Wasser als Welterbe, Ressource und Forschungsobjekt

Beitrag von Dr. Marc-Denis Weitze acatech

Seit 2019 steht das Augsburger Wassermanagement-System mit seinen zahlreichen Trinkwasserwerken, Monumentalbrunnen, Wasserbauwerken, Kraftwerken, Wasserläufen und Kanälen auf der Liste des UNESCOWelterbes. Doch selbstverständlich ist Wasser nicht nur Vergangenheit, sondern auch lebenswichtige Ressource sowie aktuelles Forschungsobjekt in vielen Disziplinen. Am 2. November beleuchtete acatech am Dienstag Wasser als lokale und globale Ressource, Wassermanagement zwischen Hochwasserschutz und Wasserknappheit, sowie die Modellierung von Wassertransporten in der Atmosphäre und im Boden.

Unter 3G-Vorkehrungen konnten die Gäste in Augsburg den sprühenden Enthusiasmus der Referenten sowie die eindrückliche Opulenz des Veranstaltungsortes erleben: Im geschichtsträchtigen Rokokosaal im Regierungsgbäude von Schwaben empfingen der Regierungsvizepräsident Josef Gediga und Hartmut Wurster von der Gesellschaft der Freunde der Universität Augsburg die Teilnehmenden mit einem Grußwort.

Energiespeicher und Grundwasser

In seinem Beitrag beleuchtete daraufhin Rainer Helmig (Lehrstuhl für Hydromechanik und Hydrosystemmodellierung, Universität Stuttgart und acatech Mitglied) das Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Ausbau von Speicherkapazität für Strom aus erneuerbaren Energien und unerwünschten Auswirkungen auf das Grundwasser: Mechanische, chemische und thermische Energiespeichermethoden stellten eine Belastung für die physischen Strukturen im Untergrund dar und steigerten unter anderem die Wahrscheinlichkeit von Durchbrüchen zwischen Süß- und Salzwassersystemen, so Rainer Helmig. Diese Gefahr sei durchaus differenziert für unterschiedWasser als Welterbe, Ressource und Forschungsobjekt liche Speicherungsmethoden und Prozesse, räumte er in der Diskussion mit dem Publikum ein. Dennoch, die Dosis mache das Gift: Bei einem notwendigen Ausbau der Kapazitäten von aktuell 30 Prozent auf 70 Prozent sei selbst bei schonenderen Verfahren von einer Überlastung des Untergrunds und einer Verunreinigung des Grundwassers auszugehen.

Bodenerosion und Klimawandel

Im Anschluss referierte Peter Fiener, Experte für Wasser- und Bodenressourcenforschung an der Universität Augsburg, über den oftmals vernachlässigten Zusammenhang zwischen Bodenerosion und Klimawandel. Die Bodenerosion sei ein bekanntes Phänomen, so Peter Fiener, das in der Vergangenheit auf Grund von dennoch steigenden Erträgen oftmals ignoriert worden sei. Erst die jüngere Forschung beschäftige sich mit der Frage, wie Bodenerosion die CO2 -Speicherungskapazitäten des Erdbodens beeinflusse – eine wichtige Frage, denn der Boden sei schließlich global der größte CO2 -Speicher. Studien lieferten hierzu widersprüchliche Ergebnisse. Klar sei jedoch, dass der Erdboden auf Grund seiner langen Regenerationszeit als nicht-erneuerbare Ressource zu behandeln sei, und der Einfluss seiner Erosion auf das Klima daher dringend genauer betrachtet werden müsse.

Wasserkreislauf und Klimawandel

Harald Kunstmann, Lehrstuhlinhaber Regionales Klima und Hydrologie an der Universität Augsburg und stellvertretender Direktor am AlpinCampus des Karlsruher Instititute of Technology, informierte die Gäste in seinem Vortrag über die Rolle des Wasserkreislaufs als Faktor im Klimawandel. Traditionell gebe es zwei Arten der Wasserforschung: die klassische Wasserforschung, die sich mit dem Wasser auf, in, und unter der Erde befasse, und die Meteorologie, die sich mit Wasser in der Atmosphäre befasse. Erst kürzlich habe sich ein ganzheitlicher Forschungsblick auf das Gesamtsystem Wasser entwickelt, der insbesondere für die Vorhersagen von mittelfristiger Wasserverfügbarkeit von großer Relevanz sei. Diese könnten gerade in den Trockenzonen der Welt massive wirtschaftliche Vorteile und die Verbesserung der Lebenssituation für Millionen Menschen bedeuten, so Harald Kunstmann.

Podiumsdiskussion

Auf die Publikumsfrage, wie solche Vorhersagen verlässlich zu treffen seien – wenn schon dem 10-Tage-Wetterbericht kein Glaube geschenkt werden könne – folgte eine lebhafte Diskussion um die statistische Natur der Klimaforschung, die eben auch im Diskurs um den Klimawandel immer wieder falsch verstanden werde. Während die Vorhersage von konkreten Gegebenheiten zu bestimmten Zeitpunkten auch mit hohem Rechenaufwand kaum modellier- oder kalkulierbar seien, kann die Wissenschaft statistische Mittelwerte gut vorhersagen. Es seien diese Mittelwerte, die sowohl in der mittelfristigen Niederschlagsvorhersage, als auch in der Modellierung des Klimawandels insgesamt zum Tragen kämen. Die Bekämpfung des Klimawandels scheitere mitnichten an wissenschaftlicher Unsicherheit, sondern an soziokulturellen Faktoren. Das von Harald Kunstmann mitbegründete Forschungszentrum für Klimaresilienz verfolgt daher einen dezidiert interdisziplinären Ansatz.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022 MÄR/APR