Papierherstellung benötigt immer weniger Wasser

Beitrag von Markus Erlewein Verband Bayerischer Papierfabriken e.V.

Die Herstellung von Papier ist aus prozesstechnischen Gründen mit Wassereinsatz verbunden. Dieser wurde seit den 1970er Jahren um mehr als 80 % reduziert. Wofür das Wasser benötigt wird, welche Fortschritte erzielt wurden und wie der Verbraucher zur Wassereinsparung in Papierfabriken beitragen kann, wird im Folgenden dargestellt.

Vielfältiger Wassereinsatz im Herstellungsprozess

Die für die Papierherstellung eingesetzten Primärfasern werden aus nachhaltig gewonnenen pflanzlichen Rohstoffen – überwiegend Holz – durch ein mechanisches Verfahren wie z. B. Holzschliff oder einen chemischen Kochprozess gewonnen. Hierbei wird Wasser u.a. als Kühlmittel, Prozesschemikalie, Suspensionsmittel und Transportmittel eingesetzt. Auch zur Aufbereitung von Sekundärfasern aus Altpapier und zur Entfernung der Druckfarben von grafischen Altpapieren durch sogenanntes Deinking ist Wasser erforderlich.

Zur Blattbildung wird die Fasersuspension auf ein endlos umlaufendes Sieb aufgetragen. Das Wasser dient in diesen Prozessschritten zuerst als Medium zum Transport der Fasern und dann, während der Entwässerung, zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken zwischen den Fasern, die für die Festigkeit des Papiers maßgeblich sind. Anschließend wird die Papierbahn zur weiteren Trockengehaltssteigerung zwischen zwei Filzlagen gepresst. Schließlich wird das Papier über dampfbeheizte Stahlzylinder oder Durchströmtrockner geführt, um das verbliebene Wasser zu verdampfen.

Darüber hinaus wird Wasser als Energiequelle oder Kühlmittel in eigenen Wasserkraftwerken und thermischen Kraftwerken in Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt, mit denen die Papierindustrie rund die Hälfte des benötigten Stroms selbst produziert.

Aufwändige Frischwasseraufbereitung

Der Produktionsprozess von Papier ist auf sehr reines Wasser angewiesen. In Abhängigkeit von Papiersorte, Wasserherkunft und Produktionsprozess ist ein aufwändiger Aufbereitungsprozess erforderlich, um die erforderliche Wasserqualität sicherzustellen. Dabei geht es darum, organische wie anorganische Feststoffe zu entfernen, sowie das Wasser zu entfärben. Dazu werden vorrangig Filtration, Sedimentation und Flockungsmittel eingesetzt. Darüber hinaus wird das Wasser teilweise noch einer Entkeimung oder einer Enthärtung unterzogen.

Die Wasserversorgung ist daher bereits heute eine ökonomische Herausforderung für die Papierfabriken, die daher – auch ohne ein gesondertes Wasserentnahmeentgelt – auf einen möglichst sparsamen Wassereinsatz achten.

Deutliche Einsparungen erzielt

Der spezifische Wassereinsatz pro Tonne Papier konnte seit den 1970er Jahren um rund 80 % reduziert werden und beträgt durchschnittlich rund 9 l / kg Papier. Das genutzte Frischwasser stammt zu rund 80 % aus Oberflächengewässern und zu 19 % aus Grundwasser. Ungefähr 1 % des Wasserbedarfs wird aus der Trinkwasserversorgung entnommen.

Das eingesetzte Prozesswasser wird nach dem Einsatz gereinigt und wieder in ein Gewässer zurückgespeist, sofern es nicht im Prozess verdampft. Nur rund 1 bis 1,5 Liter Wasser pro kg Papier verdampfen beim Trocknungsprozess und werden an die Umgebungsluft abgegeben, von wo sie als Niederschlag wieder zur Erde zurückkehren.

Wassersparender Altpapiereinsatz hat Grenzen

Eine wichtige Einsparmöglichkeit besteht im vermehrten Einsatz von Altpapier als Faserrohstoff, was gegenüber der zuvor erfolgten Frischfasergewinnung deutlich weniger Wassereinsatz erfordert. Dem sind jedoch technische und faktische Grenzen gesetzt.

