Wie das Papiergeld nach Europa kam

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Beitrag von Frank Dittmann

Als Marco Polo vor 700 Jahren aus China nach Europa zurückkehrte und u.a. von Papiergeld berichtete, glaubte man ihm kein Wort.

Als in der 2. Hälfte des 13. Jh. der venezianische Kaufmann Marco Polo lange Zeit im China der YuanDynastie lebte und im Dienste des Khans das Großreich bereiste, sah er dort viele Wunder: Schießpulver, Kohle, Brillen und Porzellan. Am meisten aber erstaunte ihn das Papiergeld. Das hatte Kublai Khan, ein Enkel des bekannten mongolischen Eroberers Dschingis Khan, 1260 als Zahlungsmittel eingeführt. Bereits in der Tang-Dynastie (618-907) hatte man aus Mangel an metallischem Geld Schuldverschreibungen in Form von Zahlungsanweisungen aus Papier akzeptiert.

Marco Polos Bericht

Lassen wir Marco Polo selbst zu Wort kommen: „In der Stadt Kambalu befindet sich die Münzanstalt des Großkhans, von dem man wirklich sagen kann, daß er das Geheimnis der Alchimisten kennt, da er die Kunst versteht, Geld zu machen. Er läßt nämlich die Schale von den Maulbeerbäumen, deren Blätter den Seidenraupen als Futter dienen, abstreifen und nimmt davon die dünne Innenrinde, die sich zwischen der rauheren Borke und dem Holz des Baumes befindet. Diese läßt er einweichen und in einem Mörser zerreiben, bis sie zu Brei geworden ist. Daraus wird das Papier gemacht, das dem aus Baumwolle hergestellten gleicht, aber schwarz ist. Dieses wird nun in Geldstücken von verschiedener Größe zugeschnitten, die fast viereckig, aber meistens etwas länger als breit, sind. Von diesen gilt das Kleinste einen Pfennig, ein etwas Größeres einen venezianischen Silbergroschen, das nächste zwei Groschen, dann fünf, dann zehn Groschen, wieder größere gelten einen, zwei, drei bis zu zehn goldenen Byzantinen, und all dieses Papier wird so aufwendig hergestellt, als sei es lauter echtes Silber und pures Gold. Denn auf jedes dieser Stücke schreiben mehrere Beamte, die dazu besonders angestellt sind, nicht allein ihren Namen, sondern drücken auch ihre Siegel darauf, und anschließend daran taucht der oberste Münzmeister das ihm anvertraute Siegel in Zinnober und stempelt damit das Papier; auf diese Weise erhält es volle Kraft als gültige Münze, und wenn jemand es nachmachen wollte, würde er als Kapitalverbrecher bestraft werden. Niemand wagt es, das in großer Menge geprägte Papiergeld, das in allen Provinzen des Großkhans in Umlauf gesetzt wird, als nichtgültige Zahlung abzulehnen.“ Kublai hatte das grundlegende Problem neuer Geldformen – nämlich die Frage der Akzeptanz – einfach dadurch gelöst, dass mit dem Tode bestraft wurde, wer die Geldscheine zurückwies.

Papiergeld – das kann nicht sein!

Als Marco Polo nach seiner Rückkehr nach Venedig 1295 von seinen Erlebnissen berichtete, verspotteten ihn die Bewohner seiner Geburtsstadt als Lügner, passten seine Erzählungen doch überhaupt nicht in ihre Gedankenwelt – und Papiergeld konnten sie sich gar nicht vorstellen. Für die Bewohner einer Handelsstadt lag es auf der Hand, dass Geld als ein universelles Tausch- und Zahlungsmittel für verschiedenste Waren oder Dienstleistungen dient und dafür ein Wertäquivalent besitzen musste. Da man gerade im Fernhandel hohe Werte kompakt auf kleinem Raum transportieren musste, eigneten sich Edelmetalle, auch Perlen als Zahlungsmittel, nicht zuletzt da der Wert von Gold und Silber relativ stabil blieb und diese auch über Kontinente hinweg akzeptiert wurden. Was konnte da die Erzählung vom Papiergeld anderes sein als ein Märchen, besaß es doch keinen adäquaten Gegenwert und war zudem doch brennbar und auch sonst vergänglich. Papiergeld war somit kaum geeignet, als Wertäquivalent über eine längere Zeit gesammelt und aufbewahrt zu werden.

 

In der Tat dauerte es noch bis 1483, als in Spanien das erste Papiergeld vom Staat ausgegeben wurde. Es folgten Holland 1609, Schweden 1661 und England 1694. In Deutschland gab 1705 eine Kölner Bank das erste Papiergeld aus.

Literatur:

Polo, Marco: Die Reisen des Venezianers Marco Polo. München, 1983, Zitat S. 138-139

Zum Weiterlesen: Schumann, K.: Marco Polo, ein Weltreisender des XIII. Jahrhunderts. Berlin, 1885, hier S. 18-19

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2021 November/Dezember