Beitrag von Prof. Dr. Markus Roth, TU Darmstadt/Focused Energy
Neben den Ansätzen zur kontrollierten Fusion durch Einschluss mit Magnetfeldern hat besonders die Trägheitsfusion mit Laser in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht.
Bei der Laserfusion werden wenige mg des Brennstoffs (Deuterium und Tritium) in gefrorenem Zustand in eine wenige mm große Kapsel eingeschlossen. Die Kapsel wird ins Zentrum einer Reaktionskammer gebracht und dort von allen Seiten mit Energie bestrahlt. In bisherigen Experimenten wurde hierzu Laserenergie in einem Hohlzylinder aus Gold erst in weiche Röntgenstrahlung umgewandelt und damit die Kapsel bestrahlt. Daher wird dieses Verfahren als indirektes Verfahren bezeichnet. Der Vorteil bei dem Verfahren ist das sehr symmetrische Strahlungsfeld und die kurze Wellenlänge der Strahlung. Der Hauptnachteil ist die Energie, die bei der Umwandlung verloren geht. Daher bietet sich für ein Fusionskraftwerk die direkte Bestrahlung der Kapsel an, welches als direktes Verfahren bezeichnet wird. Durch die Bestrahlung mit Energie heizt sich die Oberfläche der Kapsel innerhalb von wenigen milliardstel Sekunden auf und dampft von der Oberfläche ab. Der dabei entstehende Rückstoß, ähnlich eines Raketentriebwerks, beschleunigt nun den Brennstoff in Richtung Zentrum. Dort entstehen durch den Zusammenprall des Brennstoffs Dichten und Temperaturen wie im Zentrum eines Sterns. Daher beginnt in einem kleinen Bereich des Zentrums die Fusionsreaktion und produziert Energie. Diese breitet sich von innen durch den Brennstoff schneller aus, als dieser durch seine Massenträgheit entkommen kann. Dadurch wird bei optimalen Bedingungen bis zu 30% des Brennstoffs durch Fusionsreaktionen umgewandelt und es entsteht ca. 100- mal mehr Energie, als die Lasersysteme geliefert haben. Wird dieses Verfahren ca. 10-mal pro Sekunde erfolgreich durchgeführt entsteht eine Fusionsleistung von ca. 2 GW thermisch, aus dem ca. 1GW elektrische Leistung gewonnen werden kann, bei einem Einsatz von ca. 1 kg Brennstoff pro Tag.
Die Laserfusion hat als einzige Form der Fusion bislang eine positive Energiebilanz vorweisen können, nachdem es 2022 bis 2024 mehrmals gelungen ist eine Kapsel erfolgreich zu zünden und über 2-mal mehr Energie zu erzeugen, als durch die Laser geliefert wurden. Das dabei verwendete Lasersystem, sowie das verwendete Verfahren der indirekten Bestrahlung eignen sich noch nicht für den Einsatz als Kraftwerk, aber die zugrunde liegende Physik wurde damit erstmals erfolgreich demonstriert.
Was sind also die Optionen für die Laserfusion als Verfahren zur Energieproduktion und wo steht Deutschland hier im Vergleich?
Die Laserfusion hat gegenüber der Magnetfusion einige Jahre Vorsprung und einige Milliarden Euro an Forschungsgeldern aufzuholen. Allerdings profitiert die Laserfusion gerade in Deutschland durch den rasanten Fortschritt im Bereich der Laser und der Targettechnologie, die durch andere vielfache Anwendungen, wie z.B. die Erzeugung von Nanostrukturen für die Chipfertigung durch Laser mit extrem ultraviolettem Licht (EUV), vorangetrieben wurde. Außerdem hat die Laserfusion einige physikalische Vorteile gegenüber der Magnetfusion, die einen raschen Fortschritt erlauben. Diese sind insbesondere:
Grundlegend muss der Prozess effektiver gestaltet werden. Die Lasersysteme, die bislang im Einsatz waren, stammen konzeptuell aus den 1980er-Jahren und wandeln lediglich 0.5% der eingesetzten Energie in Laserlicht um. Heutige Lasersysteme, grade auch im industriellen Bereich verwerten bereits 10% der eingesetzten Energie und erste Systeme erreichen bereits 26% Effizienz, also 50-fach mehr als bei den Experimenten in den USA. Der Übergang von der indirekten Bestrahlung zur direkten Bestrahlung bringt einen Gewinn eines weiteren Faktors von fünf gegenüber den bisherigen Experimenten.
Bisherige Experimente versuchen simultan den Brennstoff zu komprimieren und dabei aufzuheizen. Hierzu werden extrem hohe Implosionsgeschwindigkeiten von bis zu 400 km/s benötigt. Die bei der hohen Beschleunigung auftretenden Instabilitäten waren einer der Gründe für den Verzug bei der erfolgreichen Zündung der Fusion in den USA.
Würde man die zwei Stufen des Fusionsprozesses, Kompression und Aufheizen, voneinander trennen, wie sie mit dem Konzept der schnellen Zündung (Fast Ignition) vorgeschlagen wird, würde sich die eingesetzte Energie, die benötigte Spitzenleistung der Laser und die Anfälligkeit für Instabilitäten deutlich reduzieren. Für eine Halbierung der Implosionsgeschwindigkeit könnte man die vierfache Menge an Brennstoff komprimieren und damit die Energieausbeute deutlich steigern. Eine langsame Kompression wäre hydrodynamisch stabiler. Die Zündung der komprimierten Materie kann durch moderne Kurzpulslaser gelingen, wie sie in Deutschland führend entwickelt werden.
Zusammenfassend gibt es einen schlüssigen Pfad von den erfolgreichen Experimenten in den USA zu einem Kraftwerk mit einem Konzept, welches zu wettbewerbsfähigen Strompreisen führen kann. Hierzu sind noch Jahre an Forschungs- und Entwicklungsarbeit nötig. Auch wenn Deutschland bislang den Trend in der Laserfusion verschlafen hat, hat es dennoch beste Voraussetzungen diesen rasch aufzuholen. Zusätzlich hat insbesondere die deutsche Industrie eine weltweit erstklassige Ausgangssituation im Bereich der Optik und Lasertechnik mit großem Wertschöpfungspotential für die Wirtschaft. Während in den USA durch das Programm der US-Regierung sich öffentlich-private Netzwerke bilden und in England im Fusion Valley bei Oxford sich Startups mit staatlichen Forschungslabors zusammen setzen geht China hier einen rein staatlichen, aber sehr konsequenten Weg und baut die Laserfusion in mehreren Zentren im Land massiv aus.
In Deutschland wäre die Einrichtung solcher Zentren eine notwendige Vorbedingung, um die gute Ausgangslage der Industrie mit den Forschungslabors und privaten Initiativen zu koppeln. So könnte Deutschland rasch eine führende Rolle bei der Laserfusion einnehmen.
Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2024 SEP/OKT