Quantentechnologien machen seltsame Effekte nutzbar" auf Seite "Quantenoptik - die Zukunft der Mikroskopie

Beitrag von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Die Digitalisierung verändert den Zahlungsverkehr nachhaltig. Traditionelle Banken stehen vor neuen Herausforderungen. Gefordert ist auch die Deutsche Bundesbank als Zentralbank.

Der technologische Fortschritt hat den Zahlungsverkehr in den vergangenen Jahren stark geprägt. Zahlreiche neue Marktakteure und innovative Bezahlverfahren haben sich etabliert und auch digitale Zahlungsmittel werden zügig weiterentwickelt. Diese Veränderungen im Zahlungsverkehr sind für Zentralbanken weltweit relevant. Denn es ist eine ihrer zentralen Aufgaben, dafür zu sorgen, dass der bare und unbare Zahlungsverkehr im Inland und mit dem Ausland störungsfrei ablaufen kann. Die Bundesbank ist gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken der anderen Euro-Länder und der Europäischen Zentralbank hierfür im Euroraum verantwortlich. Kern dieser Aufgabe ist es, ein Zahlungsmittel bereitzustellen, auf dessen Stabilität und Verfügbarkeit die Bevölkerung jederzeit vertrauen kann. Um dieses Vertrauen zu sichern, versorgen die nationalen Zentralbanken die Bevölkerung flächendeckend mit EuroBargeld und sie gewährleisten, dass die Zahlungsverkehrssysteme reibungslos funktionieren. Hierzu betreiben sie eigene Systeme, in denen Banken ihre Zahlungen untereinander sicher verrechnen können. Darüber hinaus beaufsichtigen sie die Zahlungsinfrastrukturen der Finanzindustrie und setzen sich dafür ein, den Zahlungsverkehr zukunftsträchtig weiterzuentwickeln.

Veränderungen im Zahlungsverhalten

Die alle drei Jahre aufgelegten Studien der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland zeigen, dass mit bargeldlosen Zahlungsinstrumenten inzwischen mehr Umsätze bei Einkäufen getätigt werden als mit Bargeld. Gemessen an der Zahl der Transaktionen nutzen die Verbraucher zwar nach wie vor am häufigsten Bargeld, insbesondere bei Kleinbetragszahlungen [1]. Im Zeitablauf ist jedoch ein Trend zu bargeldlosen Bezahlverfahren klar erkennbar. Inzwischen werden Karten bei rund einem Fünftel aller Bezahlvorgänge eingesetzt. Am meisten genutzt wird dabei die girocard. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass ein Großteil der ausgegebenen girocards kontaktlos ohne Eingabe einer PIN genutzt werden kann, wodurch sie noch einmal attraktiver geworden sind. Zum anderen werden Karten im Handel zunehmend akzeptiert. So können Verbraucher mittlerweile auch in Bäckereien oder am Kiosk immer häufiger mit Karte zahlen. Gleiches gilt für das Bezahlen mit dem Smartphone, das inzwischen auch in Deutschland häufiger genutzt wird. [2] Sowohl der wachsende Onlinehandel als auch der vermehrte Einsatz bargeldloser Zahlungsinstrumente im stationären Handel dürften den Trend hin zum bargeldlosen Zahlungsverkehr weiter verstärken. Angetrieben wurde der digitale Zahlungsverkehr zuletzt auch durch die Coronapandemie. Um möglichen Ansteckungsrisiken vorzubeugen, reduzierten viele Verbraucher den Kontakt an der Ladenkasse auf ein Minimum, auch wenn von Banknoten und Münzen keine besondere Ansteckungsgefahr ausgeht.

