Kryptowährungen und Energieverbrauch

Beitrag von Dr. Dina Barbian, Institut für Nachhaltigkeit Nürnberg und  Eric Gorzolla, Technische Hochschule Nürnberg

Generell dienen Zahlungsmittel dazu, den Handel mit und den Austausch von Waren zu erleichtern. Seit 2009 ist der Bitcoin als erste Kryptowährung öffentlich geworden. Beim Kryptogeld wird keine Bank benötigt, denn der Preis regelt sich nach dem AngebotNachfrage-Prinzip komplett selbstständig.

Was sind „Kryptowährungen“?

Kryptowährungen oder auch Kryptogeld sind digitale Zahlungsmittel, die nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip über ein dezentrales System im Internet gehandelt werden. Dafür ist keine Bank notwendig. Die wohl bekannteste Kryptowährung ist der Bitcoin. Dieser erschien im Jahr 2009. Diese virtuelle Währung wird durch sogenannte Miner „geschürft“. Die Verschlüsselung erfolgt durch die BlockchainTechnologie, welche als sehr sicher gilt und deswegen zur Stabilität der Währung beiträgt und das Vertrauen bei Bezahlvorgängen erhöht. Neben der Kryptowährung Bitcoin gibt es noch diverse andere. Die Top 10 der Kryptowährungen sind in Abb. 1 dargestellt.

Kryptowährungen stellen gerade für Bezahlvorgänge im Internet eine willkommene Alternative zu herkömmlichen Bezahlverfahren dar, denn das virtuelle Geld kann von überall auf der Welt überwiesen werden. Hinzu kommt, dass ein anonymes Bezahlen im Internet durch die Banken nicht möglich ist, aber bei Kryptowährungen erlaubt ist, sodass viele Personen auf virtuelles Geld zugreifen. Die Bitcoins werden in persönlichen „digitalen Brieftaschen“ (sogenannten Wallets) gespeichert. Die Anzahl der weltweit gehandelten Coins kann den Wert 21 Millionen nicht übersteigen. Dies ist durch den Erfinder, der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto läuft, begrenzt worden. Laut Schätzungen wird diese Summe im Jahr 2130 erreicht sein. Zu diesem Zeitpunkt sind alle Rechenaufgaben gelöst und der Bitcoin aufgebraucht [1].

Hoher Energie- und Rohstoffverbrauch durch die Sicherung mit der BlockchainTechnologie

Der Handel mit Bitcoin führt durch seine Sicherung mit der Blockchain-Technologie zu einem steigenden Energie- und Rohstoffverbrauch. Eine Blockchain basiert auf der kryptographischen Verkettung von verschiedenen Datenblöcken mit Hilfe von Hashfunktionen (auch Streuwertfunktionen). Eine Hashfunktion ist eine Abbildungsfunktion, die eine große Datenmenge auf einen kleineren Zielwert abbildet. Dabei können die Eingabewerte unterschiedliche Längen haben, die Ausgabewerte (Hashwerte) haben jedoch immer die gleiche Länge [2]. Eine Blockchain besteht aus Blöcken, welche durch einen Hashwert dargestellt werden. Aus dem vorhergehenden Block und neuen transaktionsrelevanten Informationen werden dann neue Hashblöcke ausgerechnet. Dadurch wird die Blockchain immer länger (siehe Abb. 2), was den steigenden Energieverbrauch verursacht. 

Die für das Schürfen der Coins benötigten Hardwarekomponenten sind bedingt durch das rasante Ansteigen der Rechenoperationen immer komplexer geworden. Derzeit ist es nicht mehr möglich, mit Standard-Hardware am Schürfen von Bitcoins beteiligt zu sein. Es wird ganz spezielle Hardware benötigt, um die Hashwerte zu finden und um die Rechenoperationen zu lösen.

Beim Bitcoin wird durch das mathematische Rätsel, welches gelöst werden muss, sichergestellt, dass immer nur alle 10 Minuten ein neuer Block gefunden wird. Dieser zeitliche Rechenaufwand für das Finden eines neuen Blocks passt sich immer an die Anzahl der Miner an, sodass die 10-Minuten-Zeitintervalle in etwa unverändert bleiben. Die Hardwareentwicklung in Richtung der Bitcoin-MiningDevices ist erschreckend. Immer mehr Hardware wird benötigt und somit immer mehr Rohstoffe. Sollte sich an dem Abbauverfahren für viele kritische Rohstoffe nichts ändern, sind gravierende Umweltschäden vorprogrammiert.

