Sensoren – Annäherung an eine Begriffsgeschichte

Beitrag von Frank Dittmann, Deutsches Museum München

Laut Duden sind Sensoren „Messfühler“ bzw. neuerdings auch „durch bloßes Berühren zu betätigende Schalter bei elektronischen Geräten“ [1]. Das Wort kommt aus dem Englischen und geht auf das lateinische sensus zurück, was mit Gefühl, Sinn, Empfindung oder Wahrnehmung übersetzt wird.

Sensor, Messfühler, Fühler

Der Begriff Sensor wurde in der Mitte der 1950er Jahre erstmals in deutschen Publikumszeitschriften verwendet [2]. Den Ingenieuren war aber bereits davor bekannt, dass ein automatisches System entsprechende Informationen benötigt, wenn es physikalische Größen selbsttätig beeinflussen soll. Sie verwendeten allerdings den deutsche Begriff Messfühler. Ein frühes Kompendium zu verschiedenen Messfühlern, welches diesen Terminus im Titel trägt, erschien zu Beginn der 1960er Jahre [3]. Bereits 20 Jahre zuvor war die verkürzte Form Fühler gebräuchlich, wie das Buch Fühlergesteuerte Maschinen von 1939 zeigt [4]. Hier werden Metallbearbeitungsmaschinen beschrieben, bei denen ein mechanischer Fühler ein Masterstück abtastet und ein Werkzeug so steuert, dass dieses die Originalform nachfräst oder nachdreht. Das Prinzip wird heute noch beim Kopieren von Schlüsseln benutzt. Übrigens behandelte einer der beiden Autoren, nämlich Wolfgang Schmidt, in den 1950er Jahren in seinem Buch zur Automatologie erneut das Thema der Automatisierung von Fertigungsmaschinen [5]. Ansätze für derartige Kopiermaschinen gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg zur Abformung Kunstwerken [6]. Die Fühler dienten dabei nach heutiger Terminologie der Bereitstellung von Bewegungskoordinaten in einer offenen Steuerkette. Im Gegensatz dazu ist ein Regelkreis geschlossen, d.h. die Veränderung der Regelgröße wird ständig gemessen und der Regler wirkt über das Stellglied so auf die Regelstrecke ein, dass Sollund Istwert möglichst zur Deckung kommen.

Die Regelung

Zwar reichen die Anfänge der Regelungstechnik weit zurück, aber die Struktur der Regelung konnte erst zu Beginn des 20. Jhs. geklärt werden. So wurde das Prinzip des Fliehkraftreglers bereits 1745 von Edmund Lee patentiert, später erhielten auch Thomas Meed (1787) und Stephen Hooper (1789) Patente für ähnliche Regler. James Watt setzte ihn 1788 zur Drehzahlregelung seiner Dampfmaschine ein. Bis zum Ende des 18. Jhs. wurden die Regler als großes Geheimnis gehütet. Ende des 19. Jhs. kamen sie dann verstärkt zur Anwendung, vor allem um die Drehzahl von Wasserturbinen und Dampfmaschinen stabil zu halten, weil neue Arbeitsmaschinen wie etwa Webstühle oder Spinnmaschinen eine höhere Drehzahlkonstanz erforderten. Bei Belastungsänderungen sollte der Regler die Maschinenleistung anpassen, dabei kam es aber oft zum Schwingen der Drehzahl. Ingenieure und Mathematiker versuchten nun, das Regelverhalten theoretisch zu durchdringen, etwa indem sie die beschreibenden Differentialgleichungen untersuchte. Neben diesem stark mathematischen Ansatz schlugen Praktiker neue Lösungen für das „Regulierungsproblem“ vor, etwa sog. Servomechanismen mit mechanischer oder hydraulischer Rückführung. Insgesamt dauerte es bis in die 1920er Jahre, dass die Struktur des Regelkreises geklärt werden konnte. Und erst damit war man in der Lage, die einzelnen Funktionselemente im Regelkreis, wozu auch der Fühler bzw. Sensor gehört, zu identifizieren.

Literatur

[1] www.duden.de/rechtschreibung/ Sensor

[2] www.dwds.de/wb/Sensor

[3] Bley, Horst: Elektronische Meßfühler. 2 Bde. Stuttgart 1963

[4] Schmid, Wolfgang; Olk, Friedrich: Fühlergesteuerte Maschinen. Essen 1939

[5] Schmid, Wolfgang: Automatologie. Grundlagen der Selbststeuerung von Fertigungsmaschinen. München 1952

[6] z.B. DRP 251.082, Frank Denny: Maschine zum Kopieren von Bildhauerwerken, 24.12.1908. Auch DRP 276.056, Tony Selmersheim: Bildhauerkopiermaschine, 27.02.1913

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 03/2024 MAI/JUN