Beitrag von Verena Rupprich TiB Redaktion
Zu Lande schreitet der Ausbau der E-Mobilität unaufhaltsam voran, doch wie gestaltet sich eine umweltschonendere Mobilität zu Wasser? Wie kann die Schifffahrt ökologisch modernisiert werden?
Der Bestand der Marine-Märkte lässt sich in zwölf Schiffstypen segmentieren: Baggerschiffe, Bohrschiffe, Containerschiffe, Fähren und Schnellfähren, Kreuzfahrer, LNG-Tanker, Marine-Schiffe, OffshoreVersorger, Schüttgutfrachter, Tanker und Yachten.
Für den Tourismus sind besonders Fähren, Schnellfähren und die Kreuzfahrtschiffe relevant. Diese Schiffstypen verfügen größtenteils über Viertaktmotoren. Im Sinne des Umweltschutzes hat die International Maritime Organization (IMO) festgelegt, bis 2050 Emissionen der Schifffahrt international um 50 %, im Vergleich zu 2008, zu reduzieren. Dieses Ziel steht im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2016. Beispielsweise produziert jeder Urlauber in einer Woche auf einem Kreuzfahrtschiff 1,5 Tonnen CO2 . Ein Kreuzfahrtschiff verursacht pro Tag genauso viel Kohlenstoffdioxid wie 84.000 PKWs, beziehungsweise Stickoxide wie etwa 421.000 PKWs und Schwefeldioxid wie rund 376 Millionen PKWs [1].
Auch die NOx-Emissionsstandards und Normen werden durch die IMO geregelt. Sie legt die Abgasemissionen von Hochseeschiffen mit einer Leistung von größer als 130kW fest. Bestimmt werden u. a. die Grenzwerte für NOx- und SOx-Emissionen aus Schiffsabgasen in den sog. IMO Tier I-III Verordnungen. 1997 wurde die Tier I Verordnung beschlossen und trat für alle Schiffe mit einem Schiffsbaudatum ab dem 01.01.2000 in Kraft. Für Hochseeschiffe mit einem Baudatum nach dem 01.01.2011 gilt Tier II und für Schiffe, die nach dem 01.01.2016 gefertigt wurden, Tier III. Seit 2016 erbaute Schiffe müssen ihren NOx–Ausstoß in Kontrollzonen (ECA) um 75 % senken [2].
Zur Reduzierung des NOx Ausstoßes werden außerdem technische Verfahren eingesetzt. So ist es möglich, den durch Diesel oder Schweröl verursachten NOx– Ausstoß durch die Abgasrückführung (AGR) oder die Katalysatorlösung (SCR) zu mindern [3].
Um den Ausstoß von Stickoxidemissionen zu senken, ist die Abgasrückführung eine der wichtigsten Maßnahmen. Bei dieser Methode wird eine vordefinierte Menge Abgas am Abgaskrümmer entnommen und mit Ansaugluft gemischt, was zu einem niedrigeren Sauerstoffanteil im Kraftstoff-Luft-Gemisch führt. Dies bewirkt eine Verringerung des KraftstoffLuft-Gemisches und zugleich eine Absenkung der Verbrennungstemperatur in den Zylindern.
So verläuft die Verbrennung gedämpfter und die Temperaturen sinken, wodurch eine Reduzierung der ausgestoßenen NOxEmissionen um bis zu 50 % erreicht wird.
Die Katalysatorlösung (SCR) ist eine Technologie zur Abgasbehandlung, die durch das Einspritzen einer Reduktionslösung, meist einer Harnstoff-WasserLösung, Stickoxide in Wasserdampf und Stickstoff umwandelt. Hier wird die Reduktionslösung durch ein Dosiermodul in den Abgasstrang eingespritzt, wobei die Reduktionslösung in wenigen Sekundenbruchteilen zu Ammoniak (NH3 ) reagiert. Diese chemische Reaktion erzeugt eine Zersetzung der Stickoxidmoleküle (NOx). Das Ergebnis sind umweltfreundlicher Wasserdampf (H2 O) und Stickstoff (N2 ). Mit dieser Methode werden bis zu 90 % der Stickoxide aus dem Abgas eliminiert. Diese Technik ist analog zum SCR bei Diesel LKWs [4].
Liquefied Natural Gas (LNG), also Flüssigerdgas, findet als Alternative zu fossilen Brennstoffen in der Schifffahrt bereits Beachtung. Im Vergleich zu Schweröl und Schiffsdiesel ist Flüssigerdgas deutlich umweltschonender. Dementsprechend werden bei einem mit LNG-betriebenen Schiff bis zu 20 % CO2 , bis zu 85 % Stickoxide, 95 % Feinstaub und 99 % Schwefeloxide vermieden. Im Jahr 2020 wurden in der Schifffahrt rund 12 Mio. t LNG verbraucht [5].