Neue Wettbewerber im Zahlungsverkehr

Dass Verbraucher möglichst bequem, schnell und auch rund um den Globus zahlen möchten, erkannten neben den internationalen Kreditkartenunternehmen vor allem große Technologiekonzerne, die sogenannten BigTechs, früh. Sie integrierten Verfahren in ihre Internetplattformen, mit denen ihre Nutzer Zahlvorgänge oftmals ohne größeren Aufwand auslösen können. Aber auch an den deutschen Ladenkassen werden mobile Zahlverfahren von Apple und Google mittlerweile genutzt und konkurrieren mit girocard und Bargeld. Um die Zahlungen abzuwickeln, nehmen BigTechs häufig noch die Infrastruktur der Banken in Anspruch. Zunehmend bieten sie ihren Kunden in Zusammenarbeit mit Banken aber auch eigene Zahlungskarten und Kredite an. Damit stellen sich aber auch Fragen des Verbraucherschutzes und der Wettbewerbspolitik. Denn die wenigen dominierenden BigTechs könnten sich zu immer marktstärkeren Anbietern entwickeln, was den Wettbewerb negativ beeinflussen und Auswahlmöglichkeiten für Kunden beschränken kann. 

Während BigTechs global denken und handeln, sind die Banken in Europa weiterhin stark auf ihre Heimatländer fokussiert. Viele auf nationaler Ebene erfolgreiche Zahlungsinstrumente wie die girocard funktionieren bisher nicht einmal europaweit. Europas Wirtschaft ist jedoch zunehmend vernetzt und universell einsetzbare Zahlungsmittel sind dementsprechend immer stärker gefragt. Inzwischen sind mehr als acht Prozent der Kartenzahlungen grenzüberschreitend. Und auch für europaweit aktive Händler ist es wesentlich einfacher, wenn sie in allen Märkten ihren Kunden die gleichen Bezahlverfahren anbieten können. Banken aus ganz Europa arbeiten vor diesem Hintergrund in der European Payment Initiative an einer europäischen Zahlungslösung. Auch die deutsche Kreditwirtschaft ist intensiv in diese Initiative eingebunden. Die Verbraucher sollten in Europa sowohl online als auch an der Ladenkasse einheitlich, bequem und sicher mit europäischen Angeboten bezahlen können. Eine solche europäische Lösung würde den Wettbewerb im Zahlungsverkehr beleben und die Gefahr einer Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern in Europa verringern.

Digitale private Zahlungsmittel entstehen

Neue Technologien ermöglichten neben innovativen Bezahlverfahren auch innovative Zahlungsmittel. Einer der bekanntesten Krypto-Token, die innerhalb eines privaten Netzwerks auf Basis der DistributedLedger-Technologie (DLT) elektronisch und global von Person zu Person übertragen werden können, ist der Bitcoin. Wenn die DLT eingesetzt wird, werden Banken nicht mehr zwingend gebraucht, um Zahlungen abzuwickeln. Bestätigungen und Abstimmungsprozesse im Zahlungsverkehr können so prinzipiell beschleunigt werden oder sogar entfallen. Als global einsetzbares einheitliches Zahlungsmittel versprechen Krypto-Token daher eine schnellere und günstigere Abwicklung vor allem von grenzüberschreitenden Zahlungen als der traditionelle Zahlungsverkehr über Bankkonten. Darüber hinaus können mit Hilfe der DLT Zahlungsflüsse programmiert und die Zahlungsabwicklung automatisiert in Lieferprozesse integriert werden. Die Technologie gilt damit als vielversprechende Basis für viele Anwendungen in der Industrie 4.0.