Da die Blockchain zur Verschlüsselung des Bitcoins immer länger wird, braucht man immer mehr Rechenenergie. In Abb. 3 ist zu sehen, wie der Energieverbrauch des Bitcoins sich entwickelt hat. Im November 2017 belief sich der weltweite Verbrauch auf 29,05 Terawattstunden (TWh) pro Jahr. Das entsprach ungefähr 0,13 Prozent des gesamten Weltstromverbrauchs pro Jahr und überschreitet die Menge, die z. B. Irland jährlich an Strom benötigt. Im Januar 2018 lag der aktuelle Stromverbrauch im Bitcoin-Mining bei 42 Terawattstunden pro Jahr. Das entspricht einer Zunahme von 12,95 Terawattstunden (+12,95 TWh) bzw. 44 Prozent innerhalb von weniger als 3 Monaten. Bis Juli 2018 stieg der Energieverbrauch sehr stark. Seitdem ist dieser aber nicht mehr höher als 80 TWh/Jahr gewesen. Der derzeitige Bitcoin-Energiebedarf (30.08.2020) liegt bei etwa 68 TWh/Jahr. Trotz dieser Stagnation ist der Energiebedarf immer noch sehr hoch und deswegen gefährdet allein der Bitcoin das Erreichen der Klimaziele und wird immer mehr zur Umweltkatastrophe. Das „Schürfen“ von Bitcoins führt zu einem jährlichen Ausstoß von 22 bis 22,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2 ). Dies entspricht dem CO2 -Ausstoß von ca. 1 Million transatlantischer Flüge [3].

Der derzeitige globale Strommix besteht zu über 60 Prozent aus fossiler Energie. Der Anteil an erneuerbaren Energien beläuft sich auf ca. 30 Prozent, der Rest ist Kernenergie. Der Großteil der BitcoinMinen liegt dort, wo der Strom billig ist, z. B. in der Mongolei, wo der meiste Strom durch Kohlekraft gewonnen wird. Schon allein die Auswirkungen durch das verursachte Klimagas CO2 sind verheerend für die Umwelt.

Eine weitere Herausforderung stellen die Rohstoffe dar, welche für den Betrieb elektronischer Geräte benötigt werden. Die meisten dieser Ressourcen sind als kritisch einzustufen, denn fast alle (z. B. Seltene Erden, Molybdän, Kobalt etc.) stammen aus Ländern, in denen kaum Umweltauflagen herrschen und die wenigsten dieser Materialien sind rezyklierbar. Verstärkt wird diese Problematik dadurch, dass oftmals für den Abbau der Rohstoffe Menschen zur Arbeit gezwungen und durch die Einnahmen (bspw. bei Kobalt aus dem Kongo) kriegerische Auseinandersetzungen finanziert werden. Die EU hat bereits 2011 auf diese sogenannten kritischen Rohstoffe hingewiesen. Dabei gelten diese immer dann als kritisch, wenn ein hohes Versorgungsrisiko und/oder eine große wirtschaftliche Bedeutung vorherrscht. Dies ist der Fall für insgesamt 30 Rohstoffe [4].

Chancen durch den Einsatz von Kryptowährungen

Mit Blick auf den aktuellen Trend stellt sich die Frage, ob man die virtuelle Währung nicht auch so betreiben könnte, dass sie der Umwelt nicht so sehr schadet, denn bereits der weltweite WindenergieAnteil würde reichen, um den derzeitigen Bitcoin-Stromverbrauch zu decken.

Wenn man mitberücksichtigt, dass auch Münzgeld und Scheine hergestellt werden müssen, könnten Kryptowährungen eine Chance für eine Zukunft sein, in der man auch diese Rohstoffe einsparen könnte. Würde man zum Beispiel mobile Payment-Systeme für Jedermann haben, wie z. B. per Smartphone, so wäre es möglich, die Produktion von Münzen und Geldscheinen zu reduzieren oder ganz einzusparen. Dieser Trend ist bspw. bereits in den skandinavischen Ländern zu beobachten. Mittlerweile gibt es Kryptowährungen, die mit weniger Energie als der Bitcoin auskommen, z. B. Coinsence (https://coinsence.org/) oder der FairCoin (https://fair-coin.org/de).

Information:

Eine Langfassung dieses Artikels ist online zu finden unter: www.informatik-aktuell. de/betrieb/virtualisierung/kryptogeld-undkein-ende-des-energieverbrauchs.html

Literatur:

[1] Schimmel, S.-P.: Virtuelles Geld – Bitcoins: Rasanter Aufstieg einer Phantom-Währung, 04.11.2015; Focus-Online: easyurl. net/63c39

[2] Czernik, A.: Hashwerte und Hashfunktionen einfach erklärt, intersoft consulting services AG, 02.09.2016, online: easyurl. net/58e3b

[3] Stoll, C. et al.: The Carbon Footprint of Bitcoin, Joule Vol. 3, Issue 7, Juli 2019, S. 1647-1661.

[4] Europäische Kommission: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Widerstandsfähigkeit der EU bei kritischen Rohstoffen: Einen Pfad hin zu größerer Sicherheit und Nachhaltigkeit abstecken, Brüssel 2020, online: tinyurl.com yy6qw9yt

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 November/Dezember