Beitrag von Frank Dittmann
Spricht man vom Autonomen Fahren, denken sicherlich viele an das Google-Auto oder Fahrzeuge von Tesla. Dabei hatte die Forschung an den selbstfahrenden Autos seine Anfänge schon in den 1960er Jahren. Als Pionier des Autonomen Fahrens in Deutschland gilt Ernst D. Dickmanns, der bereits 1992 ein Versuchsfahrzeug in den öffentlichen Straßenverkehr schickte. Mehr darüber sowie über den ersten Wettkampf und die Alltagstauglichkeit der Fahrzeuge im nachfolgenden Beitrag,
Bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg träumte man von selbstfahrenden Autos. In den 1930er Jahren kam die Idee auf, damit die Unfallstatistik zu senken. In der Nachkriegszeit wurden Systeme getestet, bei denen das Auto einem in die Fahrbahn eingelassenen Leitdraht folgte. In Deutschland nutzte z. B. die Reifenfirma Continental ab 1968 diese Technik auf einem Testgelände.
Die Ära der autonomen Autos begann in den 1960er Jahren mit dem Stanford Cart. Das vierrädrige Vehikel diente an der kalifornischen Universität mehrere Jahre als Forschungsplattform. Die Auswertung der Kamerabilder, die bei der Bewegung aufgenommen wurden, fand auf einem stationären Computer statt, der per Funk angebunden war. Ende der 1970er Jahre war das Stanford Cart dann in der Lage, z. B. an einer weißen Linie entlangzufahren. Vergleichbare Entwicklungen gab es auch andernorts. So stellte 1977 in Japan Sadayuki Tsugawa von der Universität in Nagoya ein Auto vor, das zwei Kameras zur Wagenführung nutzte. In der Bundesrepublik begannen entsprechende Arbeiten Mitte der 1980er Jahre.
In Deutschland gilt Ernst D. Dickmanns, der von 1975 bis 2001 als Professor an der Universität der Bundeswehr in München wirkte, als Pionier des Autonomen Fahrens. Dickmanns rüstete einen Kleintransporter mit Sensoren, Kameras und Computertechnik zum Versuchsfahrzeug für autonome Mobilität und Rechnersehen (VaMoRs) auf. Das Versuchsfahrzeug entwickelt Dickmanns in Kooperation mit Mercedes-Benz auf der Basis eines Mercedes 500 SEL.
1987 erreichte VaMoRs bei einer Testfahrt auf einer noch nicht frei gegebenen 20 km langen Neubaustrecke der Autobahn A92 in der Nähe von Dingolfing eine Geschwindigkeit von immerhin 96 km/h und war damit viele Jahre das schnellste autonome Straßenfahrzeug der Welt. Bereits 1992 durfte sich das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr beweisen. Zur Sicherheit musste noch ein Fahrer im Auto sitzen.
1994 stellte Dickmanns zwei Nachfolgemodelle auf einer Konferenz in Paris vor. Beide fuhren über 1000 km selbstständig auf der Autobahn bei Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h. Später kam eine 1760 km lange Fahrt von München nach Odense in Dänemark hinzu, bei der das Fahrzeug eine Spitzengeschwindigkeit von 175 km/h erreichte.
2004 fand in den USA die erste DARPA Grand Challenge statt. Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) hatte die Aufgabe gestellt, dass die autonomen Fahrzeuge eigenständig die Mojave-Wüste in Kalifornien durchfahren sollten. 100 Teams meldeten sich mit ihren verschiedenen Fahrzeugen an. Das Preisgeld von einer Million US-Dollar wurde nicht vergeben, da es keinem der 15 Fahrzeuge, die sich für das Rennen qualifizierten hatten, gelang, die Strecke von insgesamt 241 km zu überwinden. Bereits ein Jahr später hatte sich die Situation völlig geändert: Von den 23 gestarteten Autos kamen vier am Ziel an. Das schnellste Fahrzeug erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von gut 30 km/h.
Mittlerweile arbeiten viele Auto- und Technologiekonzerne an der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen. Dabei geht es nicht nur um den Individualverkehr, auf den etwa das Google-Auto oder das Model S von Tesla zielen, sondern auch das Fahren von digital vernetzten Lkws im Konvoi (Platooning = „im Zug fahren“). Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt arbeiten z. B. Landmaschinenproduzenten an Robotern, die eigenständig die Feldarbeit übernehmen können. Auch das Militär hat Interesse an solchen Fahrzeugen. Trotz einer fast 50-jährigen Vorgeschichte hat die Zeit der autonomen Fahrzeuge gerade erst begonnen.
Es wird sich zeigen, ob etwa Robotaxis so präsent werden, wie es Flugzeuge mit Autopiloten oder fahrerlose Bahnen heute bereits sind.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 März/April