Kuschelweich und saugfähig zugleich

Beitrag von Dr. Jens Moldenhauer WACKER SILICONES Wacker Chemie AG, Standort Burghausen

Weiche Textilien wollten schon unsere Groß- und Urgroßeltern haben. Aus naheliegenden Gründen sollte besonders Unterwäsche schön weich sein, schließlich wird sie direkt auf dem Körper getragen. Handtücher wiederum verlangen auch aus funktionalen Gründen nach Weichheit: Je softer sie sind, desto mehr Wasser sollten sie in der Regel aufnehmen. Eine neue Generation von Siliconen macht Textilien besonders weich, flauschig und saugfähig – und das, obwohl Silicone von Natur aus eigentlich Wasser abweisen.

Das Geheimnis flauschiger Wäsche

Bevor die chemische Industrie die heute gebräuchlichen Textilhilfsmittel erfunden hat, kursierten Tipps, wie Textilien einen möglichst schönen Weichgriff erhalten: Zum Beispiel, indem die Wäsche nicht an einem stillen Ort, sondern in bewegter Luft aufgehängt wird. Eine leichte Brise sorgt dafür, dass das Feuchtemanagement an der Oberfläche des Textils ausgeglichen ist und die feinen Härchen sich flauschig aufrichten.

Nach dem gleichen Prinzip arbeiten die heute im Haushalt üblichen Kondenstrockner. Unbehandelte Wäsche – besonders aus Baumwolle –, die bei absoluter Windstille trocknet, fühlt sich dagegen hart und steif an. Baumwolle ist die mit Abstand am häufigsten verwendete Naturfaser für die Herstellung von Heim- und Bekleidungstextilien: Rund ein Drittel der weltweiten Textilproduktion basiert auf dieser Faser, die aus den Fruchtbüscheln des Baumwollstrauchs gewonnen wird und zu über 90 Prozent aus Cellulose besteht.

Zur Verbesserung ihrer Eigenschaften wird Baumwolle häufig zusammen mit synthetisch erzeugten Kunstfasern aus Polyester in einem sogenannten Mischgewebe verarbeitet. Doch egal, ob ein Stoff aus Natur-, Kunst- oder Mischfasern besteht – bevor das Textil genäht werden kann, wird es beim Hersteller gefärbt oder bedruckt und anschließend „ausgerüstet“, wie es in der Fachsprache heißt. Darunter versteht man eine Behandlung des Gewebes mit oberflächenaktiven Substanzen, die ihm bestimmte vorteilhafte Eigenschaften verleihen.

Textilerstausrüstung

WACKER gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Produkten für die Textilerstausrüstung. Sie geben Textilien bestimmte Eigenschaften, die bei der jeweiligen Produktgruppe gewünscht sind. Wollpullover machen sie besonders flauschig und kratzarm, Jacken wasser- und schmutzabweisend; sie sorgen für Farbechtheit und reduzieren durch ein optimales Feuchtemanagement den Schweißgeruch. Unterhemden werden durch Textilhilfsmittel besonders weich und Handtücher zudem hydrophil – sie können also besser Wasser aufnehmen.

Mit seinen Hilfsmitteln beliefert WACKER die Textilindustrie nicht direkt, sondern die sogenannten Formulierer. Diese Hersteller von individuell abgestimmten Textilhilfsmitteln sind mit den speziellen Anforderungen ihrer Kundenbetriebe bestens vertraut und sitzen zudem dort, wo auch die großen Hersteller der internationalen Textilwirtschaft ansässig sind: in Pakistan, Bangladesh, China, Südostasien oder der Türkei.

Auch die traditionellen Standorte der europäischen Textilindustrie – Italien und Deutschland – spielen weiterhin auf dem internationalen Markt mit: Die italienischen Weber haben sich auf das Segment der besonders hochwertigen Stoffe, etwa für Herrenanzüge, konzentriert, während Deutschland Weltmarktführer für technische Textilien ist. Solche Stoffe kommen etwa in Autositzen, Airbags, Armierungsgeweben oder Filtern zum Einsatz.

Die Textilhilfsmittel bauen auf Siliconölen auf. Da diese Substanzen nicht wasserlöslich sind, müssen die Formulierer sie vor der Anwendung emulgieren. Um die Emulsion auf die Textilien aufzubringen, gibt es im Wesentlichen zwei Techniken: Entweder wird das Textil in ein Becken mit der Emulsion eingetaucht und wieder herausgezogen (Ausziehverfahren) oder die Stoffbahn wird in der gesamten Breite mit der Emulsion getränkt und überschüssige Flüssigkeit anschließend zwischen Rollen abgequetscht (Foulard-Verfahren). Für diesen Prozess gibt es leistungsfähige Anlagen, die je nach Stoff- und Anlagenbeschaffenheit 30 bis 80 Meter Textilbahn pro Minute ausrüsten. Auf 100 Gramm Gewebe trägt der Hersteller etwa 0,3 bis maximal ein Gramm Hilfsmittel auf.