2018 wurde in der Papenburger Meyer Werft das erste mit LNG betriebene Kreuzfahrtschiff fertiggestellt. Die AIDAnova bietet in 2.500 Kabinen Platz für bis zu 6.000 Passagiere.
Allerdings ist LNG nicht „der heilige Gral“ einer generell ökologisch ausgerichteten Schifffahrt, denn hier lauert die Gefahr im „Methanschlupf“. Bei LNG-Motoren kann es unter bestimmen Voraussetzungen geschehen, bspw. wenn Einlass- und Auslassventile gleichzeitig geöffnet sind, dass unverbranntes Gas in die Atmosphäre dringt. In Kombination mit Luft kann dies zum Methanschlupf führen. Bei einem Viertaktmotor können ca. 1-2 % des unverbrannten Methans im Abgas enthalten sein. Methan ist rund 25mal schädlicher in der Atmosphäre als Kohlenstoffdioxid [6].
Wasserstoff und Ammoniak werden ebenfalls als vielversprechende, umweltschonende Kraftstoffe ins Visier der Schifffahrt genommen.
Da Wasserstoff keinen Kohlenstoff enthält, der im Verbrennungsprozess emittiert wird, hat dieser großes Potential, der Kraftstoff der Zukunft zu werden. Zwei Argumente sprechen für den Einsatz von Wasserstoff, wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren sind im Vergleich zu brennstoffzellenbetriebenen Motoren preiswerter, gleichzeitig befindet sich die Produktion von grünem Wasserstoff auf einem weit fortgeschrittenen Niveau. Fragwürdig bleibt allerdings, wie der Treibstoff gelagert wird, da flüssiger Wasserstoff bei minus 253 Grad Celsius oder unter Druck bis zu 700 bar in kugeligen und superisolierten Tanks gelagert werden muss. Die norwegische Reederei Norled hat als erste Reederei weltweit ein Schiff konstruiert, das mit flüssigem Wasserstoff angetrieben wird. Schon im Sommer diesen Jahres soll dieses einsatzbereit sein. Bis 2030 soll die gesamte Flotte der Reederei auf Wasserstoff umgestellt werden [7].
Ammoniak dagegen ist ein synthetischer Kraftstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen werden kann. Dieser besteht zu 75 % aus Wasserstoff. Es werden bei der Verbrennung weder CO2 - Emissionen noch Stickoxide oder Schwefeloxide freigesetzt. Zudem hat es gegenüber Wasserstoff den Vorteil einer weniger aufwendigen Speicherung. Ammoniak kann bei minus 33 Grad Celsius oder bei 20 Grad Celsius mit einem Druck von 9 bar gelagert werden. Bereits für 2030 ist ein Kreuzfahrtschiff mit Ammoniakantrieb geplant.
Des Weiteren werden auch dem synthetischen Diesel, Methanol und Biogas ein hohes Potential zugeschrieben. Allerdings gibt es hier noch zu wenig verlässliche Ansätze, um dies im Rahnem dieses Artikels darzustellen [8].
Abschließend lässt sich sagen, dass neben fossilen Brennstoffen aktuell vielversprechende, umweltfreundliche Kraftstoffe auf dem Markt existieren. Allerdings ist fraglich, ob sich diese in der Praxis auch als effizient erweisen und langfristig behaupten können. Zum Erreichen der Klimaziele sind Alternativen zum herkömmlichen Kraftstoff unabdingbar.
Quellen
[1] utopia.de/ratgeber/kreuzfahrtenkreuzfahrtschiffe/ rechnet%20vor%20(PDF,wie%20gut%20 376%20Millionen%20Autos.
[2] www.imo.org/en/OurWork/Environment/Pages/Nitrogen-oxides-(NOx)- %E2%80%93-Regulation-13.aspx [3] https://dieselnet.com/standards/inter/imo.
[4] www.mtu-solutions.com/eu/de/stories/technologie/forschung-entwicklung/ wie-funktioniert-abgasrueckfuehrung.html
[5] https://gas.info/mobil-verkehr/lng/lngschifffahrt
[6] www.vdi-nachrichten.com/technik/ umwelt/zweitaktschiffsmotor-vermeidetmethanschlupf/
[7] www.expat-news.com/panorama_ auswandern_expatriates/weltweit-erstee-faehre-mit-brennstoffzellen-46520 und https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/serie-wasserstoff-weltweit-wasserstoff-faehren-und-emissionsfreie-kreuzfahrtschiffe-wird-norwegen-zum-wasserstoff-vorreiter/27524324.html
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 03/2022 MAI/JUN