrechtsanmeldung

Nach dem Erfindergespräch werden auf der Basis der Ansprüche die gesamten Anmeldeunterlagen ausgearbeitet. Die Anmeldeunterlagen bestehen aus der allgemeinen Beschreibung, der Figurenbeschreibung, den Ansprüchen und den Figuren. Die Anmeldeunterlagen werden vom Patentingenieur auf Vollständigkeit und Richtigkeit geprüft, um in einem späteren Einspruchs- oder Verletzungsverfahren keine patentrechtlichen Probleme zu bekommen. Hierbei kann jedes einzelne „Wort“ oder „Satz“ entscheidend für den Ausgang solch eines Verfahrens sein.

Die durch den Patentingenieur freigegebenen Anmeldeunterlagen werden beim Patentamt eingereicht. Zeitgleich kann der Recherche- oder Prüfungsantrag gestellt werden. Innerhalb eines Jahres ab dem Anmeldetag (Prioritätsjahr) können zusätzlich weitere Ausführungsbeispiele in die ursprüngliche Anmeldeunterlage eingebracht werden. Ebenfalls innerhalb des Prioritätsjahres kann diese Idee/Erfindung unter Inanspruchnahme der Priorität in weiteren Ländern angemeldet werden.

Recherchen im Stand der Technik

Durch eine qualifizierte Recherche im Stand der Technik können die eigenen technischen Entwicklungen auf Schutzfähigkeit und Schutzwürdigkeit geprüft werden. Anhand der Rechercheergebnisse kann im Entwicklungsprozess eine Entwicklungsfreiheit (Freedom to operate) hergestellt werden. Die Rechercheergebnisse aus dem Stand der Technik können auch Basis in Einspruchs- oder Verletzungsverfahren sein. Als besonders wichtig können die Wettbewerbs-Schutzrechte dahingehend verwendet werden, um die eigenen Produkte zu verbessern oder die Wettbewerbsprodukte weiterzuentwickeln.

Verwaltung des Patentportfolios

In der Verwaltung des Portfolios werden die bibliographischen Daten wie Anmeldetag, Offenlegungstag und Erteilungstag erfasst. Weiterhin sind die Patentfamilien aufgeführt sowie der Stand der Technik aus dem Erteilungsverfahren eingetragen. Zudem sind die Erfinderdaten und weitere relevante Daten enthalten.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 06/2023 NOV/DEZ

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