Krypto-Token setzten sich bislang aber noch nicht als Zahlungsmittel durch. Besonders der Bitcoin entwickelte sich in erster Linie zu einem Spekulationsobjekt. Das liegt vor allem daran, dass KryptoToken weder einen intrinsischen Wert noch einen Emittenten haben, der für ihre Wertstabilität einsteht. Schwankungen in der Nachfrage nach den Token können daher zu sehr volatilen Preisen führen. Um die Stabilität der Krypto-Token zu erhöhen, wurden private Stablecoins entwickelt. Hierunter werden Krypto-Token verstanden, deren Wert beispielsweise an eine stabile staatliche Währung gekoppelt und durch entsprechende Sicherheiten gedeckt ist. Mit der von Facebook angeführten Libra Association plant ein Konsortium verschiedener Unternehmen und Kapitalgeber mit globaler Reichweite die Emission eines solchen Coins, des Libra. Libra soll sowohl durch wichtige Einzelwährungen als auch durch einen Währungskorb gedeckt und innerhalb weniger Sekunden global übertragbar sein. Die Plattformangebote des Konsortiums könnten hierdurch aus Nutzersicht noch einmal deutlich attraktiver werden. Allerdings können auch Stablecoins mit vielfältigen Risiken verbunden sein. Ob sich Libra als wertstabil erweist, wird beispielsweise stark von der Menge und Qualität der hinterlegten Sicherheiten, dem Sicherheitenmanagement und der Liquiditätssituation am Markt abhängen. Die Fragen, welche Risiken genau entstehen, wie sie abgesichert und von den Aufsichtsbehörden überwacht werden können, müssen im Zulassungsverfahren der Libra-Plattform als Zahlungssystem in der Schweiz geklärt werden. Klar ist, dass die Libra-Plattform auch nach einer Zulassung in der Schweiz in Deutschland und der EU nur dann aktiv werden darf, wenn sie alle erforderlichen regulatorischen und aufsichtlichen Anforderungen erfüllt.

Digitales Zentralbankgeld

Ob auch Zentralbanken ihre staatlichen Währungen neben Bargeld und Kontoguthaben in Form von Krypto-Token als digitales Zentralbankgeld herausgeben sollen, wird derzeit weltweit diskutiert. Grundsätzlich könnte digitales Geld, das in digitalen Netzwerken oder Infrastrukturen verwendet werden kann, auch von Geschäftsbanken ausgegeben werden. Dennoch möchte auch das Eurosystem auf einen Bedarf an digitalem Zentralbankgeld vorbereitet sein und beschäftigt sich daher intensiv mit dem Thema. 

Ein digitaler Euro könnte von der breiten Bevölkerung als Ergänzung zum Bargeld, nicht als Ersatz, genutzt werden. Neben Fragen, wie ein solcher digitaler Euro ausgestaltet werden sollte und welche technischen Voraussetzungen für den Einsatz gegeben sein müssten, analysiert das Eurosystem vor allem auch, wie sich die Emission digitalen Zentralbankgeldes auf den Zahlungsverkehr, den Finanzmarkt und die Geldpolitik auswirken könnte. Insbesondere könnte sich die Arbeitsteilung zwischen Geschäftsbanken und Zentralbanken in starkem Maße verändern. Vor allem in Krisenzeiten bestünde die Gefahr, dass Bankeinlagen in kürzester Zeit abgezogen und in digitales Zentralbankgeld umgeschichtet würden. Solche Reaktionen könnten das gesamte Finanzsystem destabilisieren. Die Herausgabe digitalen Zentralbankgeldes muss daher sorgfältig abgewogen werden.

Unser Alltag wird fortschreitend digitalisiert. Dies wird auch die Art und Weise, wie wir in Deutschland, Europa und weltweit in Zukunft bezahlen, weiter verändern. Innovative Bezahlverfahren und Zahlungsmittel bleiben daher ein wichtiges Thema für die Deutsche Bundesbank. Sie wird die Entwicklungen wie schon in der Vergangenheit eng begleiten, mit dem Ziel Innovationen zu fördern, aber auch die Risiken für die Stabilität und Integrität des Zahlungsverkehrs frühzeitig zu erkennen.

Quellen:

[1] Deutsche Bundesbank (2018): Zahlungsverhalten in Deutschland 2017.

[2] Deutsche Bundesbank (2019): „Zahlungsdienste im Umbruch: Instant Payments, PSD2 und neue Wettbewerber“, Monatsbericht Juni; www.bundesbank.de/de/presse/ pressenotizen/kontaktloses-bezahlen-wirdnormalitaet-822258.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 September/Oktober