Einerseits erfordern manche hochwertigen Papiere Frischfasern. Andererseits geht bei jedem Recyclingdurchlauf ein Teil der Fasern bzw. Fasereigenschaften verloren, beispielsweise durch Anhaftung an papierfremden Bestandteilen, die aus dem Prozess ausgeschleust werden, oder durch schlichten Verschleiß der Fasern und den Verlust der Fibrillen (Oberflächenfaserflaum, wichtig für die Festigkeit). Diese Faserverluste im Kreislauf werden durch Frischfasern ersetzt. Ein weiterer limitierender Faktor ist die Verfügbarkeit von Altpapier.

Prozessverbesserungen

Ein Ansatzpunkt zur Frischwassereinsparung waren und sind prozesstechnische Änderungen, die eine Kaskadennutzung des Wassers ermöglichten und so den Frischwassereinsatz senken. In der Papiermaschine wird das reinste Wasser benötigt, da dieses die Papierqualität unmittelbar beeinflusst. Dieses Wasser wird aufgefangen und mit zwischengeschalteten Reinigungsschritten anschließend in mehreren vorgelagerten Prozessstufen eingesetzt.

Für etwa 5 % der Produktionsmenge der bundesdeutschen Papierindustrie ist es gelungen, den Wasserkreislauf komplett zu schließen. Das ist jedoch nur für bestimmte Papiersorten möglich und erfordert oft einen höheren Einsatz an Prozesschemikalien. Daher ist je nach regionaler Verfügbarkeit von Wasser eine Abwägung zwischen den Umweltzielen eines geringen Wasser- oder Chemikalieneinsatzes vorzunehmen.

Abwasserreinigung wie für eine Großstadt

Die überwiegende Mehrheit der Papierfabriken reinigt ihr Abwasser in eigenen Kläranlagen mit biologischer Reinigungsstufe. Vielfach ist eine anaerobe Klärstufe integriert, die Biogas erzeugt. Bei größeren Papierfabriken würde die Reinigungsleistung der Kläranlage für das Abwasser einer Großstadt mit mehreren hunderttausend Einwohnern ausreichen. An manchen Standorten nehmen die fabrikeigenen Kläranlagen auch kommunale Abwässer auf. Nur zu einem geringeren Anteil wird das Abwasser aus Papierfabriken zur Reinigung an kommunale Kläranlagen abgegeben.

Die Abwasserbehandlung beginnt mit einer Vergleichmäßigung der Abwasserströme hinsichtlich Menge und Zusammensetzung. Mit physikalischen und physikalisch-chemischen Verfahren wie Sedimentation, Flotation und Fällung werden Feststoffe oder hochmolekulare Kolloide entfernt. Mit biologischen Methoden werden gelöste organische Verbindungen biochemisch oxidiert oder in Biomasse gebunden, die dann wiederum durch Sedimentation, Flotation oder Filtrierung abgetrennt wird und nach Entwässerung in der Regel thermisch verwertet wird.

Beitrag der Verbraucher

Auch die Verbraucher können durch ihr Verhalten dazu beitragen, den Wassereinsatz bei der Papierproduktion zu senken. Dazu gehört einerseits, dass möglichst viel Papier nach der Nutzung wieder als Rohstoff für das Recycling zur Verfügung steht. Zeitschriften, Zeitungen, Kopien, Wellpappe-Verpackungen und saubere Faltschachteln wie z. B. Medikamentenverpackungen gehören ins Altpapier. Restentleerte Papier-Kunststoff-Verbünde wie Getränke- oder Tiefkühlkartons finden über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne den Weg zurück zur Papierfabrik.

Andererseits ist die Qualität des Altpapiers ein maßgeblicher Faktor dafür, wieviel Wasser-, Chemikalien- und Energieeinsatz zu dessen Aufbereitung nötig ist. So können Fehlwürfe im Altpapiercontainer größere Mengen an Altpapier unbrauchbar oder schwer recyclingfähig machen. Diese Mengen fehlen dann als Rohstoff und müssen durch Frischfasern ersetzt werden, oder sie erfordern wasserintensive Reinigungs- und Bleichprozesse. Daher gehören stark verschmutzte oder färbende Papierprodukte wie Pizzakartons oder Kassenzettel (auch die blauen!) nach Gebrauch in den Restmüll.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022 MÄR/APR