Beitrag von Dipl.-Ing. (FH) Peter Michalek, SWM Infrastruktur GmbH & Co. KG
Elektromobilität erfreut sich steigender Beliebtheit. Immer mehr Elektromobile werden angemeldet, auch die Zulassungszahlen steigen - insbesondere bei den Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeugen. Derzeit sind jedoch noch einige Herausforderungen zu meistern, damit die Elektromobilität ein Erfolgsmodell wird. Welche Herausforderungen derzeit bestehen und wie auf diese reagiert wird, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Das Thema Elektromobilität ist heute aktueller denn je. Dazu haben in starkem Maße die Feinstaub-Messwerte in den Großstädten, das CO2-Einsparziel der Bundesregierung, die Schummeleien einiger deutscher Hersteller bei den Kfz-Abgaswerten, aber auch die heute schon verfügbaren Produkte vor allem ausländischer Automobilhersteller geführt.
Somit wurde das Interesse einer breiten Schicht der deutschen Öffentlichkeit geweckt. Verschiedene Interessensgruppen beschäftigen sich heute, mehr oder weniger gut vernetzt mit anderen Beteiligten, mit den Aspekten, die die Elektromobilität bereithält. Als Hauptinteressensgruppen sind vor allem die Hersteller, die Bundespolitik, die Energieversorger, die Städte und Landkreise, die Bauherren von Ein- und Mehrfamilienhäusern, die Anbieter von Ladesystemen und die Wissenschaft und Forschung zu nennen.
Auch der Wissensstand über die Anforderungen der jeweils anderen Gruppen ist den einzelnen Interessenten nur teilweise bekannt. Als Beispiel mag hier der Konflikt zwischen den Netzbetreibern der Stromversorgernetze, die eine möglichst niedrige und gleichmäßige Ladekapazität bereitstellen möchten, und einigen auf Schnellladung mit hohen Anschlusswerten und kurzen Ladezeiten fixierten Fahrzeugherstellern und Autokunden gelten.
Eine Betrachtung der wirklich für die Kunden notwendigen, für die Fahrzeuge möglichen und für die Stromversorgungsnetze gesamtwirtschaftlich sinnvollen Netzanschlusswerte erfolgt in der Regel nicht.
Ungeachtet dessen wurden im Jahr 2017 so viele Elektromobile wie nie zuvor angemeldet. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg hat dies für 2017 und die vorangegangenen Jahre ermittelt und veröffentlicht (siehe Abbildung 1).
Wenn man bedenkt, dass erst im Verlauf dieses Jahres die Diskussion über E-Mobilität richtig Fahrt aufgenommen hat, dann kann man aus den Zahlen für dieses Jahr eine Abschätzung für die weitere, rasante Steigerung der Fahrzeugzahlen vermuten.
Nicht betrachtet sind hierbei Sondereffekte, die entstehen, wenn die Städte und Gemeinden weiterhin auf den Einsatz von Elektrofahrzeugen im eigenen Fahrzeugpool und vor allem von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr (wie beispielsweise in München) setzen.
Das Hauptaugenmerk der deutschen Fahrzeughersteller liegt derzeit auf der Entwicklung einer Fahrzeugflotte, die die Bedürfnisse Ihrer Klientel befriedigen kann. Damit verfolgen Audi, BMW, VW oder Porsche durchaus unterschiedliche Zielstellungen, was Fahrzeugleistung und/ oder Ladezeiten und -anschlusswerte betrifft.
Während die deutschen Hersteller bezüglich der Zulassungszahlen der Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (= PHEV) mit den ausländischen Herstellern konkurrieren können, liegen sie bei den „echten“ Elektromobilen (= BEV) deutlich zurück (siehe Abbildung 2).
Hier sind vor allem Renault und Tesla sehr gut im Markt vertreten. Bisher haben die meisten Fahrzeughersteller auf hohe Ladekapazitäten und kurze Ladezeiten gesetzt.
Nur – braucht man diese Werte wirklich? Hier entscheidet doch zuallererst das Nutzerprofil und der Nutzungszweck über die Anforderung des Kunden. Die meisten Fahrzeuge stehen einen sehr langen Zeitraum geparkt an der Bordsteinkante oder dem Privatparkplatz des Kunden. Wenn hier eine Lademöglichkeit bestünde, könnten durchaus die Ladeleistungen auch im Bereich von 3,6 – 11 kW je Ladesäule ausreichen. Fahrzeuge, die über Nacht geladen werden müssen, z.B. im Fuhrpark einer Firma, können sicher auch mit Standard-Ladeleistungen von 11 bis 22 kW je Anschluss zuverlässig bis zum nächsten Einsatzbeginn wieder aufgeladen werden.