Oberflächenveredelung

Der Textilmarkt wandelt sich laufend – nicht nur, was das Design der Produkte angeht. Auch in puncto Oberflächenveredelung steigen die Ansprüche. So sollen Badetücher flauschig und weich sein und dabei viel Feuchtigkeit aufnehmen. Auch von Unterwäsche erwarten wir, dass sie möglichst anschmiegsam, gut Wasser aufnimmt und schnell trocken ist. Ohne Textilhilfsmittel wäre das nicht möglich. WACKER bietet hier mit Siliconen der Marke WETSOFT® eine breite Produktpalette.

Für den weichen Griff sorgen Siliconöle, die aus langen kettenförmigen Molekülen bestehen. In regelmäßigen Abständen sind Ankergruppen eingebaut. Über sie lassen sich die Ketten elektrostatisch und chemisch an den Fasern binden. Das ursprünglich verknäuelte Siliconmolekül wird dadurch langgestreckt; es bilden sich regelmäßige Schlaufen, die von der Textiloberfläche weg weisen. Diese Schlaufen sind flexibel, was die Reibung zwischen den Fasern verringert. So fühlt sich das Textil angenehm weich an und kann leicht gebügelt werden. Eben dieser Weichgriff ist häufig der ausschlaggebende Anreiz für den Endkunden, sich für ein ganz bestimmtes Produkt zu entscheiden.

Siliconöle alleine reichen nicht

Um Handtücher auszurüsten, reichen funktionalisierte Siliconöle allein jedoch nicht aus. Denn sie sind wasserabweisend, was sie gerade für Handtücher ungeeignet macht – diese sollen ja beim Abtrocknen Wasser aufnehmen. Deshalb haben WACKER-Chemiker Seitenarme aus Polyglykol an die Siliconketten „angebaut“. Polyglykol ist „hydrophil“, nimmt also Wasser auf. Die Seitenarme wirken wie Dochte, die das Wasser durch die Siliconschlaufen hindurch zum Textil leiten. Die Folge: Das Frotteegewebe ist dank des Polyglykols in der Lage, Haut und Haare trocken zu rubbeln. Dank Silicon fühlt sich der Stoff trotzdem füllig und weich an.

Allerdings ist dieser Kuscheleffekt nicht ganz so ausgeprägt wie ohne Polyglykol. Grund: die Seitenarme behindern das freie Gleiten der Siliconschlaufen. Mit speziellen Siliconprodukten lässt sich aber auch dieses Problem beheben. WACKERChemiker haben ein sogenanntes BlockCopolymer entwickelt, bei dem sich Polyglykol und Silicon in der Molekülkette abwechseln. Über Ankergruppen werden die Polyglykolanteile direkt am Textil angeheftet. So sorgen sie dafür, dass das Gewebe Wasser optimal aufnehmen kann. Zugleich sind die Siliconschlaufen nicht durch starre „Dochte“ behindert, sondern können sich frei bewegen.

Die Ausrüstung mit solchen neuartigen Siliconweichmachern bewirkt also, dass sich das Textil weich und anschmiegsam anfühlt und zugleich sehr saugfähig ist. Sogar das Nachfärben des Stoffs ist kein Problem. Auch für Textilverarbeiter bieten solche Siliconprodukte Vorteile. Das wasserfreie Konzentrat besitzt einen hohen Feststoffgehalt und ist selbstemulgierend, sodass der Formulierer sie leicht mit Wasser zu einer stabilen Emulsion verdünnen kann, etwa im Verhältnis 1:1 bis 1:5. Je nach der Anforderung des Kunden hat er dabei ausreichend Flexibilität in der Formulierung des Fertigproduktes. Das Aussehen solcher Weichmacher erinnert an den mit Wasser verdünnten Anisschnaps Ouzo beziehungsweise Raki, chemisch gesehen ebenfalls eine Emulsion. Die Tröpfchengröße liegt zwischen der einer weißen Makroemulsion und einer transparenten Mikroemulsion. Solche Produkte machen die Textilien besonders weich. Gleichzeitig dringt das Silicon selbst bei längerem Flor bis zum Grund des Gewebes vor, was die Aufnahme von Wasser erleichtert und zusätzlich das Aufnahmevolumen deutlich steigert.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2022  NOV/DEZ