Die Zukunft der Landmaschine

Elektrifizierung und autonom arbeitende Traktoren

Beitrag von Dr.-Ing. Karl Grad und Alexander Eisner, ZF Friedrichshafen AG

Die Vision von einer mobilen Welt ohne Unfälle, Emissionen und autonomen Fahrzeugen lässt sich auch auf die Landwirtschaft übertragen. Ingenieure weltweit machen sich intensiv Gedanken über die Zukunft der Landmaschine. Wie der Traktor der Zukunft aussehen kann, zeigt die ZF Friedrichshafen AG mit dem Innovations-Traktor. Mehr über die zukünftigen Vorteile bei der Anwendung intelligenter Systeme in Traktoren und die Innovation von ZF.

Über die ZF Friedrichshafen AG

Langjähriger Partner der Traktoren- und Landmaschinenhersteller

Seit über 75 Jahren ist die ZF Friedrichshafen AG ein Partner der Traktoren- und Landmaschinenhersteller. Ob nun vollautomatisiert schaltende oder stufenlose, hydrostatisch-leistungsverzweigte Getriebe – modernste ZF-Getriebetechnik aus Passau ist seit vielen Jahren in den Baureihen namhafter Traktorhersteller zu finden.

Aus dem breiten und fundierten Wissen um die Entwicklung und Herstellung von Getrieben für Fahrzeuge aller Art hat sich ZF als einer der wenigen Zulieferer für Traktorgetriebe einen festen Platz in dieser technologisch besonders anspruchsvollen Antriebstechnik erarbeitet. Sie ist mit Produkten wie Eccom, TerraMatic, T-7000 und TerraPower bei Traktorherstellern und auch Landwirten weltweit anerkannt.

Das Geschäftsfeld Landmaschinensysteme produziert an sechs Standorten weltweit Getriebe und Achsen für Traktoren und selbstfahrende Erntemaschinen.

Der Innovations-Traktor von ZF

Mit seinem Innovations-Traktor zeigt die ZF Friedrichshafen AG nun, wie sich Effizienz, Komfort und Sicherheit zukünftig noch weiter steigern lassen, wenn intelligente Systeme aus der Automobil- und Nutzfahrzeugtechnik in mobilen Arbeitsmaschinen wie dem Traktor appliziert werden.

Der Traktor ist mit Kameras ausgestattet, die dessen Umfeld überwachen. Diese optischen Daten sind die Grundlage für Assistenzsysteme, die es ermöglichen, das Fahrzeug teilautonom oder mit Hilfe von mobilen Endgeräten von außerhalb der Fahrerkabine fernzusteuern und so zum Beispiel das Ankoppeln von Anbaugeräten zu erleichtern. Kameras mit Personenerkennung machen diese wichtigen Abläufe eines landwirtschaftlichen Betriebs zudem sicherer.

Für die Elektrifizierung des Antriebsstrangs wurde der Traktor mit dem leistungsfähigen elektrischen Generatormodul ZF TERRA+ ausgestattet. Außerdem sorgt ein elektrischer Einzelradantrieb für Anhänger und Anbaugeräte mit hohem Zugkraftbedarf mittels eines speziell entwickelten Traktionsmanagements für optimales Vorwärtskommen im Gelände.

Effizientes Arbeiten durch intelligente Mechanik

Grundlage für nahezu alle Funktionen des Innovations-Traktors ist die Vernetzung von Sensoren und Kameras mit einer intelligenten Steuerungssoftware sowie mit mechatronischen Systemen in der Lenkung und im Antrieb. Durch die Verbindung von Mechanik mit digitalen Technologien bietet das Unternehmen intelligente Systemlösungen.