Die Problematik, die sich mit diesen neuen Themen andeutet, ist die große Unsicherheit bzw. das Nichtwissen der heutigen Bauherren, die neue Anschlüsse für Ihre Firma oder Gebäude (auch in Tiefgaragen von Wohngebäuden) errichten wollen oder müssen. Im Zweifelsfall wird dann gern die Methode „Viel hilft viel“ gewählt. Damit werden dann viel zu große Anschlussleistungen kreiert, die in der Folge für die Netzbetreiber – und damit für die Kunden der Stromnetze – sehr hohe Netzkosten verursachen.
Hier ist eine Abstimmung zwischen den Beteiligten notwendig. Hilfreich zur Planung ist für alle Bauherren und Planungsbüros der „Technische Leitfaden: Ladeinfrastruktur in Wohngebäuden“ des VBEW [1]. Er integriert die aufkommende Elektromobilität sehr gut in die bestehenden Anforderungen der Stromversorgung in den Gebäuden.
Trotz allem sind natürlich derzeit noch sehr wenige Elektromobile auf unseren Straßen unterwegs. Das liegt auch daran, dass viele Autofahrer heute ihr Fahrzeug an der Bordsteinkante parken. Dort bestehen noch keine ausreichenden Vorstellungen, wie eine Ladung erfolgen könnte. Verstärkt sind deshalb Einzelhändler daran interessiert, auf Kundenparkplätzen Ladeoptionen anzubieten.
Die Ladesäulen werden heute von verschiedenen Anbietern errichtet. Allen gemeinsam ist, dass eine wirtschaftliche Auslastung der Ladeinfrastruktur nur selten gegeben ist und die Zahlungssysteme für diese Ladesysteme nicht vereinheitlicht sind.
Allgemein muss man davon ausgehen, dass zu diesem Zweck die Ladezeiten an den Anschlusspunkten auf mindestens 60 – 80 % des Tages ausgedehnt werden müssten. Dies wird dann schwierig, wenn die Parkplätze vor den Säulen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor blockiert werden, oder die Elektromobile länger als für die Ladung erforderlich angeschlossen bleiben.
Die Städte haben inzwischen die Herausforderungen der Elektromobilität erkannt. Großstädte wie Stuttgart, München und Berlin haben Programme aufgelegt, um die Ladeinfrastruktur rasch zu verbessern. Allein in München sollen in diesem Jahr insgesamt 150 Ladesäulen errichtet werden. Die Planungen für die Folgejahre sehen ebenfalls 200 Ladesäulen jährlich vor. Es ist einzuschätzen, dass diese Zahlen möglicherweise in Abhängigkeit der Zunahme der Elektrofahrzeuge noch (nach oben) angepasst werden.
Die großen Städte sehen heute in der Elektromobilität auch eine Chance, die Feinstaubbelastung (vor allem durch ältere Dieselfahrzeuge) in den Griff zu bekommen. Hierzu setzen Städte auch verstärkt auf die Umstellung des eigenen Fuhrparks von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf solche mit Elektromotoren.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Elektromobilität ist die Herausforderung, den Busnahverkehr von Diesel- auf Elektroantrieb umzustellen. München und Berlin haben hier beispielsweise Programme aufgelegt. In München sollen für die Busflotte mittelfristig bis zu 200 Busse beschafft und eingesetzt werden.
Die Nahverkehrsstrategen stellt dies vor einige Anforderungen:
Die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen ist heute in der Bevölkerung sehr groß. Um sie zu erhalten, müssen die Hersteller (rasch) kostenvergleichbare Fahrzeuge zu den heutigen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren anbieten.
Als Fazit kann man festhalten: In der Elektromobilität sind heute viele Interessen und Anforderungen miteinander verknüpft. Die Bereitschaft, diese Bedürfnisse miteinander zu verbinden, ist bei allen Betroffenen deutlich erkennbar. In der Folge bleibt die Herausforderung an die beteiligten Techniker, Ingenieure und Politiker, rasch zuverlässige Lösungsoptionen für die Fahrzeughalter, Städte und Gemeinden zu erarbeiten, damit die Elektromobilität für Deutschland ein Erfolgsmodell wird.
Quelle
[1] Verband der Bayerischen Energie und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW: Elektromobilität
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2018 Januar/Februar