Herausforderungen eines Aus­ falls der Wasserver- und -ent­ sorgung im Gesundheitswesen

Beitrag von Steffen Krause, Natalie Wick, Elena Joel, Christian Schaum Universität der Bundeswehr München, Professur für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik

Die Wasserver- und -entsorgung gehören zu den sogenannten Kritischen Infrastrukturen. Sie haben eine besondere Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, denn eine Störung hätte erhebliche Beeinträchtigungen und Versorgungsengpässe zur Folge.

KRITIS – Kritische Infrastrukturen: Wasser und Krankenhaus

Besonders schwerwiegend sind die Folgen solch einer Störung, wenn es als Kaskadeneffekt zu Beeinträchtigungen der Versorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens wie Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen kommt. Während das Szenario eines Stromausfalls aufgrund gesetzlicher Vorgaben in der Notfallplanung von Krankenhäusern fest verankert ist, wurde die Aufrechterhaltung der Wasserver- und -entsorgung bisher kaum betrachtet. Dabei ist diese Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit eines Krankenhauses und somit für die Sicherheit der Patienten [1].

Krankenhäuser sind gut auf den Umgang mit medizinischen Notfallsituationen vorbereitet. Darüber hinaus ist die Notfallvorsorgeplanung zur Vermeidung bzw. Bewältigung von Krisensituationen und außergewöhnlichen Schadensereignissen wie den Massenanfall von Verletzten, den Umgang mit Bombendrohungen oder die Bewältigung eines Stromausfalls, Bestandteil der sogenannten Krankenhausalarm- und -einsatzplanung (KAEP), die in den Krankenhausbauverordnungen der Länder rechtlich fixiert ist [2]. Die Notfallvorsorgeplanung für den Fall einer quantitativen oder qualitativen Beeinträchtigung der Wasserversorgung ist bislang nicht verpflichtender Bestandteil der KAEP. Dass diese durchaus erforderlich ist, sei an zwei Beispielen verdeutlicht: So führte in Heidelberg 2019 eine plötzliche Blaufärbung des Trinkwassers unbekannter Herkunft zu einem mehrstündigen Nutzungsverbot, das auch das Universitätsklinikum Heidelberg betraf. Im Ahrtal führte das Hochwasser 2021 zu einem langanhaltenden Ausfall der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung, mit weitreichenden Folgen für ein Krankenhaus in Ahrweiler. Selbst nicht direkt von Überschwemmungen betroffen, musste das Krankenhaus evakuiert werden und konnte nach Bereitstellung einer Ersatzwasserversorgung durch das THW für mehrere Wochen nur im Notbetrieb betrieben werden.

NOWATER – Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und -entsorgung

Unter Leitung der Professur Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik der Universität der Bundeswehr München hat sich ein Projektkonsortium zusammengefunden, das in dem vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben NOWATER, NOtfallvorsorgeplanung der WAsserverund -entsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens – organisatorische und Technische Lösungsstrategien zur Erhöhung der Resilienz, die Betreiber derartiger Einrichtungen bei der Vorsorgeplanung unterstützen will.

Im Rahmen von NOWATER wurden zunächst die zu erreichenden Schutzziele definiert. Diese reichen von der Aufrechterhaltung des Regelbetriebes über die Verzögerung einer Evakuierung des Krankenhauses bis hin zur Abwehr von Gesundheitsschäden für Patienten und Personal im Falle eines Minimalbetriebs. Die für die Erreichung dieser Schutzziele kritischen Prozesse und Einrichtungen in Krankenhäusern umfassen verschiedene medizintechnische Geräte wie Dialyseeinrichtungen ggfs. CT und MRT aber auch Anlagen zur Reinigung und Sterilisation einschließlich der teilweise vorgeschalteten Enthärtung mittels Ionenaustauscher und Vollentsalzung durch Umkehrosmose. Im weiteren Verlauf von NOWATER wurden bzw. werden diese Prozesse und Einrichtungen in einer Risikoanalyse bezüglich Ausfallwahrscheinlichkeit und Auswirkungen eines Ausfalls bewertet, vgl. Abbildung 1.

Zu den Ressourcen, welche für die Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs bzw. für den Aufbau einer Ersatz- oder Notwasserversorgung zum Einsatz kommen sollen, gehören Transportsysteme, Anlagen zur Aufbereitung und Desinfektion von Wasser sowie zur Druckerhöhung, um das Wasser in die Installation eines Krankenhauses einspeisen zu können. Für die Wasseraufbereitung kommt das Verfahren der Ultrafiltration zum Einsatz. Dieses bietet auf Grund der Porenweite der Membranen von 0,02 µm einen sicheren Rückhalt von Bakterien und Viren. Die Membranen können als zusätzliche Barriere zwischen dem öffentlichen Leitungsnetz und als mobile Komponente zur Aufbereitung von Wasser aus Tanks eingesetzt werden. Das in NOWATER genutzte Verfahren, setzt auf einen zweistufigen Prozess mit einer chemikalienfreien Luft-Wasser-Spülung.

Zum Transport werden Tanks mit einem Volumen von 1 bzw. 10 m³ verwendet, die über eine Druckerhöhung und Desinfektion verfügen.

Bislang wurden die Planungsgrundlagen und Anforderungsprofile für die Auslegung der Aufbereitungskomponenten erarbeitet und Demonstratoren für die Ultrafiltration und den kleineren Transportbehälter errichtet. Zum Nachweis der Eignung aller Anlagen wurden Testkriterien technischer, chemischer und hygienischer Art definiert und einen entsprechenden Versuchsplan erarbeitet, der auch die Aspekte der Inbetriebnahme, Wartung und Konservierung der Anlagen berücksichtigt.

Erste Ergebnisse bestätigen die grundsätzliche Eignung der Demonstratoren für eine Not-/Ersatzwasserversorgung. Die Versuche zum Betrieb der Ultrafiltrationsanlage zeigen, dass auch ohne Einsatz von Chemikalien ein stabiler Betrieb mit hohem Rückhalt partikulärer Stoffe gewährleistet werden kann. Aufgrund des zweistufigen Prozesses liegt die Ausbeute bei nahezu 100 %, bei alleinigem Betrieb der ersten Stufe können 80 – 97 % des aufbereiteten Wassers als Not- bzw. Ersatzwasser abgegeben werden.

Die Ergebnisse von NOWATER wird das Projektteam in einem Leitfaden zusammenfassen. Um eine möglichst breite Anwendbarkeit des Leitfadens sicherzustellen, wurden die relevanten Praxisakteure bereits frühzeitig in das Projekt eingebunden. Dies geschah bislang im Rahmen verschiedener Workshops und soll in dieser Form auch fortgeführt werden.

Literatur

[1] Hetkämper, C.; Fekete, A.; Joel, E.; Krause, S.; Schaum, C.; Wick, N. (2020): Wasserversorgung als Kritische Infrastruktur – neue Aufgaben an der Schnittstelle Wasserwirtschaft und Zivile Sicherheit, wwt Modernisierungsreport 2020/21, Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main

[2] BBK (2020): Handbuch Krankenhausalarm und -einsatzplanung (KAEP) - Empfehlungen für die Praxis zur Erstellung eines individuellen Krankenhausalarm- und -einsatzplans. Bonn, 2020

[3] BBK (2019): Sicherheit der Trinkwasserversorgung. Grundlagen und Handlungsempfehlungen für Aufgabenträger der Wasserversorgung in den Kommunen in Bezug auf außergewöhnliche Gefahrenlagen, Band 15 – Praxis im Bevölkerungsschutz

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022 MÄR/APR