ZF lässt Fahrzeuge sprichwörtlich sehen, denken und handeln und liefert somit Schlüsseltechnologien für das autonome Fahren und Arbeiten. Sechs Kameras, die auf der Fahrerkabine und an der Motorhaube angebracht sind, lassen den Traktor „sehen“. Die Daten dieser Kameras werden vom System ausgewertet und an ein Tablet gesendet. Auf dessen Bildschirm ist der Traktor mitsamt Anhänger skizziert abgebildet. Mit dem Finger zieht der Benutzer den Traktor oder den Anhänger auf dem Bildschirm nach rechts oder links und das „echte“ Gespann manövriert genau in die gewünschte Richtung (siehe Abbildung 1).

So komfortabel diese Funktion beim freien Rangieren ist – beim Ankoppeln von Arbeitsgeräten kann auch das Manövrieren per Tablet mühsam werden. Um diesen Vorgang zu erleichtern, kann der ZF-Traktor selbständig „denken und handeln“. Der Traktor erkennt kamerabasiert die exakte Position und Ausrichtung des anzuhängenden Anbaugerätes und nähert sich diesem zum Ankoppelvorgang automatisch.

Dazu arbeitet das System mit speziellen Zieltafeln am Anhänger oder Anbaugerät und der Einschlagwinkel der gelenkten Räder wird permanent korrigiert. Damit der Traktor sowohl beim Ankoppelvorgang als auch beim Rangieren via Tablet möglichst sicher agieren kann, verfügt er über eine „Personenerkennung“: halten sich Menschen zwischen Fahrzeug und Anhänger oder im Umfeld des Traktors auf, hält das System den Traktor automatisch an.

Energieeffizienz durch Elektrifizierung

Neben der Steigerung der Sicherheit und dem autonomen Fahren und Arbeiten ist die Steigerung der Produktivität bei nachhaltigem Wirtschaften ein zentrales Zukunftsthema in der Landwirtschaft. Der Innovations-Traktor von ZF zeigt eindrucksvoll, welche Möglichkeiten durch elektrische Antriebe in der Zukunft bestehen.

Ein elektrischer Generator, der im Getriebe integriert ist, erzeugt eine elektrische Dauerleistung von 60 kW. Die gesamte elektrische Leistung kann in Transporteinsätzen dem Anhänger zur Verfügung gestellt werden. Denn dort finden sich zwei elektrische Radköpfe, die eine Achse antreiben (siehe Abbildung 2).

Gegenseitiger Nutzen durch gemeinsame Entwicklung

Dieses Gespann wurde von ZF in enger Zusammenarbeit mit der Fa. Fliegl Agrartechnik aus Mühldorf am Inn entwickelt. Das Projekt zeigt exemplarisch, wie bislang unabhängig voneinander agierende, bayerische Unternehmen sich bei der Entwicklung von Lösungen für die landwirtschaftlichen Anwendungen zum gegenseitigen Nutzen ergänzen können.

Das Zusammenspiel aus Allrad-Funktion am Traktor und der elektrischen Unterstützung aus dem Einzelradantrieb des Anhängers ergänzen sich zum optimalen Traktions-Management: Das Gespann kann schwierige Passagen im Feld, an denen herkömmliche Fahrzeuge mit Anhänger an ihre Grenzen stoßen, sicher bewältigen.

Ein weiterer Vorteil: Durch den reduzierten Zugkraftbedarf am Traktor können erhöhte Lastanforderungen des Anhängers bzw. Anbaugerätes mit einem kleineren Traktormodell bewerkstelligt werden. Neben dem Gewinn an Nutzlast und Verfügbarkeit auch bei widrigen Witterungsbedingungen wird zusätzlich die Bodenstruktur durch geringeren Schlupf der Räder geschont.

Der Innovations-Traktor weist viele neue Funktionen auf, die für die Anwendung im landwirtschaftlichen Alltag nützlich und zukunftsweisend sind. Er veranschaulicht so, was schon heute technisch möglich ist und morgen die Arbeit der Landwirte produktiver und umweltschonender machen wird.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2017 Januar/Februar